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Lifestyle

Luzerner Sinfonieorchester, Grosse Oper zum Neuen Jahr, KKL Luzern 1.1.2023 besucht von Léonard Wüst

Das  Luzerner Sinfonieorchester Residenzorchester des KKL Luzern
Das Luzerner Sinfonieorchester Residenzorchester des KKL Luzern

Besetzung und Programm:
Luzerner Sinfonieorchester
Chefdirigent Michael Sanderling
Sopran Olga Peretyatko

Gioachino Rossini (1792 – 1868)
Ouvertüre aus «Il signor Bruschino»
«Non si da follia maggiore» aus «Il turco in Italia»

Charles Gounod (1818 – 1893)
Walzer von Juliette «Je veux vivre» aus «Roméo et Juliette»

Giuseppe Verdi (1813 – 1901)
Ouvertüre aus «Luisa Miller»
«Mercé dilette amiche» aus «I Vespri siciliani»

Luigi Arditi (1822 – 1903)
«Il bacio»

Peter Iljitsch Tschaikowsky (1840 – 1893)
Sinfonie Nr. 1 «Winterträume» in g-Moll op. 13

Chefdirigent Michael Sanderling Foto Michael Hero
Chefdirigent Michael Sanderling Foto Michael Hero

Auch dieses Jahr lud das Luzerner Sinfonieorchester am frühen Neujahrsabend bei schon fast frühlingshaftem Wetter zum traditionellen Neujahrskonzert. Schnell schon war klar, was uns im ersten Konzertteil erwartet, startete doch das Residenzorchester des KKL rasant mit der Ouvertüre aus «Il Signor Bruschino» von Rossini, nicht so oft vorgetragen, aber die Rossini – Hand- bzw. Notenschrift unschwer erkennbar. Dann erschien sie, die russische Weltklasse Sopranistin Olga Peretyatko und demonstrierte sogleich mit «Non si da follia maggiore» aus Rossinis «Il turco in Italia» ihr grosses Können, die Wandelbarkeit ihrer Stimme um uns dann sogleich mit Charles Gunods Walzer der Juliette «Je veux vivre» aus «Roméo et Juliette» einen ersten Höhepunkt zu bescheren.

Wo grosse Oper drauf steht, war auch grosse Oper drin

Olga-Peretyatko Solistin
Olga-Peretyatko Solistin

Darauf intonierte das Orchester Verdis Ouvertüre aus «Luisa Miller» bevor Olga Peretyatko sich mit «Mercé dilette amiche» aus «I Vespri siciliani» von Verdi zurückmeldete, stimmlich über das Orchester erhob um nach wenigem Sekunden dunkel abzutauchen. Ihre Präsenz und Ausstrahlung, gepaart mit einer grossartigen Intonation, den perfekten Koloraturen war einsame Spitze und liess uns auf einer der grossen Opernbühnen dieser Welt wähnen. Dann küsste uns die Sopranistin akustisch noch mit  Luigi Arditis «Il bacio».

Schmissig wirblige Zugabe des Opernstars

Sopransistin Olga Peretyatko und das Luzerner Sinfonieorchester begeistern im KKL Foto Boris Bürgisser
Sopransistin Olga Peretyatko und das Luzerner Sinfonieorchester begeistern im KKL Foto Boris Bürgisser

Nach dem nicht enden wollenden Applaus wirbelte sie noch als Zugabe noch  einmal zu Gunods Walzer der Juliette «Je veux vivre» über die Bühne, drehte auch gekonnte Pirouetten dazu, was  wiederum das Auditorium begeisterte, den Dirigenten gar seinen Taktstock in die Luft werfen liess und zu stürmischem Schlussapplaus animierte, um dann gut gelaunt die Foyers des KKL für die Pause aufzusuchen.

Melancholisch düsterer zweiter Konzertteil

Ermutigt durch den Erfolg seiner ersten Orchesterkomposition, der Ouvertüre in F-dur, die im März 1866 in Moskau von Nikolaj Rubinstein uraufgeführt worden war, entschloss sich der sechsundzwanzigjährige Tschaikowsky, seine erste Symphonie zu komponieren. Da ihn seine Lehrtätigkeit am Moskauer Konservatorium, die er kurz zuvor angenommen hatte, tagsüber voll in Anspruch nahm, war er gezwungen, nachts an seiner Symphonie zu arbeiten, was mit der Zeit übermäßig an seinen Kräften zehrte. Bald litt er an Schlaflosigkeit, Angstzuständen und sogar an Halluzinationen, sodass der behandelnde Arzt ihn bereits „am Rande des Wahnsinns“ glaubte und die Nachtarbeit verbot. So vollendete Tschaikowsky die Symphonie erst in den darauffolgenden Sommerferien, die er auf dem Land in der Nähe von St. Petersburg verbrachte. Die Aufführung der vollständigen Partitur in der ersten Fassung ließ aber noch weitere anderthalb Jahre auf sich warten, da Anton Rubinstein, der frühere Petersburger Lehrer Tschaikowskys, das Werk zunächst für nicht aufführungswürdig hielt. Darum erklangen bei der ersten Petersburger Aufführung am 11. Februar 1867 nur die Mittelsätze der Symphonie, da diese Rubinstein noch am meisten zusagten, und zwar, wie zu erwarten war, ohne jeden Erfolg. Die Premiere der vollständigen Symphonie, die nach weiteren Umänderungen ziemlich genau ein Jahr danach in Moskau erfolgte, wurde dagegen vom Publikum begeistert aufgenommen. Kaschkins Bericht zufolge soll Tschaikowsky auf der anschließenden Feier vor Freude alle Anwesenden abgeküsst und sämtliche Gläser zerschlagen haben.

Schockgefrostete Momentaufnahmen und impressionistisch neblige Klangbilder reihen sich aneinander und rechtfertigen den Namen «Winterträume»

Sopranistin Peretyatko Olga Foto Michael Hero
Sopranistin Peretyatko Olga Foto Michael Hero

Bereits dieses Jugendwerk Tschaikowskys ist deutlich geprägt von typisch russischen ‚Intonationen‘, das heißt von Themen und Motiven, die sich in Duktus und Rhythmus am russischen Volkslied orientieren. Alles andere, die eigentliche kompositorische Arbeit, knüpft an westlichen Vorbildern an, an Beethovens thematischer Arbeit, am Orchesterklang, der romantischen Ästhetik Schumanns und Mendelssohns; daneben ist ein direkter russischer Einfluss durch den Orchestersatz in den Opern Gunkas nicht zu leugnen. All diese Einflüsse verarbeitet Tschaikowsky bereits hier zu einer eigenständigen ästhetischen Position, die in einem unverwechselbaren symphonischen ‚Ton‘ Klanggestalt annimmt. Seine drei Quellen sind: Strenge, am klassisch-frühromantischen Vorbild orientierte symphonische Form; eine ‚russisch‘ gefärbte Thematik und Melodiebildung; eine stark von subjektiven Wahrnehmungen und Gedanken geprägte programmatische Tendenz, die weniger objektivistisch literarische Vorlagen oder Naturereignisse musikalisch nachzuzeichnen versucht, als vielmehr den subjektiven Reflex darauf, die emotionale Wirkung solcher Ereignisse in der Erlebnissphäre des Betrachters musikalisch gestaltet. So tragen die ersten beiden Sätze der Symphonie programmatische Überschriften, die beiden letzten aber die konventionellen Bezeichnungen Scherzo und Finale. Der Kopfsatz, von Tschaikowsky mit Träumerei von einer winterlichen Fahrt überschrieben, ist gleichwohl ein nach allen Regeln streng gearbeiteter Symphoniesatz. Die offene, bühnenhafte Konfrontation von Themen und Gestalten im klassischen Satz ist hier aufgegeben zugunsten einer Erzählhaltung, die beinahe wehmütig, bereits Geschehenes aus der Erinnerung einer durch Bilder angeregten Phantasie schildert: hier die Troika Fahrt durch eine verschneite russische Winterlandschaft. Manche haben den flimmernden Anfang der Symphonie, die Luftbewegung in den Geigen, mit Bruckner verglichen; mit Bruckner, dem Mystiker, hat Tschaikowsky nichts zu tun. Bruckners Anfänge entbehren jenes inneren Antriebs, jener nervigen Gespanntheit und Spannung, die Tschaikowskys Musik ständig mit Leben erfüllt und ihr eine Sinnlichkeit verleiht, die weder Depression noch Sentimentalität kennt, sondern nur die pure Lust am Musizieren, die Lust am plastisch geformten, konturierten, ‚ausgehörten‘ Klang. Diese dramatisierte Klangvitalität, die sämtliche Parameter des musikalischen Gestaltens dem Prinzip der Steigerung unterwirft, sei es Dynamik, Harmonik, Melodie oder Rhythmus, diese lebensbejahende Musik hat nichts zu tun mit der im Grunde depressiven Ästhetik Bruckners oder Wagners. Tschaikowsky führt den dramatischen Erzählstil in die romantische Symphonie ein, ähnlich verfuhr Verdi in der Oper. Tschaikowskys symphonischer Stil ist geprägt von starker Bildhaftigkeit und inspiriert von Bühnenbewegungen, vom Tanz und vom leidenschaftlichen Monolog.

Die Musikerinnen geniessen den Schlussapplaus
Die Musikerinnen geniessen den Schlussapplaus

Den Kopfsatz der Symphonie Nr. 1 g-Moll op. 13 („Winterträume“) geht Sanderling im Vergleich zu vielen Kollegen eher verhalten an. Das erweist sich als musikalisch kluger Schachzug, indem er dynamisches Pulver nicht frühzeitig verschießt, baut er Spannungsbögen desto kontinuierlicher auf. Keineswegs scheut er davor zurück, das dynamische Blatt auszureizen, das tut er aber an den richtigen Stellen, Crescendi und Akzente wirken dabei trotzdem nicht knallig oder zu derb, sondern als musikalisch schlüssige Lösungen. Blech-Fanfaren strahlen mit selbstbewusstem Glanz. Mit voller Intensität prallen im dreiteiligen Finale die Gegensätze zwischen der düsteren “Andante lugubre“-Einleitung und den agogisch zupackenden Abschnitten aufeinander. In den Fugato-Passagen leistet das Luzerner Sinfonieorchester stimmliche Maßarbeit.

Getreu dem Motto des Konzertes «Grosse Oper» spielte das Orchester die vehement vom Auditorium geforderte Zugabe mit der «Polonaise» aus der Tschaikowski Oper .Eugen Onegin. Mit zwei völlig unterschiedlichen Konzerthälften, die erste beschwingt spielerisch, die zweite düster melancholisch, entliessen uns die Protagonist*innen beeindruckt und zufrieden in das noch sehr junge neue Jahr.

 

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos:Léonard Wüst und  www.sinfonieorchester.ch

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Die Musikerinnen geniessen den Schlussapplaus

Chefdirigent Michael Sanderling Foto Michael Hero

Die Musikerinnen geniessen den Schlussapplaus

 

Sopran Olga Peretyatko

Die Musikerinnen geniessen den Schlussapplaus

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Silvesterkonzert des ZKO im KKL Luzern – eine Hommage an das Jahr 2022, von Max Thürig

Zürcher Kammerorchester Foto Harald Hoffmann
Zürcher Kammerorchester Foto Harald Hoffmann

Besetzung und Programm:
Zürcher Kammerorchester
Willi Zimmermann (Violine und Leitung)
Benjamin Appl (Bariton)
Johann Sebastian Bach Brandenburgisches Konzert Nr. 2 F-Dur BWV 1047
Johann Sebastian Bach Kantate BWV 100 «Was Gott tut, das ist wohlgetan»
Johann Sebastian Bach «Jesus bleibet meine Freude» Choral bearb. für Streicher BWV 147
Johann Sebastian Bach «Bist du bei mir» BWV 508
Johann Sebastian Bach Kantate BWV 170 «Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust»
Johann Sebastian Bach Kantate BWV 194 «Hocherwünschtes Freudenfest»
Carl Philipp Emanuel Bach Sinfonie Nr. 4 Es-Dur Wq 179 H. 654
Wolfgang Amadeus Mozart I. Allegro, aus: Ein Musikalischer Spass F- Dur KV 522
Wolfgang Amadeus Mozart «Der Vogelfänger bin ich ja» (Papageno Akt I), aus: Die Zauberflöte KV 620
Wolfgang Amadeus Mozart II. Menuetto, aus: Ein Musikalischer Spass F- Dur KV 522
Wolfgang Amadeus Mozart «Papagena!», aus: Die Zauberflöte KV 620
Wolfgang Amadeus Mozart III. Adagio, aus: Ein Musikalischer Spass F- Dur KV 522
Wolfgang Amadeus Mozart «Madamina, il catalogo è questo », aus: Don Giovanni KV 527
Wolfgang Amadeus Mozart IV. Presto, aus: Ein Musikalischer Spass F- Dur KV 522
Wolfgang Amadeus Mozart Aria «Fin ch‘ han dal vino» Nr. 11, aus: Don Giovanni KV 527

Der Silvester markiert den Übergang von einem Jahr zum nächsten! Er motiviert uns Menschen zu einer kurzen Verschnaufpause, muntert uns auf, zurück zu schauen und sich den einen oder anderen Gedanken zum verflossenen Jahr zu machen…

Bach zu Silvester?

Willi Zimmermann Leitung und Violine Foto Harald Hoffmann
Willi Zimmermann Leitung und Violine Foto Harald Hoffmann

So erging es auch mir. Ich freute mich, an diesem letzten Jahrestag dem KKL und dem aufspielenden Zürcher Kammerorchester (ZKO) einen Besuch abzustatten! Das Programm des Silvesterkonzerts mit Benjamin Appl (Bariton) unter der Leitung von Willi Zimmermann hörte sich speziell an; waren doch mit Werken von Bach und Mozart sehr unterschiedliche, um nicht zu sagen gegensätzliche Komponisten zu hören. Aber wie heisst es doch so schön: „Gegensätze ziehen sich an“ oder Gegensätze können bereichern“… So machte ich mich an diesem warmen Vor-Neujahrstag auf nach Luzern, genoss die gelöste und emsige Stimmung im Foyer des KKL, nahm meinen Platz ein und sodann wurde das Publikum von Helene Eller, Geschäftsführung Kaufmännische Leitung des ZKO begrüsst!

Brilliante Solisten

Was für ein fulminanter Auftritt mit dem Brandenburgischen Konzert Nr.2 ! Die Solisten mit Violine, Flöte, Oboe und Trompete brillieren mit ihrem ausgezeichneten Spiel, versetzen mich in einen Glückszustand und liessen in mir positive Gefühle wie ich sie bei einem Start in ein neues Jahr oft verspüre, aufkommen. Voller Optimismus tritt man in ein neues Jahr mit vielen Hoffnungen, Überzeugungen und Vorfreuden ein und geniesst die Einzigartigkeit des Moments!

Musik als Spiegelbild des Weltgeschehens

Benjamin Appl Bariton Foto Uwe Arens
Benjamin Appl Bariton Foto Uwe Arens

Im Bewusstsein, dass Freude und Glücksmomente nicht ewig anhalten, spürte ich auch den Stimmungswechsel in der Musik. Die Klänge wurden melancholischer, tiefgründig, komplex, und durch den Auftritt Benjamin Appl’s mit seiner grandiosen Baritonstimme ergreifend und fesselnd. In mir stiegen Bilder auf, die mir einzelne Ereignisse des verflossenen Jahres vor Augen führten, Ereignisse, die über die ganze Welt verteilt waren und uns Menschen in ihren Bann zogen. Stellvertretend seien hier z.B. der Freedom Convoy in Ottawa, der Ukraine-Krieg, der Tod von Masha Amini, der Vulkanausbruch des Hunga Tonga, die Dürre und Hitze in Europa erwähnt. Begleitet von den Arien Bachs mit den teilweise dichten Texten wurde ich in meinen Gedankengängen begleitet und wurde erst mit der lebhaften und stimmigen Sinfonie in Es-Dur von Carl Philipp Emanuel Bach wieder ins Jetzt zurückgeholt und begab mich aufgemuntert in die Pause.

Dissonanzen peppen auf

Benjamin Appl Foto Uwe Arens Sony Classical
Benjamin Appl Foto Uwe Arens Sony Classical

Szenenwechsel! Nach der Pause versprach das Programm mehr Leichtigkeit und Unbeschwertheit. Aus Mozarts Zauberflöte wartete z.B «Der Vogelfänger bin ich ja», oder «Papagena! Papagena!» und aus Don Giovanni «Madamina, il catalogo è questo» Wohltuend, diese Musik! Hervorragend interpretiert und theatralisch vorgetragen vom Benjamin Appl! In den Hintergrund gerückt war die eher ernste Musik Bachs. Farbige, lustige und berührende Momente blitzten im Kopf auf, zeigten ein Bild der Menschheit im Kontrast zu Angst und Schrecken, zeigten Menschen, die sich im friedlichen Wettkampf wie an den olympischen Winterspielen in Peking oder an der Fussball WM in Katar massen. Der Mensch wurde in seinen verschiedenen Facetten gezeigt. Speziell angetan hat mir dabei das «II Menuetto maestoso» ein musikalischer Spass von Amadeus Mozart. Herrlich, diese eingebauten Dissonanzen, die trotz oder gerade wegen ihrer Schrägheit die Szene positiv belebte und uns Menschen aufzeigte, dass «Fehler» auch bereichernd und beglückend sein können; vorausgesetzt: sie sind nicht verletzend!

2023 – ich freue mich

Willi-Zimmermann Violine und Leitung
Willi-Zimmermann Violine und Leitung

Zufrieden und mit einer guten Stimmung freute ich mich nach der Arie «Fin ch’han dal Vino» aus Don Giovanni meinen Exkurs zum Jahr 2022 zu beenden und im kleinen Kreis auf das kommende Jahr anzustossen. In der Hoffnung, dass in der Summe aller Ereignisse das Positive im Zusammenspiel mit allfälligen schwierigen Herausforderungen überwiegen wird, verliess ich das KKlL nach dieser sehr gekonnten Darbietung des Zürcher Kammerorchesters beschwingten Schrittes!

Text: www.maxthuerig.ch

Fotos: Rolf Winz und   www.zko.ch

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Benjamin Appl intoniert Arien aus Mozarts Don Giovanni

Benjamin Appl und seine Mitusikerinnen geniessen den Schlussapplaus Foto Rolf Winz

Benjamin Appl und seine Mitusikerinnen geniessen den Schlussapplaus Foto Rolf Winz

Die Musikerinnen freuen sich über die Standing Ovation Foto Rolf Winz

Die Protagonistinnen bedanken sich für die stehende Ovation

 

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Silvesterkonzert 2022 Zürcher Kammerorchester mit Benjamin Appl im KKL Luzern, besucht von Léonard Wüst

Zürcher Kammerorchester Foto Harald Hoffmann
Zürcher Kammerorchester Foto Harald Hoffmann

Besetzung und Programm:
Zürcher Kammerorchester
Willi Zimmermann (Violine und Leitung)
Benjamin Appl (Bariton)
Johann Sebastian Bach Brandenburgisches Konzert Nr. 2 F-Dur BWV 1047
Johann Sebastian Bach Kantate BWV 100 «Was Gott tut, das ist wohlgetan»
Johann Sebastian Bach «Jesus bleibet meine Freude» Choral bearb. für Streicher BWV 147
Johann Sebastian Bach «Bist du bei mir» BWV 508
Johann Sebastian Bach Kantate BWV 170 «Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust»
Johann Sebastian Bach Kantate BWV 194 «Hocherwünschtes Freudenfest»
Carl Philipp Emanuel Bach Sinfonie Nr. 4 Es-Dur Wq 179 H. 654
Wolfgang Amadeus Mozart I. Allegro, aus: Ein Musikalischer Spass F- Dur KV 522
Wolfgang Amadeus Mozart «Der Vogelfänger bin ich ja» (Papageno Akt I), aus: Die Zauberflöte KV 620
Wolfgang Amadeus Mozart II. Menuetto, aus: Ein Musikalischer Spass F- Dur KV 522
Wolfgang Amadeus Mozart «Papagena!», aus: Die Zauberflöte KV 620
Wolfgang Amadeus Mozart III. Adagio, aus: Ein Musikalischer Spass F- Dur KV 522
Wolfgang Amadeus Mozart «Madamina, il catalogo è questo », aus: Don Giovanni KV 527
Wolfgang Amadeus Mozart IV. Presto, aus: Ein Musikalischer Spass F- Dur KV 522
Wolfgang Amadeus Mozart Aria «Fin ch‘ han dal vino» Nr. 11, aus: Don Giovanni KV 527

Ein Programm mit eher „ernsten“ Musik, mit Werken von Johann Sebastian und seines Sohnes Carl Philipp Emanuel Bach, war im ersten Teil des Konzertes programmiert, der zweite war dann ganz Werken Wolfgang Amadeus Mozarts gewidmet.

Willkommen geheissen im Konzertsaal des KKL-Luzerns wurden die Besucher von Helene Eller, Geschäftsführung Kaufmännische Leitung des ZKO, bei einmal mehr fast frühlinghaften meteorologischen Bedingungen in der Innerschweizer Metropole, die man doch sonst in den andern Landesgegenden der Schweiz öfters eher spöttisch als Schüttstein der Nation bezeichnet.

Zum Gesangs Solisten Benjamin Appl und dem Konzert an sich

Willi Zimmermann Leitung und Violine Foto Harald Hoffmann
Willi Zimmermann Leitung und Violine Foto Harald Hoffmann

Benjamin Appl, gilt als einer der wichtigsten Botschafter für die Kunstform des Liedes und wird von Publikum und Kritikern in Liederabenden, Konzerten und Opern gefeiert. Für den ehemaligen Regensburger Domspatzen ist die Musik von Johann Sebastian Bach eine Herzensangelegenheit. Für seine erste Zusammenarbeit mit dem Zürcher Traditionsorchester hat er einzelne Arien aus Bachs Kantaten ausgewählt.
Das Zürcher Kammerorchester präsentierte zudem mit dem 2. Brandenburgischen Konzert einen beliebten Klassiker aus seinem angestammten Konzertrepertoire. Im zweiten Teil des Programmes, durfte sich das Publikum über kraftvolle, schwungvolle und dynamische Klänge von Wolfgang Amadeus Mozart freuen. Beliebte Auszüge aus der „Zauberflöte”  und «Don Giovanni» standen ebenso auf dem Programm wie das Sextett „Ein Musikalischer Spass” in dem Mozart seinerzeit zahlreiche harmonische Scherze versteckt hatte.

Anekdote zu Johann Sebastian Bach

Als John Lennon, auf dem Höhepunkt der „Beatlemania“, an einem Sonntag nach dem Besuch einer Bachmesse eine Londoner Kirche verlässt, wird er natürlich gleich von einer Schar Reportern umlagert und einer fragt ihn, was er denn da gemacht hätte, worauf ihm Lennon antwortete: Ideen geklaut! Kaum etwas versinnbildlicht mehr, wie fast alle Musiker der letzten 300 Jahre Johann Sebastian Bach als den Übervater der modernen Musik bewundern und verehren. Umso gewichtiger, dass diese Aussage, von einem der grössten und erfolgreichsten Musiker der Neuzeit stammt.

Zum Konzert erster Teil

Benjamin Appl Foto Uwe Arens Sony Classical
Benjamin Appl Foto Uwe Arens Sony Classical

Im zweiten der sechs Brandenburgischen Konzerte entzündet sich Bachs Fantasie an den Farben von Blockflöte, Oboe, Geige und Trompete. Komponiert hatte er diese Musik vermutlich schon in seiner Zeit am Hof in Weimar. Hier erhielten die vier Solisten ( Violine, Oboe, Flöte und Trompete) ausreichend Gelegenheit, mit ihren Instrumenten zu brillieren. Das Auditorium belohnte diesen Ohrenschmaus mit langanhaltendem, stürmischem Applaus und klatschte die Solisten so noch einige Male auf die Bühne zurück. Erstaunlich, wie frisch und aktuell die Werke Bachs auch nach 300 Jahren noch sind. Um auf meine Einleitung zurück zu kommen: Ich glaube nicht, dass «Imagine» oder eine andere Komposition von John Lennon im Jahre 2323 noch oft auf den Konzertbühnen dieser Welt gespielt werden, im Gegensatz zu den zeitlosen musikalischen Geniestreichen des Johann Sebastian Bach.

Es folgte der erste Auftritt des jungen Baritons, der mit seinem klaren Ausdruck ebenso wie mit seinem samtenen Timbre zu überzeugen wusste.

Das Orchester und der 1982 geborene Sänger harmonierten, unter der Leitung von Willi Zimmermann, ausgezeichnet und wussten das Publikum zu überzeugen, das denn auch nicht geizte mit dementsprechendem Applaus,

Abschliessend gabs noch Carl Philipp Emanuel Bachs
– Sinfonie Nr. 4 Es-Dur, deren Interpretation durch das Orchester verdeutlichte, wieso seinerzeit dieser Bach Sohn, somit auch seine Werke, sogar populärer war als sein, aus heutiger Sicht, Übervater Johann Sebastian.

Zweiter Konzertteil

Benjamin Appl Bariton Foto Uwe Arens
Benjamin Appl Bariton Foto Uwe Arens

Hier sorgten Werke von Wolfgang Amadeus Mozart für beschwingte Heiterkeit. Neben einigen der beliebtesten Arien aus Mozarts «Zauberflöte» und «Don Giovanni» genoss das Publikum ein humoriges
musikalisches Vergnügen. In seinem kammermusikalischen Werk «Ein Musikalischer Spass» hat Mozart scherzhaft einige schräge Töne und Unstimmigkeiten eingebaut. Sie sind als Seitenhiebe gegen
dilettantische Komponisten-Kollegen zu verstehen.

Die Zürcher stimulierten das Auditorium bestens für den bevorstehenden Jahreswechsel.

Willi-Zimmermann Violine und Leitung
Willi-Zimmermann Violine und Leitung

Und im Sinne der letzten Arie «Fin ch‘ han dal vino» liess sich anschliessend klangvergnügt und frohgestimmt auf den Jahreswechsel anstossen, aber erst, nachdem die Protagonistinnen die vom begeisterten  Auditorium erklatschte Zugabe gewährt hatten.

Einmal mehr wussten die Zürcher die musikalisch sehr verwöhnten Innerschweizer zu begeistern und auf den bevorstehenden Jahreswechsel einzustimmen.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Rolf Winz und   www.zko.ch

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www.maxthuerig.ch

Benjamin Appl intoniert Arien aus Mozarts Don Giovanni

Benjamin Appl und seine Mitusikerinnen geniessen den Schlussapplaus Foto Rolf Winz

Benjamin Appl und seine Mitusikerinnen geniessen den Schlussapplaus Foto Rolf Winz

Die Musikerinnen freuen sich über die Standing Ovation Foto Rolf Winz

Die Protagonistinnen bedanken sich für die stehende Ovation

 

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BALTIC SEA PHILHARMONIC, Casino Bern, 14.12.2022, besucht von Léonard Wüst

BALTIC SEA PHILHARMONIC Foto Bernd Possardt
BALTIC SEA PHILHARMONIC Foto Bernd Possardt

Besetzung und Programm:

Baltic Sea Philharmonic
Kristjan Järvi  Leitung
Olga Scheps  Klavier

PETER TSCHAIKOWSKI
Suite aus dem Ballett «Der Nussknacker» op. 71 (ca. 30′)

EDVARD GRIEG
Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 16 (ca. 30′)
Allegro molto moderato
Adagio
Allegro moderato molto e marcato

ARVO PÄRT
«Swansong» für Orchester (ca. 6′)

JEAN SIBELIUS
«Lobgesang» aus der Bühnenmusik zu «Schwanenweiss» op. 54 (ca. 5′)
Largo

EDWARD ELGAR
«Nimrod» aus «Enigma-Variationen» op. 36 (ca. 5′)
Adagio

Wenn das Publikum die Musiker*innen stehend feiert und der Chef derselben wie ein Kobold auf der Bühne rumhüpft ist das nicht unbedingt ein Konzert der «Rolling Stomes» im Hallenstadion und der hüpfende Derwisch nicht zwangsläufig Mick Jagger.
Kaum vorstellbar, aber es ist tatsächlich der fulminante Abschluss eines Konzertes der Migros Kulturprozent Classics Reihe im Casino Bern.

Kristjan Järvi dirigiert das Baltic Sea Philharmonic Foto Peter Adamik
Kristjan Järvi dirigiert das Baltic Sea Philharmonic Foto Peter Adamik

Es ist diese neue Generation von Dirigenten, dazu zähle ich, nebst Kristijan Järvi, z-B. auch Teodor Currentzis, Tugan Sokhiev, die Ukrainerin Oksana Lyniv und auch den Schweizer Titus Engel, die durchaus die Aura von gefeierten Popstars verströmen und mit ihrem Charisma, nicht nur das Publikum, sondern zuerst und vor allem, ihre Mitmusiker motivieren und begeistern und so auf die Reise in diese neuen Welten der Klassik Interpretationen mitnehmen.

«Nutcracker Reimagined» ein Konzert der anderen Art: ein Gesamtkunstwerk aus Musik und Licht, gespielt vom jungen Baltic Sea Philharmonic (Durchschnittsalterder Musiker*innen 23 Jahre) – stehend,auswendig und mit vollem Körpereinsatz.

«Nutcracker Reimagined» nimmt mit auf eine musikalische Reise. Den Auftakt macht das Stück «Ascending Swans», komponiert von Dirigent Kristijan Järvi selbst, basierend auf der Bühnenmusik von Jean Sibelius zu «Schwanenweiss».

Kristjan Järvi knackt die Nuss der verkrusteten Strukturen

Dirigent Kristjan Jaervi Foto Sunbeam Productions Siiri-Kumari
Dirigent Kristjan Jaervi Foto Sunbeam Productions Siiri-Kumari

Anschliessend begibt man sich in die Welt des «Nussknackers», mit einer neu arrangierten, dramatischen Sinfonie nach der Ballettmusik von Tschaikowski. Dann betritt die phänomenale Pianistin Olga Scheps die Bühne – mit Edward Griegs Klavierkonzert a-Moll.
Nahtloser Uebergang von Tschaikowski zu Grieg

Olga Scheps Foto Uwe-Arens
Olga Scheps Foto Uwe-Arens

Vom Nusskacker steigt Kristjan Järvi nahtlos frisch und forsch in das sehr viel gehörte Klavierkonzert des norwegischen Nationalheiligen Edvard Grieg ein, das die Streicher mit dunklen Untertönen, die Holzbläser mit fein abschattierten Pastelltönen, das Blech edel gerundet angehen. Olga Scheps am Flügel wirkt darin erfrischend aufgeräumt und gutgelaunt. Sie setzt auf vollgriffige romantische Attacke, ihr Fortissimo ist dabei freilich nie plärrend laut, sondern wohl gerundet, sie trifft für Grieg die ideale Mitte aus packendem und poetischem Zugriff. Ja, dieser Grieg klingt wie ein nordischer Brahms, mal so gar nicht verniedlicht. Ein feuriger cooler Nordländer, ja das gibt’s, wie Scheeps, eine Pianistin von meisterhafter Eleganz, Kraft und Einsicht eindrücklich demonstrierte, sehr zur Freude des sachkundigen Auditoriums. Die Pianistin reißt das Publikum mit entschiedenem Anschlag und einer angenehmen Dosis an Präzision und Klarheit mit sich. Im Adagio rollt dann zwar auch das Orchester einen wunderbar samtenen Klangteppich aus, gesamt gesehen bleibt es aber meist wohltuend zurückhaltend und überlässt der Solistin die Oberherrschaft.
Der Dirigent lässt der Russin nicht nur viel Freiheiten, er bestärkt sie gar darin mit Gesten und Blicken.
Diese weiss diesen Auslauf weidlich zu nutzen, präzis ihre Staccato, feinfühlig die perlenden Läufe liebevoll, streichelt sie das Elfenbein unter ihren Fingern, ohne deshalb verweichlicht zu tönen, denn die gebürtige Moskovitin kann auch sehr energisch, wo vom Komponisten angedacht. Sie führt das Orchester durch die anspruchsvolle Partitur, ohne voranzutreiben, immer in Symbiose mit dem jugendlichen nordischen Orchester, das von Kristjan Järvi äusserst zurückhaltend, mehr begleitet, denn dirigiert wird, so sparsam in der Gestik erlebt man den gebürtigen Esten, Mitbegründer des aus Musiker*innen der Ostseeanrainerstaaten bestehenden Klangkörpers selten, dafür bewegt er sich durch die lose aufgereihten Musiker*innen, motiviert hier mit einem Fingerzeig, dort mit einem intensiven Augenkontakt.

Den Abschluss des Programms machen Arvo Pärts «Swansong» für Orchester und Edward Elgars «Nimrod» aus «Enigma-Variationen».
Die ganzen Abläufe haben auch etwas mystisches mit einem Kristjan Järvi als eine Art Guru dazwischen, der mit einer verschworenen Truppe Musk zelebriert und auch optisch aufbereitet.

Vertreter einer estnischen Musikerdynastie

Kristjan Järvi
Kristjan Järvi

Der jüngere Bruder des Tonhalle-Chefs Paavo Järvi experimentiert gern mit neuen Konzertformen. Sein «Nutcracker Reimagined»-Projekt rüttelt auf unterhaltsame, auch anregende Weise an den Strukturen des klassischen Musikbetriebs.
Kann man Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Musikern hören? Die Frage liegt bei keinem Brüderpaar so nahe wie bei Paavo und Kristijan Järvi. Denn sowohl der Musikdirektor des Tonhalle-Orchesters als auch sein zehn Jahre jüngerer Bruder sind international erfolgreiche Dirigenten. Zudem wurden beide schon in frühester Jugend durch die Persönlichkeit und den Erfahrungsschatz ihres Vaters Neeme geprägt, der als Patriarch dieser Dirigentenfamilie den Namen Järvi mit über 400 CD-Einspielungen zu einer Marke gemacht hat.
Und tatsächlich: Es gibt zwischen den Järvi-Söhnen bemerkenswerte Ähnlichkeiten in der Körpersprache. Beide pflegen einen ausgesprochen pragmatischen, im Kern fast nüchternen Dirigierstil, der auf die optimale Umsetzung des Notentextes fokussiert ist. Auf dieser handwerklichen Ebene braucht es keine grossen Gesten; für interpretatorische Akzente sorgen beide hingegen durch die intensive Interaktion mit jedem einzelnen Musiker, vor allem über den Blickkontakt. Trotzdem ist Kristijan Järvi nicht einfach der jüngere Doppelgänger von Zürichs Paavo.

Ein Kollektiv-Kunstwerk

Als Benjamin der Musikerdynstie Järvi nimmt sich Kristijan Järvi das Recht, aus der Reihe zu tanzen. Mit seinem Baltic Sea Philharmonic, einem Ensemble, das er 2008 zunächst als Jugendorchester am Usedomer Musikfestival gegründet hat, mischt er gezielt den Musikbetrieb auf. Järvi zielt dabei auf die seit dem 19. Jahrhundert kaum veränderten Gepflogenheiten des klassischen Konzerts.

Nicht “normale” Stückabfolge

Warum muss man die Werke eines zuvor festgelegten Programms immer säuberlich voneinander getrennt und der Reihe nach abarbeiten? So fragt er sich beispielsweise. Warum müssen die Mitglieder eines Sinfonieorchesters immer starr nach einer wenig variablen Sitzordnung auf der Bühne Platz nehmen, traditionell ausgerichtet auf den Dirigenten? Und warum nicht auch einmal die Hierarchie zwischen dem Podium und der weitgehend passiven Hörerschaft im dunklen Saal durchbrechen? So animiert der Dirigent nicht nur seine Mitmusiker*innen, sondern auch das Auditorium mit Gesten und auffordernden Blicken.
Neue Formen um eine neue, jüngere Zielgruppe in die Konzertsäle zu holen
Solche Überlegungen stellen mittlerweile viele Interpreten an, um den Zugang zu klassischen Konzerten, gerade für Neulinge, zu erleichtern. Das Publikum «abholen» heisst das im Zeitgeist-Jargon – Krystian Järvi aber macht damit auf ebenso radikale wie unterhaltsame Weise Ernst. Bei seinem auf der Tournee präsentierten Projekt «Nutcracker Reimagined» wird die Werkfolge aufgelöst, die einzelnen Stücke gehen gleichsam assoziativ ineinander über. In dem rund neunzigminütigen Klangstrom bildet Järvis eigene Adaption der «Nussknacker»-Musik von Peter Tschaikowsky einen roten Faden; andere Werke, darunter die drei separierten Sätze von Edvard Griegs Klavierkonzert mit Olga Scheps, werden zwanglos eingeflochten.
Ueberraschende, sehr erfrischend anregende Inszenierung
Dazu bewegen sich die auswendig und im Stehen spielenden Musiker*innen kreuz und quer über die Bühne, auch Järvi selbst schaut ab und an in den hinteren Reihen nach dem Rechten. Stimmungswechsel und einzelne Solisten werden obendrein durch eine farbenfrohe Lichtregie hervorgehoben. Das Ergebnis erinnert eher an eine Performance, an einen Flash-Mob oder auch an ein Filmkonzert, bei dem die Darbietung selbst der beste Film ist. Die Suggestivität dieses Musik-Happenings trifft jedenfalls beim Publikum auf offene Ohren und wache Sinne – am Ende gibt es Ovationen für ein nahezu perfekt durchchoreografiertes überraschendes Konzerterlebnis.

Neue Konzertformate

Aber ist dies nun das Konzert der Zukunft? Sicher nicht, dazu sind die praktischen Zwänge und auch die Beharrungskräfte des Musikbetriebs zu stark. Traditionalisten dürfte das beruhigen. Allerdings hat jüngst auch Paavo Järvi – nach seiner Anfang Dezember vollzogenen Vertragsverlängerung in Zürich – angekündigt, er wolle verstärkt mit neuen Konzertformaten experimentieren. Es liegt offenbar in der Familie.
Kristjan Järvi und sein Orchester werden ihr Ding durchziehen und uns noch etliche Male überraschen und zum Staunen brngen. Dass dies nicht überall auf ungeteilte Zustimmung stossen wird ist ebenso sicher wie die Gewissheit, dass dies den Dirigenten und seine Truppe nicht aufhalten wird, neue Wege zu beschreiten, die gewohnten Pfade zu verlassen.
Das Publikum jedenfalls honorierte diesen besonderen Konzertgenuss mit einer nicht enden wollenden begeisterten stehenden Ovation und etliche hüpften gar mit, wie es der Dirigent auf der Bühne vormachte.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Reto Bösch und  http://www.migros-kulturprozent-classics.ch/  

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BALTIC SEA PHILHARMONIC Konzertfoto von Reto Bösch

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Baltic Sea Philharmonic Foto Peter Adamik

 

BALTIC SEA PHILHARMONIC Konzertfoto von Reto Bösch

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Krisjan Järvi dirigiert die Baltic Sea Philharmonic Foto Peter Adamik Symbolbild

BALTIC SEA PHILHARMONIC Konzertfoto von Reto Bösch

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