Berliner Philharmoniker Konzertimpression von Priska Ketterer
Besetzung und Programm: Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko< Dirigent Max Reger (1873–1916) Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart op. 132 Richard Strauss (1864–1949) Ein Heldenleben. Sinfonische Dichtung op. 40
Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart op. 132
Eine musikalische Reise in die Tiefe von Regers Kompositionskunst
Berliner Philharmoniker Konzertimpression von Priska Ketterer
Die Berliner Philharmoniker, unter der inspirierenden Leitung von Kirill Petrenko, haben mit ihrer Interpretation von Max Regers “Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart op. 132” einen ersten Konzertteil der musikalischen Brillanz und der emotionalen Tiefe geschaffen. Diese Aufführung war eine Reise durch die reiche Klangwelt von Reger und demonstrierte die bemerkenswerte Fähigkeit des Orchesters, die Nuancen und Komplexitäten dieses Werks zum Leben zu erwecken.
Eine Meisterklasse der Interpretation
Berliner Philharmoniker Konzertimpression von Priska Ketterer
Der russische Dirigent leitete die Berliner Philharmoniker mit einer beispiellosen Einfühlsamkeit und Präzision. Seine musikalische Interpretation zeigte eine tiefe Verbundenheit mit der emotionalen Substanz von Regers Musik. Petrenko verstand es, die musikalischen Phrasen mit einer bemerkenswerten Dynamik zu gestalten, wodurch die Zuhörer in eine Welt der musikalischen Erzählung eintauchen konnten.
Virtuosität und Ausdruckskraft
Berliner Philharmoniker Konzertimpression von Priska Ketterer
Regers Komposition erfordert nicht nur technische Virtuosität, sondern auch eine außergewöhnliche Ausdruckskraft. Das Hauptstadtorchester verband beides auf meisterhafte Weise. Die zarten Variationen wurden mit einer berührenden Lyrik präsentiert, während die lebhafteren Abschnitte eine beeindruckende rhythmische Energie und Lebendigkeit zeigten.
Klangliche Schönheit und Transparenz
Das Orchester entfaltete unter Kirill Petrenkos Leitung eine beeindruckende klangliche Schönheit und Transparenz. Jedes Instrument schien in einer harmonischen Einheit zu verschmelzen, während gleichzeitig die individuellen Nuancen hervortraten. Diese klangliche Klarheit ermöglichte es, die subtilen Veränderungen in Regers Variationen genau zu verfolgen und seine komplexen Kontrapunkttechniken zu schätzen.
Die Fuge als Höhepunkt
Berliner Philharmoniker Konzertimpression von Priska Ketterer
Der Höhepunkt der Interpretation war zweifellos die Fuge, in der das deutsche Renommierorchester unter seinem Chefdirigenten fesselnder Leitung, die verschiedenen Stimmen zu einem beeindruckenden Ganzen verschmolzen. Die Komplexität und Tiefe dieses Abschnitts wurden meisterhaft zum Ausdruck gebracht, wobei jede kontrapunktische Linie ihre eigene Präsenz hatte und dennoch nahtlos mit den anderen verschmolz.
Emotionale Resonanz und Publikumsreaktion
Die Interpretation von Max Regers Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart op. 132 durch die Berliner Philharmoniker unter Kirill Petrenko erzeugte eine tiefe emotionale Resonanz im Publikum. Die Zuhörer wurden auf eine emotionale Reise mitgenommen, die von nachdenklichen Momenten bis zu triumphalen Höhepunkten reichte. Der langanhaltende stürmische Applaus spiegelte die begeisterte Reaktion des Publikums auf diese außergewöhnliche Aufführung wider.
Dynamik und Kontrastreichtum: Ein Heldenleben von Richard Strauss
Berliner Philharmoniker Konzertimpression von Priska Ketterer
Der zweite Teil des Konzerts brachte Richard Strauss’ Ein Heldenleben, eine sinfonische Dichtung, die das Leben eines Helden in musikalischen Bildern porträtiert. Kirill Petrenko verstand es meisterhaft, die dynamischen Kontraste und die klanglichen Nuancen dieses komplexen Werks herauszuarbeiten. Von den heroischen Fanfaren bis zu den lyrischen Passagen führte er das Orchester mit einer beeindruckenden Präzision und interpretatorischen Tiefe.
Emotionale Resonanz und musikalische Narration
Berliner Philharmoniker Konzertimpression von Priska Ketterer
Das autobiografische? Werk von Richard Strauss erzählt eine musikalische Geschichte, die durch emotionale Resonanz und musikalische Narration geprägt ist. Kirill Petrenko verlieh jedem Abschnitt eine besondere Bedeutung und schuf so eine fesselnde Erzählung, die das Publikum in den Bann zog. Die kraftvollen Klänge und die subtilen Nuancen des Orchesters schufen eine eindringliche musikalische Erfahrung.
Dirigentale Meisterschaft und Orchesterpracht
Berliner Philharmoniker Konzertimpression von Priska Ketterer
Der 1972 in Omsk geborene Meister am Pult zeigte in diesem Konzert seine dirigentale Meisterschaft in vollem Umfang. Seine präzise Gestaltung der musikalischen Phrasen und seine Fähigkeit, die musikalische Tiefe des Werkes zu erfassen, beeindruckten zutiefst. Das Orchester reagierte auf seine Führung mit beeindruckender Hingabe und klanglicher Präzision, was zu einer außergewöhnlichen musikalischen Darbietung führte.
Klangliche Vielfalt und emotionale Tiefe
Berliner Philharmoniker Konzertimpression von Priska Ketterer
Die Berliner Philharmoniker bewiesen zum wiederholten Mal ihre bemerkenswerte klangliche Vielfalt und ihre Fähigkeit, eine tiefe emotionale Tiefe in der Musik zu erzeugen. Von den subtilen Nuancen in Regers Variationen bis zu den dramatischen Höhepunkten in Ein Heldenleben zeigte das Orchester eine beeindruckende Bandbreite von Klangfarben und Ausdrucksmöglichkeiten.
Der Abend erreichte seinen Höhepunkt, als die letzten Töne von Ein Heldenleben verklangen. Das Auditorium würdigte die außergewöhnliche Leistung der Berliner Philharmoniker und ihres Dirigenten Kirill Petrenko mit einem langanhaltenden, kräftigem Applaus. Die musikalische Magie dieses Konzerts, das die Klangwelten von Max Reger und Richard Strauss erkundete, hinterließ einen tiefen Eindruck und zeigte die wunderbare Verbindung zwischen Dirigent, Orchester und Publikum. Ein Abend voller musikalischer Meisterschaft und emotionaler Intensität, der noch lange nachhallen wird.
Boston Symphony Orchestra Konzertimpression von Peter Fischli
Besetzung und Programm: Boston Symphony Orchestra< Andris Nelsons Dirigent Jean-Yves Thibaudet Klavier Carlos Simon (*1986) Four Black American Dances Schweizer Erstaufführung Camille Saint-Saëns (1835–1921) Klavierkonzert Nr. 5 F-Dur op. 103 Ägyptisches Konzert Igor Strawinsky (1882–1971)Petruschka. Burleske in vier Bildern
Zum Dirigenten
Dirigent Andris Nelsons Foto Marco Borggreve
Sorgfältigste Vorbereitung und elektrisierende Orchesterleitung zeichnen den lettischen Dirigenten Andris Nelsons (*1978 in Riga) aus – er ist Musikdirektor des Boston Symphony Orchestra und Kapellmeister des Gewandhausorchesters Leipzig. Mit beiden Orchestern hat er 2020 seinen Vertrag verlängert: Dem BSO wird er bis zum Ende der Saison 2024–25 vorstehen und dem Gewandhausorchester Leipzig bis zum Ende der Saison 2026–27.
Kraftvoller Ausdruck und Eindringliche Emotionen: “Four Black American Dances” von Carlos Simon
Boston Symphony Orchestra Konzertimpression von Peter Fischli
Die Schweizer Erstaufführung von “Four Black American Dances” durch das renommierte Boston Symphony Orchestra, im folgenden BSO genannt, unter der Leitung von Andris Nelsons war zweifellos ein kulturelles Ereignis von großer Bedeutung. Carlos Simon, der Komponist dieses Werks (*1986), schuf eine musikalische Reise, die tiefe Einblicke in die afroamerikanische Kultur bietet und zugleich kraftvolle Ausdrucksformen des Tanzes feiert.
Eine Hommage an Kultur und Identität: Die Bedeutung von “Four Black American Dances”
Boston Symphony Orchestra Konzertimpression von Peter Fischli
“Four Black American Dances” ist mehr als nur ein musikalisches Werk – es ist eine Hommage an die reiche Kultur und Identität der afroamerikanischen Gemeinschaft. Carlos Simon nimmt den Hörer mit auf eine faszinierende Reise durch verschiedene Epochen und Genres der Musik, die die Vielfalt und Stärke dieser Kultur widerspiegeln. Von nostalgischen Klängen bis hin zu rhythmischer Energie zelebriert Simon die Tiefe und Bedeutung des afroamerikanischen Erbes.
Klangliche Vielfalt und Eindringliche Emotionen: Eine musikalische Reise
Boston Symphony Orchestra Konzertimpression von Peter Fischli
Die Aufführung des BSO unter der Leitung von Andris Nelsons brachte die klangliche Vielfalt und die eindringlichen Emotionen der Komposition der 37jährigen Afroamerikaners Simon auf beeindruckende Weise zur Geltung. Jede der vier Tänze erzählt eine eigene Geschichte, die durch die geschickte Orchestrierung und die dynamische Interpretation des Orchesters zum Leben erweckt wurde. Von den sanften Melodien des ersten Tanzes bis zur explosiven Energie des vierten Tanzes entstand ein fesselnder Kontrast, der das Publikum mitriss.
Von der Melancholie zur Begeisterung: Die Struktur von “Four Black American Dances”
Boston Symphony Orchestra Konzertimpression von Peter Fischli
Die Struktur dieses famosen Werkes ist so gestaltet, dass sie den Hörer auf eine emotionale Achterbahnfahrt mitnimmt. Der erste Tanz, geprägt von einer sanften Melancholie, zieht den Zuhörer in eine introspektive Stimmung. Dann folgen Stücke voller Lebendigkeit und Rhythmus, die die Vitalität der afroamerikanischen Kultur hervorheben. Diese Abfolge von Stimmungen und Klängen verleiht dem Werk eine erzählerische Tiefe.
Orchestrale Präzision und Leidenschaft: Die Interpretation des Boston Symphony Orchestra
Boston Symphony Orchestra Konzertimpression von Peter Fischli
Die Interpretation von “Four Black American Dances” durch das Orchester aus Massachusetts war geprägt von einer meisterhaften Balance zwischen orchestraler Präzision und leidenschaftlichem Ausdruck. Der lettische Dirigent führte das Orchester mit Hingabe und Sensibilität, was zu einer Darbietung führte, die sowohl kraftvoll als auch nuanciert war. Die dynamischen Kontraste wurden mit großer Klarheit dargestellt, wodurch die Emotionen des Werks in ihrer ganzen Tiefe erlebbar wurden.
Ein Aufruf zur Reflexion und Anerkennung: Gesellschaftliche Relevanz
Boston Symphony Orchestra Konzertimpression von Peter Fischli
Die Aufführung von “Four Black American Dances” hat auch eine gesellschaftliche Relevanz, da sie zur Reflexion über kulturelle Vielfalt, Identität und Geschichte anregt. Das Werk erinnert uns daran, wie wichtig es ist, die Beiträge der afroamerikanischen Gemeinschaft zur Musik und zur Gesellschaft anzuerkennen und zu würdigen. Es ist eine kraftvolle Erinnerung an die Notwendigkeit, kulturelle Barrieren zu überwinden und eine inklusive Welt zu schaffen.
Ein Unvergessliches Erlebnis: Die Schweizer Erstaufführung von “Four Black American Dances”
Insgesamt war die Schweizer Erstaufführung von “Four Black American Dances”, durch das Boston Symphony Orchestra und Dirigent Andris Nelsons ein unvergessliches musikalisches Erlebnis. Carlos Simon schuf ein Werk, das nicht nur künstlerisch beeindruckt, sondern auch eine wichtige Botschaft über Kultur, Identität und Gemeinschaft vermittelt. Die Komposition ist um etliches radikaler als Kompositionen grosser amerikanischer Komponisten wie Georg Gershwin oder Leonard Bernstein. Die Kombination aus meisterlicher Orchestrierung, leidenschaftlicher Interpretation und kultureller Tiefe machte diese Aufführung zu einem bedeutenden Moment in der Geschichte des Lucerne Festivalsund ich bin mir sicher, von diesem Komponisten wird man noch hören, vor allem in Form weiterer avantgardistischer Werke.
Klangliche Exotik und Virtuosität: Jean-Yves Thibaudet und das Ägyptische Konzert
Boston Symphony Orchestra Konzertimpression von Peter Fischli
Die Aufführung des Klavierkonzerts Nr. 5 F-Dur op. 103, auch als “Ägyptisches Konzert” bekannt, war ein mehr als eindrucksvolles Zeichen von Musikalität und Virtuosität. Unter der Leitung des, auch körperlich sehr stattlichen Dirigenten, präsentierte das BSO gemeinsam mit dem renommierten Pianisten Jean-Yves Thibaudet eine Darbietung, die die faszinierenden Klänge und exotischen Inspirationen des Werks perfekt einfing.
Eine Reise ins Antike Ägypten: Das Geheimnis des Ägyptischen Konzerts
Das “Ägyptische Konzert” ist geprägt von exotischen Klängen und inspirierenden Motiven, die den Hörer auf eine musikalische Reise ins antike Ägypten mitnehmen. Jean-Yves Thibaudet verlieh diesem Werk eine lebendige Tiefe und Intensität, während er die klangliche Schönheit und Raffinesse der Komposition hervorhob. Die verträumten Passagen und rhythmischen Nuancen verschmolzen zu einem reichen und farbenfrohen Klanggemälde.
Virtuosität und Ausdruckskraft: Jean-Yves Thibaudet am Klavier
Die Aufführung von des französischen Tastenvirtuosen war ein eindrucksvolles Beispiel für Virtuosität und Ausdruckskraft am Klavier. Seine Finger glitten mit beeindruckender Leichtigkeit über die Tasten, während er gleichzeitig jede Note mit einer intensiven Emotion durchdrang. Thibaudet schuf eine fesselnde Verbindung zwischen dem Publikum und der Musik, indem er die Zuhörer auf eine emotionale Reise mitnahm. Thibaudet, alles andere als ein «Blender», stellt nicht seine überragende Technik in den Vordergrund, wie das häufig von russischen oder asiatischen Pianist*innen praktiziert wird, sondern überzeugt mit seiner, trotz vielen heftigen, teils fast brachialen Kadenzen des Werkes, Emotionalität und feinfühligem Spiel.
Orchestrale Brillanz und Sensibilität: Das Boston Symphony Orchestra
Die Zusammenarbeit zwischen dem gebürtigen Lyoner und dem BSO unter der Leitung von Andris Nelsons war eine perfekte Symbiose aus orchestraler Brillanz und sensibler Interpretation. Das Orchester schuf eine klangliche Kulisse, die die Virtuosität des Klavierspiels hervorhob und gleichzeitig die komplexen Texturen und Stimmungen des Werks einfing. Die sorgfältig abgestimmten dynamischen Nuancen verliehen der Aufführung eine beeindruckende Tiefenschärfe.
Eine Fusion von Kulturen und Klängen: Exotische Elemente im Ägyptischen Konzert
Das “Ägyptische Konzert” von Camille Saint-Saëns ist eine gelungene Fusion von verschiedenen Kulturen und Klängen. Die exotischen Motive und Rhythmen entführen den Zuhörer in eine ferne Welt, während gleichzeitig die klassische Form des Konzerts bewahrt wird. Diese Kombination schafft eine einzigartige musikalische Erfahrung, die sowohl ansprechend als auch tiefgründig ist.
Ein Unvergessliches Musikerlebnis: Ägyptisches Konzert mit Jean-Yves Thibaudet
Boston Symphony Orchestra Konzertimpression von Peter Fischli
Die Aufführung des Ägyptischen Konzerts mit Jean-Yves Thibaudet am Klavier und dem Boston Symphony Orchestra unter Dirigent Andris Nelsons war zweifellos ein musikalisches Ereignis von besonderer Bedeutung. Die Virtuosität und Ausdruckskraft von Thibaudet, kombiniert mit der orchestralen Brillanz des Boston Symphony Orchestra, schuf ein faszinierendes Klanguniversum. Das Werk wurde zu einer Reise durch Kulturen und Klänge, maßgeblich von der Leitung des Dirigenten Andris Nelsons geprägt. Seine Fähigkeit, das Orchester in Einklang zu bringen und gleichzeitig die individuellen Nuancen der Musik zu betonen, trug wesentlich zur klanglichen Qualität der Aufführung bei. Nelsons schuf einen Raum für Erhabenheit und Intensität, der das Publikum in den Bann zog. Er legte sich in den Klang hinein und formte die Musik mit überragender Zartheit.
Die überragende Darbietung der Komposition des vom französische Komponisten in Ägypten verfassten Werkes wurde vom Auditorium mit stürmischem, langanhaltendem Applaus belohnt, der erst verebbte, als ich Thibaudet für eine kurze Zugabe wieder an den Flügel setzte.
Krönender Abschluss mit Strawinsky
Die Gelegenheit, um noch einmal so richtig ihr grosses Können demonstrieren, bot sich den Musikern mit dem letzten Werk des Abends, dem 1910 von Igor Strawinsky in Paris für die Compagnie der Balletts Russes komponierten „Petrouschka“, zu welchem der Komponist, zusammen mit Alexandre Benois, auch das Libretto verfasste. Ursprünglich als Konzertstück für Klavier und Orchester konzipiert, adaptierte Strawinsky den Stoff für das Ballett, erschuf mit seinen Puppenfiguren eine Fantasiewelt, die er aber in den Rahmen einer realen Welt, den Sankt Petersburger Fastnachtsmarkt einbettete.
Virtuose Klangmalerei: Igor Strawinskys Petruschka
Die Aufführung von “Petruschka. Burleske in vier Bildern” durch das beeindruckende BSO unter der fachkundigen Leitung von Dirigent Andris Nelsons war ein triumphaler Moment der musikalischen Kreativität und Ausdrucksstärke. Igor Strawinskys Werk wurde in dieser Darbietung zu einem lebhaften und eindringlichen Erlebnis, das die Zuhörer auf einen Jahrmarkt in St. Petersburg Ende des 19. Jahrhunderts versetzte.
Bühne der Lebendigkeit: Die Vielschichtigkeit von “Petruschka”
“Petruschka” ist bekannt für seine tiefgründige musikalische Erzählung, die das Leben und die Emotionen von Jahrmarktpuppen zum Leben erweckt. In dieser Aufführung vermittelte das amerikanische Renommierorchester die Vielschichtigkeit der Charaktere und Ereignisse mit außerordentlicher Präzision. Die musikalische Darstellung der verschiedenen Szenen war reich an Details und fesselte das Publikum von Anfang bis Ende.
Klangliche Palette der Emotionen: Von Leichtigkeit bis Dramatik
Die Interpretation von “Petruschka” war eine beeindruckende Demonstration der klanglichen Palette von Emotionen. Von den lebhaften, tänzerischen Passagen bis zu den ergreifenden Momenten der Dramatik wurde jede Nuance der Musik mit Einfühlungsvermögen und Leidenschaft wiedergegeben. Die orchestrale Darstellung spiegelte die Freuden und die Tragödien des Puppenlebens auf packende Weise wider.
Klangliche Brillanz und Präzision: Das Boston Symphony Orchestra
Die Aufführung von “Petruschka” zeugte von der klanglichen Brillanz und Präzision des Boston Symphony Orchestra. Unter der Leitung von Andris Nelsons entstand eine nahtlose Verbindung zwischen den verschiedenen musikalischen Elementen. Die orchestrale Dynamik wurde meisterhaft gesteuert, wodurch die musikalische Erzählung ihre volle Wirkung entfalten konnte. Die Nuancen von Farben und Klangstrukturen wurden mit erstaunlicher Genauigkeit dargestellt.
Künstlerische Führung und Ausdruck: Dirigent Andris Nelsons
Die Interpretation von “Petruschka” wäre ohne die künstlerische Führung von Dirigent Andris Nelsons nicht komplett gewesen. Seine tiefgreifende Interpretation verband die einzelnen Elemente zu einem fesselnden Ganzen. Nelsons verlieh der Musik Tiefe und Ausdruckskraft, indem er die Stimmungen und Charaktere subtil hervorhob und das Orchester zu einer harmonischen Einheit formte.
Ein Meisterwerk der Klangmalerei: “Petruschka” mit dem Boston Symphony Orchestra
Insgesamt war die Aufführung von “Petruschka. Burleske in vier Bildern” durch das Boston Symphony Orchestra und Dirigent Andris Nelsons ein wahres Meisterwerk der Klangmalerei. Die orchestrale Darstellung des lebendigen Jahrmarkts und der sich entwickelnden Puppencharaktere war faszinierend und eindringlich. Die Präzision, die Tiefe der Interpretation und die musikalische Ausdrucksstärke verliehen diesem Konzert eine kraftvolle Wirkung. Diese Darbietung von “Petruschka” wird zweifellos als ein denkwürdiges und beeindruckendes Musikerlebnis in Erinnerung bleiben.
Ein Werk mit zwei völlig unterschiedlichen Klangwelten
So entstehen eigentlich zwei Klangwelten, die real – folkloristische mit Jahrmarktsgeräuschen u.a. von Drehorgeln, Ausrufern usw. und die surreale Klangwelt der Puppen, die in einer Dreiecksbeziehung gefangen sind. Berühmtheit erlangte vor allem das Leitmotiv Petrouschkas, eines auf – und absteigenden Dreiklangs, ein total schräger, weil bitonal aus C Dur und Fis Dur. was zusammen den berühmten „Petrouschka Akkord“ ergibt, ähnlich bekannt wie Wagners „Tristan Akkord“. Andris Nelsons schälte die Nuancen der Komposition feinfühlig heraus, liess es, immer mit vollstem Körpereinsatz, auch mal krachen, zelebrierte die Pianissimo mit zarten Fingergesten, lobte mit zustimmendem Kopfnicken, forderte mit ausholenden Armbewegungen mehr Tempo ein. Das amerikanische Rennommierochester ergab sich ihrem Leiter, interpretierte die Komposition in Perfektion, auch mal mit einem leisen Schmunzeln, dann wieder energisch kraftvoll. Die Figuren, der Kasperl (Petruschka), die selbstverliebte Ballerina und der ebenso prächtige, wie dumme Mohr, präzis herausgearbeitet, kontrapunktierten das kommune Jahrmarktstreiben. Absolute Weltklasse, ob Solisten, das Orchester als gesamtes und die Interpretation. Dementsprechend begeistert fiel dann der Schlussapplaus aus, der Maestro wurde immer wieder auf die Bühne zurück applaudiert.
Konzertbild Royal Concertgebouw Orchestra von Patrick Hürlimann
Besetzung und Programm: Royal Concertgebouw Orchestra Iván Fischer Dirigent Richard Wagner (1813–1883) Vorspiel zur Oper Die Meistersinger von Nürnberg Gustav Mahler (1860–1911) Sinfonie Nr. 7 e-Moll
Ein Abend der Meisterwerke und klanglichen Raffinesse erwartete das Publikum am vergangenen Sonntag beim Konzert des Royal Concertgebouw Orchestra unter der Leitung des Dirigenten Iván Fischer. Das vielseitige Programm, bestehend aus dem Vorspiel zur Oper “Die Meistersinger von Nürnberg” und Gustav Mahlers monumentaler Sinfonie Nr. 7 in e-Moll, fesselte die Zuhörer mit seiner klanglichen Pracht, seiner Wucht und emotionalen Tiefe.
Vorfreude auf Wagner: Das Vorspiel zur Oper “Die Meistersinger von Nürnberg”
Konzertbild Royal Concertgebouw Orchestra von Patrick Hürlimann
Der Abend begann mit dem Vorspiel zur Oper “Die Meistersinger von Nürnberg” von Richard Wagner. Wagner hatte sich schon 1845 mit ersten Ideen zu diesem Werk befasst und es war als heiteres Gegenstück zum gerade vollendeten Tannhäuser gedacht. Die Umsetzung liess dann aber 16 Jahre auf sich warten… Dirigent Iván Fischer und das Royal Concertgebouw Orchestra entführten das Publikum im ersten Teil in die Welt der musikalischen Erzählung, in der das Vorspiel die charakteristischen Themen und die atmosphärische Stimmung dieser großartigen Oper einfing. Fischer verstand es meisterhaft, die Spannung aufzubauen und die musikalische Erzählung mit einer feinen Balance zwischen lyrischer Intimität und triumphaler Kraft zu präsentieren.
Mahlers Monumentalität: Sinfonie Nr. 7 in e-Moll
Konzertbild Royal Concertgebouw Orchestra von Patrick Hürlimann
Der Höhepunkt des Abends war Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 7 in e-Moll. 1904 verbrachte der Komponist den Sommer am Wörthersee und nahm hier die kompositorische Arbeit auf. Er schuf zuerst die beiden Nachtmusiken, komponierte den ersten und fünften Satz im Sommer darauf und vollendete so das Werk. An den Details der Orchestrierung feilte er noch weiter. Diese Sinfonie Nr.7 vereint die unterschiedlichsten musikalischen Welten und führt die Konzertbesuchenden vom Trauermarsch zur Jubelfeier oder vom Totentanz zur Serenade. Auch die Instrumentenpalette ist beeindruckend: So bekommen eine Gitarre und eine Mandoline ihren Auftritt und die als Schlaginstrumente eingesetzten feinen Herdenglöckchen sowie auch die Spielereien mit Echoklängen entführen die Zuhörenden in eine idyllische Alpenwelt! Der Dirigent und sein Orchester setzten ihre Interpretation mit beeindruckendem Engagement um, wobei sie die dramatischen Höhepunkte und die introspektiven Momente dieser Sinfonie meisterhaft einfingen. Von den majestätischen Klängen des ersten Satzes bis zum stürmischen Scherzo und dem ergreifenden Adagio-Satz präsentierten die Protagonisten Mahlers musikalische Vision mit außergewöhnlicher Klarheit und Empfindsamkeit.
Ein Zusammenspiel von Perfektion: Orchester und Dirigent
Konzertbild Royal Concertgebouw Orchestra von Patrick Hürlimann
Das Royal Concertgebouw Orchestra und Iván Fischer agierten in perfekter Harmonie. Des Dirigenten klare und präzise Gesten führten zu einer reibungslosen Koordination und ermöglichten es dem Orchester, die fein abgestuften Klangfarben und die dynamische Bandbreite der Werke eindrucksvoll darzustellen. Die nahtlose Verschmelzung schuf eine tiefgreifende Interpretation, die die emotionale und klangliche Tiefe der Musik widerspiegelte.
Ein Erlebnis der Meisterschaft
Konzertbild Royal Concertgebouw Orchestra von Patrick Hürlimann
Insgesamt war dieses hochstehende Konzert ein Erlebnis der kunstvollen Umsetzung der Intentionen Wagners und Mahlers. Die Interpretationen des Vorspiels zu “Die Meistersinger von Nürnberg” und Mahlers Sinfonie Nr. 7 führten das Publikum durch verschiedene emotionale Landschaften, wobei die nuancierte Wiedergebung und die leidenschaftliche Ausführung des Orchesters beeindruckten.
Standing Ovation
Konzertbild Royal Concertgebouw Orchestra von Patrick Hürlimann
Die Perfektion, mit der das Royal Concertgebouw Orchestra unter der meisterlichen Führung von Iván Fischer diese sehr anspruchsvollen Werke darbot, war eine Hommage an die Tiefe und die Schönheit der klassischen Musik. Die Zuhörer wurden in eine Welt klanglicher Raffinesse und künstlerischer Meisterschaft entführt, die noch lange nachklingen wird. So erstaunt der tobende Schlussapplaus mit einer Standing Ovation nicht, sondern interpretiert sich
Mahler Chamber Orchestra Konzertbild von Priska Ketterer
Besetzung und Programm: Mahler Chamber Orchestra Daniel Harding Dirigent Daniil Trifonov Klavier Robert Schumann (1810–1856) Ouvertüre zum Dramatischen Gedicht Manfred op. 115 Robert Schumann (1810–1856) Klavierkonzert a-Moll op. 54 Johannes Brahms (1833–1897) Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90
Auftakt ins Konzert mit Manfred op. 115, Ouvertüre von Robert Schumann zu Lord Byrons gleichnamigem Schauspiel. Etwas „ganz Neues und Unerhörtes“ werde das Publikum geboten bekommen, schrieb Robert Schumann Ende 1851 an Franz Liszt und bezog sich auf die Uraufführung seines „Dramatischen Gedichts“ Manfred.
Schumanns «Manfred» op. 115, Ouvertüre zu Lord Byrons gleichnamigen Schauspiel
Mahler Chamber Orchestra Konzertbild von Priska Ketterer
Nach dem wuchtigen Auftakt, den filigranen Klängen der Holzbläser, ergänzt von den behutsamen Streichern, führte der Maestro im Kammermusik Stil durch die Partitur, lässt den ausgezeichneten Solostimmen ausreichend Raum zu deren Entfaltung, führt diese immer wieder sensibel, gar zärtlich, ins Ganze zurück. Die fühlen sich sichtlich wohl und geniessen scheinbar genauso wie die Zuhörer. Aus einem Guss, in der gleichen musikalischen Sprache, als hätten sie schon immer zusammen musiziert, zelebrierten Orchester und Leiter diesen „Manfred“, sehr gefühlsbetont, aber nie larmoyant, energisch, aber keinesfalls wuchtig, sondern ausgewogen, mit fein herausgearbeiteten Nuancen, immer spannend und teilweise gar überraschend.
Robert Schumann Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54
Solist am Piano Daniil Olegowitsch Trifonow am Bösendorfer Flügel Foto Priska Ketterer
Der Bösendorfer Konzertflügel wird ins Zentrum geschoben und hergerichtet für den heutigen Solisten, den vielfach preisgekrönten, 1991 geborenen russischen Tastenzauberer Daniil Olegowitsch Trifonov, der, mit seiner etwas strähnigen, ausgedünnten Haarpracht an den jungen Rasputin erinnert. Er setzt sich hin, tauscht ein paar Blicke mit Dirigent und Konzertmeister und baut dann seine Konzentration und Spannung auf und schon gehts los.Da scheint sich, beim Intro, auch Consuelo Velázquez die Komponistin von «Besame mucho» bedient zu haben. Dann, ganz zu Beginn unvermittelt eine Kaskade von Akkorden, die nur hier in dieser Form erscheint, es folgt eine unvergessliche Melodie, die gleich vorherrschend wird und aus der sich fast alles Folgende entwickeln wird: Der Beginn von Schumanns einzigem Klavierkonzert ist spektakulär. Darf man vielleicht die feurigen Akkorde zu Anfang dem lebhaften Florestan in Schumann zuordnen, das beherrschende Hauptthema aber Clara? Oder kann man den langsamen Teil (andante espressivo) des Kopfsatzes als Liebesduett deuten? Wird der unstete Florestan endlich von der sanften Clara sozusagen gezähmt? Vielleicht, vielleicht auch nicht, reizvoll sind solche Spekulationen allemal. Die Entstehung dieses erzromantischen Konzerts ist jedenfalls einigermaßen unromantisch verlaufen, es wurde keineswegs in einer einzigen kurzen, intensiven und inspirierten Arbeitsphase geschaffen. Begonnen wurde es 1841 etwa ein halbes Jahr nach der Hochzeit der Schumanns und zwar als einsätzige Fantasie mit jenem eigenen langsamen Mittelteil, dem “Liebesduett”, und einem eigenen Finale. In dieser Form konnte das Stück weder aufgeführt noch verlegt werden, der Markt verlangte unerbittlich dreisätzige Konzerte. 1845 fügte Schumann nahtlos zwei weitere Sätze an: das traumhaft schöne Intermezzo und das ohne Pause folgende optimistische, vorwärtsdrängende Finale (allegro vivace). Insgesamt war das Werk jetzt etwa doppelt so lang geworden. Die Uraufführung war im Dezember 1845 in Leipzig, natürlich mit Clara am Flügel.
Keine Komposition für eitle Egomanen
Mahler Chamber Orchestra Konzertbild von Priska Ketterer
Das Konzert ist von Schumann sehr bewusst nicht für mehr oder weniger eitle Virtuosen geschrieben worden und Franz Liszt z.B. hat es anfangs deswegen auch nicht spielen wollen. Vielleicht noch mehr als Beethovens Violinkonzert, dem es in diesem Punkte ähnelt, setzt dieses Klavierkonzert auf den Dialog zwischen dem Solisten und dem Orchester. Beide Seiten müssen sehr aufmerksam und flexibel sein. Zeitweise vertauschen sich die Rollen, wenn das Klavier das Orchester begleitet. Anderswo wird es richtiggehend kammermusikalisch, wenn das Klavier mit einzelnen Instrumenten aus dem Orchester Zwiegespräche hält. Die Zeitgenossen nahmen sehr wohl wahr, dass Schumann neue Wege ging, auch wenn sein Konzert wiederum in einer Tradition steht und er Anregungen von Beethoven (3.Klavierkonzert), Mendelssohn, Schubert und Bach bezog.
Mahler Chamber Orchestra Konzertbild von Priska Ketterer
Auch im Zusammenhang mit diesem Konzert sind Schumann Schwächen bei der Orchestrierung vorgeworfen worden. Ganz unberechtigt sind sie nicht, viel Erfahrung hatte er nicht, als er mit der ursprünglichen Fantasie begann. Vielleicht macht es sogar den besonderen Charme dieses Meisterwerks aus, dass es eben nicht ganz perfekt ist, sondern ein wenig grün und jugendlich geblieben ist. Und im Ganzen jugendlich frisch sollte es meiner Meinung nach gespielt werden und eben nicht schmalzig-schmachtend bis hin zur völligen Gedankenverlorenheit und Lethargie. Bruno Walter (“Von der Musik und vom Musizieren”) hat z.B. auf eine unselige Aufführungstradition hingewiesen, die bis zum heutigen Tage nicht ausgerottet ist: Nach den fallenden Akkorden ganz zu Anfang wird das Tempo für das “Clara-Thema” gewöhnlich sofort gedrosselt, obwohl das in der Partitur überhaupt nicht so notiert ist. Erst sehr viel später wird das Thema langsamer verlangt, ein Kontrast geht also dann entweder verloren oder es muss wiederum noch langsamer, noch schmachtender gespielt werden … Ein wenig Schmachten, ein wenig Sehnsucht muss sein, aber nicht im Übermaß. Auch unbändige Lebenslust und Drama haben hier ihren Platz, und wie sich zeigt, sind diese verschiedenen Elemente in diesem Konzert nicht einfach im Gleichgewicht zu halten. Der Solist bewegte sich mit schlafwandlerischer Sicherheit und Grandezza durch die Partitur und es wirkte alles jung und frisch. Grossartig vor allem die Sequenzen, wo die ebenso brillanten Solist*innen (Klarinette, Oboe usw.) des Orchesters mit Daniil Olegowitsch Trifonov in Dialog traten.
Nie zu viel Schmelz oder gar penetrant süss
Solist am Piano Daniil Olegowitsch Trifonow Foto Priska Ketterer
So macht Trifonov, technisch ungemein brillant in seiner unprätentiösen Art, trotz allen romantischen Schwungs und Überschwangs, nie eine überkandidelte Diva aus dem Stück (was man sonst leider verhältnismäßig oft erleben kann). Der Mann aus Nischni Nowgorod gehört nicht zu den Interpreten, für die ‚Romantik‘ eine Art permanente Ekstase bedeutet. Zwar werden die unterschiedlichen Affektlagen von ihm mit aller Deutlichkeit aufgezeigt (auch ihre Brüche und plötzlichen Wechsel). Er begeht allerdings nie den Fehler, es zu ‚überschminken‘ und dadurch Gefahr zu laufen, Schumann in seinem Gefühlsüberschwang der Lächerlichkeit preiszugeben. Insgesamt ist das eine sehr starke, sehr emotionale Interpretation, aber vollständig frei von ‚künstlicher Aufregung‘ und gerade deshalb in ihrer Empfindsamkeit glaubwürdig. Das hat überhaupt nichts ‚Ranschmeißerisches‘ an sich, übertrieben Heroisches oder gar Martialisches, wie man das öfter hören kann. Gleichzeitig wirkt die Interpretation trotz aller Brüche im Stück sehr organisch. Es gibt also nicht lediglich einen Wechsel von Affekten, sondern einen durchdachten Aufbau, der am Ende klar macht, dass es sich trotz aller Überraschungen im Stück um ein ‚Großes Ganzes‘ handelt.
Perfekte Tempovariierung durch den Pianisten
Mahler Chamber Orchestra Konzertbild von Priska Ketterer
Der russische Grossmeister der Tasten weiß immer sehr genau, wo man bremsen und wo man ein bisschen Gas geben muss, um das Ganze zum Strömen zu bringen. So passiert es ihm beispielsweise nie, dass er erst mit großer Agogik Spannung aufbaut, um dann im entscheidenden Moment durch eine unbedachte Verzögerung (oder – je nachdem – eine fehlende Verzögerung) die ganze Dramatik sinnlos verpuffen zu lassen. Der Mann am Klavier ist vollkommen frei von dieser ‚Verlegenheits-Agogik‘, die man manchmal bei Pianisten beobachten kann, die sich über die Konstruktion eines Stückes nicht übermäßig intensiv den Kopf zerbrochen haben, aber ‚gefühlsmäßig‘ etwas unternehmen wollen – und es dann ausgerechnet an den ‚falschen‘ Stellen tun, und der ganze Aufbau dann kollabiert. Diese perfekte Umsetzung gelingt natürlich auch dank der Unterstützung von Dirigent Harding und des ausgezeichneten Orchesters, welche auf Augen- respektive Ohrenhöhe mit dem introvertierten Tastenakrobat agieren. Besonders erwähnenswert auch der Dialog der Oboen mit dem Piano.
Der stürmische, langanhaltende Applaus wurde sichtlich genossen von den Protagonist*innen auf der Bühne. Der Solist und der Dirigent wurden mittels vehementen Applauses einige Male zurück auf die Bühne geklatscht bis uns von Trifonov eine kurze Zugabe gewährt wurde, aufgrund des nicht enden wollenden Applauses. Dirigent Harding konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, als die Akklamation einfach nicht enden wollte.
2. Konzertteil Johannes Brahms (1833 – 1897)Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90
Mahler Chamber Orchestra Konzertbild von Priska Ketterer
Zwei einleitende Bläserakkorde genügen, um alles in Hochstimmung zu versetzen. Der erste ist ein einfacher F-Dur Akkord, der zweite kann nur von seiner Wirkung her beschrieben werden: er wirkt, als ginge man kurz in die Knie, um sich in die Höhe (hier: die höhere Oktave) zu katapultieren. Oben kommt uns das Hauptthema entgegen, von den Violinen „passionato“ (leidenschaftlich) vorgetragen. Hauptmotiv (die sich hochreckende Geste) und Hauptthema steigern sich gegenseitig …was für ein kraftvoller Anfang!Das Hauptmotiv erweist sich als Zaubermotiv: es lässt Zeit vergehen, lässt Herbst werden – das Seitenthema taucht auf wie eine Erinnerung: ein liebliches Gesicht, vielleicht auch ein Kindergesicht, eine Enkelin…etwas, dem man lächelnd ein Ach ja nachseufzt.In der Mitte des Satzes (man sollte nicht von Durchführung sprechen) wird das Zaubermotiv – vorgetragen vom Horn – zu einer edlen Melodie. Sie spiegelt einen Charakter, der immer in die Höhe strebt und doch eine weiche Seele hat. Der Satz klingt ruhig aus.Der ruhige zweite Satz beginnt wie ein Volkslied mit verwehendem Echo. Doch dann wird es still, und aus der Ferne, aus der Tiefe der Seele vernehmen wir ein musikalisches Bekenntnis von verletztem Zartgefühl und abgrundtiefer Traurigkeit. Der Satz klingt fragend aus.Das fragende, lange Thema des dritten Satzes – ein Intermezzo – wandert durch eine flüsternde Begleitung wie durch raschelndes Laub. Die Instrumentierung ist meisterhaft und abwechslungsreich, aber alle Farben sind welk. Der Satz klingt besinnlich aus.Düster beginnt das Finale, leise und erregt. Da stockt der Atem: das zarte und traurige Thema aus dem zweiten Satz ist wieder da, aber es ist zu einem bitteren, fast zynischen Choral geworden. Und dann platzt Brahms der Kragen: wenn Musik zornig sein kann – dieser Satz ist es. Der Choral fährt unter die Themen: nichts ist ihm heilig, die Fetzen fliegen – eine herrliche Abrechnung! Mit wem? Mit was – das bleibt Geheimnis des Meisters.Das Zaubermotiv erscheint und hellt die Stimmung auf. Der Choral entspannt sich; die Anfangsbegegnung des Hauptmotivs mit dem Hauptthema wölbt sich wie ein hoher Regenbogen: wenn Musik versöhnlich sein kann – der Schluss dieser, Brahms persönlichster Symphonie ist es.
Das Orchester in bestechender Form, massgeschneiderte Qualität
Dirigent Daniel Harding führt feinfühlig durch die Partitur Foto Priska Ketterer
Warum sich der Komponist im Entstehungsprozess so schmallippig gab, scheint die Musik zu verraten: Erstmals in einer Sinfonie erprobt Brahms in der Dritten ein zyklisches Prinzip. Das wuchtig dionysische Hauptthema vom Anfang beispielsweise lässt er gezähmt, regelrecht geläutert noch einmal ganz zum Schluss erklingen, als Kaskade aus apollinischen Höhen.Das Mahler Chamber Orchestra konzertierte, engagiert geleitet von seinem Ehrendirigenten auf Lebenszeit Daniel Harding überragend, überzeugte mit grossinfonischen Qualitäten und sattem, überzeugenden und im letzten Satz auch magistral nach oben akzelerierendem Ausdruck.Das Mahler Chamber Orchestra, geleitet von Daniel Harding, zeigte hier seine sinfonische Meisterschaft in voller Pracht. Die Sinfonie entfaltete sich als ein episches Werk, das die sinfonische Form mit melodischer Eleganz und klanglicher Raffinesse verband. Harding führte das Orchester mit Sicherheit durch die unterschiedlichen Stimmungen der Sinfonie – von der Intimität des ersten Satzes bis zur lebhaften Energie des dritten Satzes und der ergreifenden Tiefe des vierten Satzes.
Ein Abend der musikalischen Größe
Insgesamt war das Konzert des Mahler Chamber Orchestra unter Daniel Harding ein Abend der musikalischen Größe und Intensität. Die Darbietungen von Schumanns Ouvertüre, Trifonovs brillantem Klavierspiel und Brahms’ Sinfonie wurden von Orchester, Solisten und Dirigent in einer Weise präsentiert, die die Tiefe und die Feinheiten der Musik betonte. Die Verbindung zwischen den verschiedenen Elementen – den Kompositionen, den Interpreten und dem Publikum – schuf eine eindrucksvolle musikalische Erfahrung. Daniel Harding und das Mahler Chamber Orchestra boten einen Abend, der die Zuhörer in die fesselnde Welt der Musik entführte und noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Auch eine Notiz am Rande wert. Dirigent Daniel Harding fliegt im Zweitberuf Passagiermaschinen für Air France.