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Wo junge Menschen die Wunder der Welt erkunden

Jungen Menschen die Wunder der Erde nahebringen, das ist Ziel von Nina Schaller (Mitte) und ihrem Team.  Copyright: KTS/Kirsten Baumbusch
Jungen Menschen die Wunder der Erde nahebringen, das ist Ziel von Nina Schaller (Mitte) und ihrem Team. Copyright: KTS/Kirsten Baumbusch
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Die Tschira-Jugendakademie lädt zum Lernen durch Experimentieren ein –
Besuch im Ferienworkshop.
Wissenschaft kann verzaubern. „Unser Ziel
ist es“, sagt die promovierte Biologin Nina Schaller, „jungen Menschen die
Wunder der Erde so nah zu bringen, dass sie sie selbst erkunden und
verstehen können“. Vor knapp 15 Jahren hat die KlarText-Preisträgerin für
Wissenschaftskommunikation die Tschira-Jugendakademie ins Leben gerufen –
für alle, die Natur verstehen und erleben wollen.

Gemeinsam mit der
Geologin und Paläontologin Dr. Kristina Eck und dem Pädagogen aus
Leidenschaft, Rikk Villa, hat sie sich das Motto „Learning-by-
Experimenting“, also lernen durch experimentieren, auf die Fahnen
geschrieben.

Unterstützt von erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
untersuchen die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen erstaunliche
Lebensforme des Planeten, vielfältigen Ökosysteme und die komplexen
Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Natur. Immer dabei in den
viertägigen Ferienkursen für Kinder und Jugendliche sind spezielle Blicke
hinter die Kulissen wissenschaftlicher Einrichtungen und spannende
Erlebnisse bei außergewöhnlichen Exkursionen.

Der einführende Basiskurs „Was ist Biologie“ öffnet die Tür zu allen
weiteren Programmen der Tschira-Jugendakademie wie den Aufbaukursen sowie
zu einer Vielzahl von Workshops verschiedenster wissenschaftlicher
Forschungsbereiche wie Astrobiologie, Paläontologie oder Klimatologie.

Neu im Programm ist das „Enrichment-Programm“ für weiterführende Schulen
in der Region. Das kostenfreie Modul, das ab dem Herbst angeboten werden
soll, hat sich ebenfalls dem erfahrungsbasierten Lernen verschrieben.

Natur verstehen und erleben

„Es gibt bei uns viel zu lernen, doch sind wir keine Lehrkräfte“, sagt
Nina Schaller. Sie, Kristina Eck und Rikk Villa verstehen sich als
Mentorinnen und Mentor, die gemeinsam mit den jugendlichen Teilnehmenden
forschen und experimentieren. „Wir sind die Akademie für alle, die Natur
verstehen und erleben wollen“, führt sie aus.
Wie sieht das nun praktisch aus? Es ist Dienstagmorgen in den großen
Ferien, der Aufbaukurs „Leben“ steht auf dem Programm. Im Mathematikon an
der Berliner Straße in Heidelberg geht es um Grundlegendes, nämlich um
Elemente, Prozesse und Strategien des Lebens auf unserer Erde.

Erfahren sollen die zwölf Elf- bis Vierzehnjährigen eine Menge.
Beispielsweise, seit wann es Leben gibt, was es dafür braucht, wie
vielfältig Tiere und Pflanzen sind und ob es so etwas auch auf anderen
Planeten geben könnte. Am Vortag hat die Gruppe schon erfahren, dass
unsere Erde nach ihrer „Geburt“ alles andere als geeignet für die
Entwicklung des Lebendigen war. Es gab eine müffelige, undurchsichtige
Uratmosphäre, Wetterkapriolen noch und nöcher und der junge Mond war noch
so dicht dran, dass die Gezeiten Tsunamis glichen. Es musste also einiges
passieren, bis der Planet als „blaue Murmel“ mit Wasser, Boden, Pflanzen
und Getier seine Bahnen durchs All ziehen konnte.

„Ohne drunter nix drüber: Der Boden be-lebt!“ Unter diesem Titel machen
Nina Schaller und Kristina Eck deutlich, wie viel Leben in der Erde
steckt, die manche einfach als „Dreck“ bezeichnen. Bakterien, Pilze,
Algen, Fadenwürmer, Springschwänze, Milben, Ringelwürmer, Tausendfüßler,
Spinnen, Asseln und vieles mehr tummeln sich in riesiger Zahl im Boden. In
einer Handvoll Erde gibt es mehr Lebewesen als Menschen auf der Erde und
unter einem Hektar Fläche können bis zu 15 Tonnen Bodenlebewesen leben.
„Das ist so viel wie ein T.rex-Weibchen wiegt“, weiß Paläontologin Eck,
die sich mit Lebewesen und Lebenswelten der geologischen Vergangenheit
bestens auskennt.

Ausprobieren, was wirklich interessiert

Was bringt die Nachwuchsforschenden an diesem Sommertag in die Tschira-
Jugendakademie? Klar sind einige dabei, weil die Eltern arbeiten müssen,
aber sogar die betonen, wie viel Spaß das Erforschen macht und wie anders
hier das Lernen im Vergleich zum Schulunterricht ist. „Man kann mehr
selber machen, es gibt mehr Praxis“, sagen die Youngsters, „wir dürfe
einfach mal etwas ausprobieren, was uns wirklich interessiert“.
Woraus besteht eigentlich Boden? Fragt Nina Schaller. Ein Teilnehmer ist
sich ganz sicher: „Aus abgestorbenen zersetzten Tieren- und
Pflanzenteilen“. Das stimmt. Schwer vorstellbar, aber auf dem Mond oder
dem Mars gibt es nur blankes Gestein, kein Boden. Das ist etwas, was erst
entstehen muss. Ein Wunder – und zwar eines, das immer wieder geschieht.
„Ein aufgegebener, zubetonierter Parkplatz ist nach fünf Jahren grün“,
weiß Rikk Villa, „weil das Leben immer einen Platz findet, lebendig zu
sein“.

Er hat Bodenproben mitgebracht: ein Ackerboden, der in der Nähe eines
Maisfeldes war, Komposterde, Waldboden und Erde von einem brachliegenden
Feld. Wir alle bekommen ein so genanntes Binokular, also ein optisches
Instrument, das beiden Augen ein Bild zeigt. Darunter legen wir ein wenig
Boden in einer Schale. Dann heißt es warten. Ganz langsam gewöhnen sich
die Augen an die kleinen Krümelchen von Steinchen, Sand und Erde und es
entfaltet sich eine zauberhafte Welt der geheimnisvollen Kleinstlebewesen.
Wir beobachten das Drama von „fressen und gefressen werden“, sehen
Regenwürmer, Asseln, Springschwänze und Milben. Wir erfreuen uns an
winzigen Schneckchen und Tausendfüßlern.

Der Nachwuchs macht Hoffnung

„Ist die Assel tot?“, fragt eine Nachwuchsforscherin besorgt. „Nein“, kann
Kristina Eck beruhigen, „die hat sich nur gehäutet“. So entdecken wir
Schritt für Schritt an diesem Morgen die Wunder der Natur und kommen ins
Staunen. Manches erschreckt auch. So ist es zum Beispiel nicht mehr
möglich, wie noch vor zehn Jahren, einfach eine x-beliebige Bodenprobe zu
nehmen und darin das Leben zu beobachten. „Das hat dramatisch abgenommen“,
konstatiert Nina Schaller. Mit dem apokalyptisch erhobenen Zeigefinger
möchte sie dennoch nicht unterwegs sein.

Dem Akademie-Trio macht der Nachwuchs Hoffnung. Die ersten
WissensSchaffer, wie sie zu Beginn hießen, sind selbst schon in der
Biologie, Robotik oder Geologie unterwegs und auf dem besten Weg, die Welt
ein wenig besser und nachhaltiger zu machen. Das gelingt auch am
Nachmittag dieses Tages. Mit einer Pflanzenbestimmungs-App werden Blumen,
Gräser und Sträucher im Umfeld der Akademie bestimmt und ihr Name mit
Kreide auf den Asphalt gezeichnet. So haben alle etwas davon.

Mehr über Kurse, Termin, Projekte und Personen unter: https://www.tschira-
jugendakademie.info/