Wie angehende Ingenieure lernen, an die Zukunft zu denken - Carl-Zeiss- Stiftung fördert Nachhaltigkeitsprojekt
Nachhaltiges Denken und Handeln wird Teil des Ingenieursstudiums! Dafür
sorgt das Projekt „Nachhaltige Technologien“ der Universität Ulm, das von
der Carl-Zeiss-Stiftung mit 456 000 Euro gefördert wird. Für das seit Juni
2025 laufende Projekt sollen interdisziplinäre Module zu
Nachhaltigkeitsthemen sowie Fallbeispiele erarbeitet werden – und zwar
sowohl auf der Bachelor- als auch auf der Masterebene. Zuerst umgesetzt
werden die Neuerungen im Studiengang „Biomedizinische Technik“.
Über die technische Machbarkeit hinausdenken und die Technologiefolgen für
die Zukunft gleich mit einkalkulieren, das möchten Ingenieure und
Ingenieurinnen der Universität Ulm. Sie haben das Projekt „Sustainable
Technologies“ vorangetrieben, das jetzt von der Carl-Zeiss-Stiftung mit
456 000 Euro gefördert wird. „Wir haben uns überlegt, wie wir das
Bewusstsein für Nachhaltigkeitsthemen im Studium stärken und unseren
Studierenden Wissen und Werkzeuge an die Hand geben können, um auch später
im Beruf nachhaltig zu denken und zu handeln“, sagt Professor Walter
Karlen, Leiter des Instituts für Biomedizinische Technik an der
Universität Ulm. Der Wissenschaftler hat gemeinsam mit Professorin Claudia
Lenk ein Konzept entwickelt, das Nachhaltigkeitsthemen strukturiert im
ingenieurwissenschaftlichen Studium verankert. „Die Studierenden sollen
bereits im Studium lernen, den gesamten Produktkreislauf einzubeziehen,
also Herstellung, Anwendung und Recycling mitzudenken und das dann später
in der Praxis konsequent umsetzen“, so die Leiterin des Instituts für
funktionelle Nanosysteme.
Nachhaltigkeit hat viele Dimensionen – ökonomische, ökologische,
gesundheitliche und soziale. „Die Grundidee besteht darin, in der
Gegenwart so zu handeln, dass zukünftige Generationen nicht ihrer
Ressourcen, Möglichkeiten und Chancen beraubt werden“, erklären die
Forschenden. In den Technikwissenschaften spielen solche Abwägungen aber
häufig nur eine untergeordnete Rolle. Das wird sich in Ulm auf jeden Fall
ändern! Für die Ulmer Ingenieurwissenschaften sollen nun interdisziplinäre
Module im Studium entwickelt werden, die sich auf die Nachhaltigkeitsziele
der Vereinten Nationen beziehen.
In der Master-Vorlesung „Appropriate Medical Device Design“ lernen die
Studierenden, Empathie für die Nutzerinnen und Nutzer von Medizinprodukten
zu entwickeln. Sie werden gezielt darauf vorbereitet, sich in die Lage von
Menschen hineinzuversetzen, die Prothesen, Schrittmacher oder sonstige
medizinische Gerätschaften brauchen. Wie erleben sie die Nutzung solcher
medizin-technischer Hilfsmittel? Wie gut ist der Tragekomfort? Wie komplex
die Bedienung? Solche Fragen sind entscheidend für die Nutzungsdauer und
Langlebigkeit von Medizinprodukten und letztendlich auch maßgeblich für
eine nachhaltige Nutzung.
Außerdem entsteht ein Pool an Fallbeispielen für alle
ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge. Denn viele Themengebiete aus
diesem Bereich bieten Anhaltspunkte, um Produkte nachhaltiger zu
gestalten. Um Medizinprodukte mehrfach verwenden zu können, ist es
beispielsweise wichtig, biokompatible Materialien zu nutzen, die
einerseits haltbar, andererseits aber auch wiederverwertbar sind.
Gegebenenfalls sollten sie zudem die nötige Sterilisation unbeschadet
überstehen können. Solche Kriterien sind entsprechend relevant für die
Materialauswahl. Pilotstudiengang wird die „Biomedizinische Technik“.
Dieser startet mit der Umsetzung von zentralen Projektideen und
Fallbeispielen, danach folgen die anderen ingenieurwissenschaftlichen
Studiengänge.
„Als Universität möchten wir dazu beitragen, die Zukunft nachhaltig zu
gestalten. Wir orientieren uns dabei an den globalen Nachhaltigkeitszielen
der Vereinten Nationen“, betont Karlen. Im Jahr 2023 hat die Universität
Ulm eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie verfasst, die sie nun Schritt für
Schritt in die Tat umsetzt. An der Uni gibt es außerdem den
Masterstudiengang Nachhaltige Unternehmensführung sowie eine
Hochschulgruppe für Nachhaltigkeit. Und am „Green Energy Campus Ulm“
forscht eine Vielzahl an Einrichtungen und Instituten zu nachhaltigen
Wegen der Energiewandlung und Energiespeicherung. Zudem ist die
Universität Ulm Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltigkeit
an Hochschulen e.V.
„Uns ist es wichtig, dass wir die junge Generation für solche Themen
begeistern können und Aspekte nachhaltiger Entwicklung vermitteln“, hebt
Lenk hervor. Das Interesse an zukunftsorientierten Lösungen in Forschung
und Lehre ist immerhin so groß, dass Nachhaltigkeitsthemen auch für die
Gewinnung von Studierenden mehr und mehr an Bedeutung erlangen, sind die
Ulmer Forschenden überzeugt.
