Kleines Gen, große Wirkung: Wie das Gen MKK3 die Keimruhe in Gerste steuert
Das Carlsberg-Forschungslabor, das erste industrielle Forschungslabor der
Welt, hat einen wissenschaftlichen Durchbruch bekannt gegeben. Dieser
könnte dazu beitragen, Nutzpflanzen vor klimabedingten Ernteausfällen zu
schützen. Getreu dem Motto „Wie Bier sollte auch Wissenschaft geteilt
werden“ sind die Ergebnisse der von Carlsberg geleiteten Forschung, an der
auch das IPK Leibniz-Institut beteiligt war, jetzt in der renommierten
Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht worden. Damit stehen sie
Wissenschaft und Züchtung weltweit zur Verfügung.
Unvorhersehbares Wetter, das durch den Klimawandel noch verstärkt wird,
verursacht Verluste in Milliardenhöhe bei Getreidekulturen wie Gerste,
Weizen und Reis. Das vorzeitige Auskeimen des Korns auf der Pflanze vor
der Ernte, im englischen Pre-Harvest-Sprouting (PHS) genannt, mindert die
Qualität des Korns und gefährdet die Ernährungssicherheit. Getreide, das
vor der Ernte keimt, erfüllt in der Regel nicht die Qualitätsanforderungen
in nachgelagerten industriellen Prozessen. Außerdem ist es anfälliger für
Verderb, Schimmel und Pilzbefall, so dass es oft nicht einmal als
Tierfutter geeignet ist. Diese Verluste können dann für Landwirte und
Unternehmen, die auf eine konstante Produktion hochwertiger Nutzpflanzen
angewiesen sind, verheerend sein.
Ein internationales Team unter der Leitung des Carlsberg-Forschungslabors
und mit Beteiligung des IPK hat nun herausgefunden, wie die komplexe
genetische Kontrolle des Gens MKK3 die Keimruhe und das Keimrisiko von
Gerste steuert. Damit wurden ganz neue Wege zur Züchtung von Pflanzen
aufgezeigt, die sowohl widerstandsfähig gegen extreme Wetterbedingungen
als auch für vielfältige landwirtschaftliche Anforderungen geeignet sind.
„Wir bei Carlsberg sind der Meinung, dass wissenschaftliche Erkenntnisse
geteilt werden sollten“, erklärte Birgitte Skadhauge, Vizepräsidentin und
Leiterin des Carlsberg-Forschungslabors. „Mit der Veröffentlichung unserer
Forschungsergebnisse in ‚Science‘ laden wir die weltweite
Wissenschaftsgemeinschaft dazu ein, auf unseren Erkenntnissen aufzubauen,
den Fortschritt zu beschleunigen und zur Sicherung der Zukunft der
Ernährung beizutragen. Dieser Durchbruch geht über Bier hinaus - es geht
darum, eine bessere Zukunft für alle zu brauen.“
Mithilfe fortschrittlicher Genanalysen und Feldversuchen auf verschiedenen
Kontinenten haben die Forscher die Vielfalt der MKK3-Genvarianten in
Gerste aus aller Welt kartiert. „Unsere Arbeit zeigt, wie Jahrhunderte der
Landwirtschaft und der Anpassung an das Klima die genetische Landschaft
dieser wichtigen Kulturpflanze geprägt haben, und liefert Züchtern einen
Fahrplan, um das Gleichgewicht zwischen Keimruhe und Keimrisiko
herzustellen - damit Landwirte überall bessere Ernten erzielen können,
auch wenn das Wetter immer unvorhersehbarer wird“, sagte Christoph
Dockter, Leiter der Getreidepflanzenentwicklung am Carlsberg-
Forschungslabor.
Das Team hat herausgefunden, wie verschiedene Versionen des MKK3-Gens die
Keimruhe und das Keimrisiko von Samen beeinflussen. Dabei zeigte sich,
dass einige Varianten eine größere Widerstandsfähigkeit gegenüber feuchten
Erntebedingungen aufweisen. Die Zahlen aus der Forschung veranschaulichen
die weltweite Verbreitung dieser Genvarianten und zeigen die
Selektionsdynamik der jahrhundertelangen Domestizierung und Züchtung auf.
Außerdem heben sie Regionen hervor, in denen Landwirte dem größten Risiko
durch PHS ausgesetzt sind. Daten aus mehrjährigen Feldversuchen zeigen,
wie gezielte Züchtung dazu beitragen kann, die Ernteerträge und die
Widerstandsfähigkeit in Einklang zu bringen und somit eine nachhaltige
Landwirtschaft in einem sich wandelnden Klima zu unterstützen.
„Die Analyse von MKK3 Genvarianten und deren globale Verteilung wurde
substantiell durch die vom IPK geleitete Gerste Pangenom-Analyse
unterstützt und beschleunigt“, erläutert Nils Stein, Leiter der Abteilung
„Genbank“ am IPK. „Unsere Arbeiten am IPK zielen darauf ab, die gesamte
genomische Vielfalt unserer Kulturpflanzen systematisch verfügbar zu
machen und auf diese Weise der Forschung und der züchterischen Nutzung
zugänglicher zu machen.“
