Schmerzmanagement bei älteren Menschen: Neue S3-Leitlinie GeriPAIN veröffentlicht
Die erste nationale und internationale S3-Leitlinie speziell für ältere
Menschen mit akuten und chronischen Schmerzen ist veröffentlicht:
GeriPAIN. Die Entwicklung der Leitlinie wurde durch den Innovationsfonds
des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gefördert und von der Deutschen
Gesellschaft für Geriatrie (DGG) sowie der Deutschen Schmerzgesellschaft
koordiniert.
„Die Leitlinie liefert erstmals eine strukturierte,
evidenzbasierte Orientierung für die Schmerzerfassung und Therapie von
Schmerzen bei älteren Menschen“, erklärt Dr. Corinna Drebenstedt,
federführende Autorin der DGG.
Wichtig war den Fachautorinnen und -autoren, die Perspektive aller
einzubeziehen – also auch die der Betroffenen. „Eine Patientenvertreterin
war neben Ärztinnen und Ärzten, Fachpflegenden, Therapeutinnen und
Therapeuten wie auch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern von Anfang an
in die Erstellung eingebunden“, so Drebenstedt, Chefärztin der Klinik für
Geriatrie und Innere Medizin des St. Marienhospitals Friesoythe.
Schmerzerfassung und Medikamentenreview verbessern die Versorgung
Auch das Thema Schmerzerfassung – besonders bei Menschen mit Demenz
problematisch – hebt die Geriaterin als wichtige Neuerung hervor. Da
GeriPAIN auf der bereits bestehenden S3-Leitlinie Schmerzassessment bei
älteren Menschen in der vollstationären Altenhilfe (AWMF-Registernummer
145-001) aufbaut, ist die Diagnosestellung jetzt ein vollkommen neuer
Aspekt. „Und hier haben wir, glaube ich, ein gutes und realistisches
Modell gefunden!“, sagt Drebenstedt.
Die Medikamente der hochbetagten Patientinnen und Patienten regelmäßig im
Vier-Augen-Prinzip auf Wechselwirkungen zu überprüfen, hilft nachweislich
und wurde als Empfehlung ebenfalls neu aufgenommen. Wie dies in
Deutschland funktionieren soll – mit vielen Beteiligten in der ambulanten
Versorgung oder auch Checks in Apotheken – können die Autorinnen und
Autoren noch nicht beantworten. „Generell muss sich für die Verbesserung
der Schmerzversorgung Älterer die sektorenübergreifende Kommunikation noch
stark verbessern“, fordert Dr. Corinna Drebenstedt. „Ja, wir haben jetzt
eine elektronische Patientenakte. Aber die können viele Kliniken und
Hausarztpraxen noch technisch gar nicht öffnen. Für Physiotherapeutinnen
und Physiotherapeuten oder Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter steht
dieses Instrument nicht zur Verfügung. Das ist ein absolutes Manko!“
Mehr Forschung für evidenzbasierte medikamentöse Schmerztherapie gewünscht
Auch legen die Autorinnen und Autoren den Finger noch in eine andere
Wunde: Es braucht mehr Forschung rund um die Wirksamkeit von
Schmerzmedikamenten! „Wir müssen uns trauen, genau hinzuschauen, um
Medikamentenwirkungen auch tatsächlich beurteilen zu können“, so
Drebenstedt, die immerhin 6.000 Literaturstellen gemeinsam mit den
weiteren Autorinnen und Autoren auswertete.
Für Bewegung bei Schmerzen gäbe es zahlreiche evidenzbasierte Empfehlung.
Das brauche man auch und vor allem für weitere Therapieoptionen. Die
invasive und perioperative Schmerztherapie ist in GeriPAIN deshalb
explizit ausgeschlossen. „Hierfür existieren aber andere und bekannte
Leitlinien“, weiß Corinna Drebenstedt, „nur eben nicht auf S3-Niveau.“
GeriPAIN als interprofessioneller und sektorenübergreifender Leitfaden
Generell bietet die neue Leitlinie GeriPAIN jetzt aber sowohl einen
interprofessionellen wie auch sektorenübergreifenden Leitfaden für das
Schmerzmanagement älterer Menschen – und das für den ambulanten,
akutstationären wie auch langzeitstationären Bereich.
„Wir stoßen damit einen Dialog aller an der Versorgung Beteiligter an“, so
Drebenstedt. „Und wer weiß, was wir in fünf Jahren bei der Aktualisierung
der nächsten Version bereits ergänzen dürfen.“
Die vollständige S3-Leitlinie Schmerzmanagement bei GERiatrischen
PAtIeNt:innen in allen Versorgungssettings (GeriPAIN) steht im AWMF-
Leitlinienregister (Registernummer: 145-002) zum Download bereit:
https://register.awmf.org/de/l
