Nach der Menopause steigt das Diabetesrisiko – wie Frauen gegensteuern können
Die Menopause verändert den weiblichen Stoffwechsel – oft unbemerkt und
doch tiefgreifend. Sinkende Hormonspiegel führen zu einer Zunahme von
Bauchfett, Insulinresistenz und ungünstigen Blutfettwerten. Dadurch steigt
deutlich das Risiko für Typ-2-Diabetes, Herz- und Lebererkrankungen. Die
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) betont: Diese Lebensphase ist kein
Rückschritt, sondern eine Gelegenheit, die eigene Gesundheit bewusst zu
stärken.
Frauen können durch vermehrte Bewegung, ausgewogene Ernährung und
gezielte Vorsorge aktiv dazu beitragen, ihren Stoffwechsel langfristig zu
stabilisieren. Das Thema stand im Mittelpunkt der Kongress-Pressekonferenz
zur Diabetes Herbsttagung 2025.
Bereits in der sogenannten Perimenopause – also in den Jahren vor der
letzten Regelblutung – sinkt der Östrogenspiegel. Das führt zu mehr
viszeralem Fett – Fettgewebe im Bauchraum – und zu einer geringeren
Insulinempfindlichkeit. „Diese Prozesse setzen ein, noch bevor klassische
Risikomarker wie Cholesterin oder Blutdruck auffällig werden“, erklärt
Professorin Dr. Julia Szendrödi, Präsidentin der DDG und Ärztliche
Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie,
Stoffwechselkrankheiten und Klinische Chemie des Universitätsklinikums
Heidelberg. Besonders Frauen mit einer frühen Menopause – also vor dem 45.
Lebensjahr – haben laut internationalen Studien ein rund 30 Prozent
höheres Risiko für Typ-2-Diabetes.
Auch Frauen mit einem früheren Schwangerschaftsdiabetes sollten die
Wechseljahre als Chance begreifen, ihren Stoffwechsel gezielt zu
überprüfen. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Herz-, Leber- und
Blutzuckerwerte im Blick zu behalten und neue Präventionsroutinen zu
etablieren“, so die DDG-Präsidentin.
Wenn sich Blutzucker und Insulinbedarf verändern
In der Perimenopause schwanken die Hormonspiegel stark; das beeinflusst
auch den Blutzucker. Frauen mit Typ-1-Diabetes bemerken oft wechselnde
Insulinbedarfe und unvorhersehbare Glukosewerte. Nach der Menopause bleibt
der Insulinbedarf meist erhöht, da der Stoffwechsel weniger flexibel
reagiert. „Viele Frauen mit Typ-1-Diabetes entwickeln in dieser Phase
Merkmale eines Typ-2-Diabetes. Das nennen wir ‚double diabetes‘“,
erläutert die Expertin aus Heidelberg.
Auch bei Typ-2-Diabetes kann die Stoffwechsellage in dieser Zeit
instabiler werden. Der Verlust des hormonellen Herzschutzes, insbesondere
durch das weibliche Geschlechtshormon Östrogen, steigert das Risiko für
Herzinfarkt und Schlaganfall. Dennoch, so zeigen Registerdaten, werden
Frauen nach der Menopause in Deutschland seltener leitliniengerecht
behandelt, insbesondere in Hinblick auf Cholesterin- und
Blutdrucktherapien.
Herz und Leber altern gemeinsam
Mit dem Absinken des Östrogenspiegels verändert sich auch die
Fettverteilung im Körper – ein Risikofaktor für Fettlebererkrankungen.
Nach der Menopause nimmt die Häufigkeit der sogenannten metabolic
dysfunction-associated steatotic liver disease (MASLD, nichtalkoholische
Fettlebererkrankung) spürbar zu. Vor der Menopause sind Frauen nur etwa
halb so häufig betroffen wie Männer, danach steigt die Zahl deutlich an.
„Besonders bei Frauen mit Insulinresistenz oder Diabetes sehen wir
häufiger eine fortschreitende Leberfibrose“, so Szendrödi.
Fachgesellschaften empfehlen daher regelmäßige Screenings: zunächst mit
Blutwerten und einfachen Scores, bei Auffälligkeiten ergänzt durch
Ultraschall oder Elastografie. „Herz und Leber altern gemeinsam mit dem
Stoffwechsel. Die Menopause ist der Moment, an dem Prävention neu ansetzen
muss“, betont die Präsidentin der DDG.
Therapie anpassen, Bewegung fördern
Hormonersatztherapien können den Stoffwechsel günstig beeinflussen, sind
aber keine allgemeine Lösung. Sie eignen sich vor allem bei ausgeprägten
Beschwerden und niedrigem Gefäßrisiko. Entscheidend ist eine individuelle
Risikoabwägung. „Wichtiger als Hormonersatzpräparate bleibt Bewegung“,
sagt Szendrödi. „Muskeltraining steigert die Insulinempfindlichkeit, senkt
Blutzucker und schützt Herz und Gefäße – nachhaltig und ohne
Nebenwirkungen.“
Was Frauen jetzt tun können
- Werte kennen: regelmäßige Kontrolle von Blutzucker, Blutfetten,
Blutdruck und Leberwerten
- Bewegen: 2–3-mal pro Woche gezieltes Muskeltraining, ergänzt durch
Ausdaueraktivitäten
- Ernährung: viel Gemüse, Ballaststoffe und pflanzliche Fette – wenig
Zucker und Fertigprodukte
- Schlafen und Stress meiden: erholsamer Schlaf und Stressabbau
unterstützen den Stoffwechsel
- Medizinische Beratung: bei Bedarf hormonelle Therapie individuell prüfen
lassen
Wissen schützt – und stärkt
„Wissen ist der erste Schritt zur Prävention“, fasst Szendrödi zusammen.
„Wer versteht, wie sich der Körper verändert, kann gezielt gegensteuern
und die Menopause als Chance nutzen. Sie ist ein Wendepunkt – und der
Beginn einer neuen Stärkephase.“
Im Rahmen der Kongress-Pressekonferenz hat die DDG aktuelle
wissenschaftliche Erkenntnisse zu Menopause und Diabetes sowie weitere
Aspekte der Frauengesundheit und ihres Zusammenhangs mit Diabetes
vorgestellt. „Ein besonderer Schwerpunkt der Diabetes Herbsttagung 2025
lag auch auf besonderen Lebensphasen, wie der Pubertät, Schwangerschaft
und Menopause, sowie der Wechselwirkung zwischen Hormonen und Diabetes“,
so Professor Dr. med. Karsten Müssig, Tagungspräsident der Diabetes
Herbsttagung 2025 und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin,
Gastroenterologie und Diabetologie am Franziskus-Hospital Harderberg der
Niels-Stensen-Kliniken.
Zur Pressemappe und dem Mitschnitt der Pressekonferenz:
https://www.ddg.info/pressekon
-diabetes-herbsttagung
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Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG):
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ist mit mehr als 9300 Mitgliedern
eine der großen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in
Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich
seit 1964 in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert
Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine
wirksamere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der
mehr als 9 Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind. Zu diesem
Zweck unternimmt sie auch umfangreiche gesundheitspolitische Aktivitäten.
