Irritierende Fotos & kritische Diskussion: Uni Hohenheim präsentiert Dialog-Projekt „Point of Kuh“
Di., 25.11.2025 um 18:30: Eröffnung des 7. Hohenheimer
Landwirtschaftsdialog mit Fotoausstellung und Vernissage im Audimax,
Garbenstraße 31, 70599 Stuttgart
Forschung und Praxis treffen Fotokunst & Gesellschaft: Im Zentrum des
Abends steht die Bilderserie „Milch-Matrix“ von Nikita Teryoshin. Der
preisgekrönte Dokumentarfotograf setzt sich darin kritisch mit dem Thema
Milchwirtschaft, Nutztierforschung und Tierversuchen sowie
Hochleistungskühen und deren Inszenierung auseinander
. Darin auch zu
sehen: die fistulierten Versuchskühe der Universität Hohenheim. Für das
Projekt „Point of Kuh“ wurden Teryoshins Bilder und Begleittexte durch
persönliche Statements von Studierenden, Professor:innen und
Mitarbeiter:innen der Universität Hohenheim ergänzt. Eingebettet ist die
Ausstellungseröffnung in den Hohenheimer Landwirtschaftsdialog, bei dem
Expert:innen aus Forschung und der Praxis das Thema Milchwirtschaft und
Tierhaltung aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten.
Ein Aussteller, der die Hautverletzung einer Kuh mit Autolack kaschiert,
eine preisgekrönte Hochleistungskuh auf rotem Teppich oder die
Versuchskühe der Universität Hohenheim auf der Weide: mit eigener Ästhetik
und ironischem Blick beschäftigt sich der renommierte Fotograf Nikita
Teryoshin mit unbekannten und unerwarteten Aspekten von Milchproduktion,
Milchviehhaltung und Nutztierforschung.
„Die Milchproduktion sieht lange nicht mehr aus, wie auf der grünen Weide
von der Milchverpackung. Mit Hilfe von Computertechnologie gelang es
deutschen Wissenschaftlern und Züchtern ein Tier zu „designen“, das bis zu
viermal mehr Milch produziert und „unerwünschte“ Merkmale wie Hörner nach
und nach verliert“, erklärt Fotograf Nikita Teryoshin.
„Meine Bilder fangen oft skurril anmutende Momente auf Messen und
Tierschauen, Auktionen und Labors ein und zeigen, wie der menschliche
Durst nach Kuhmilch gestillt wird und was das Tier dafür in Kauf nehmen
muss. Dabei soll auch das Verhältnis des Menschen zur Kuh kritisch
hinterfragt werden, ob auf der Farm, an der Uni oder vor dem Kühlregal.“
Besonderes Interesse für Hohenheimer Versuchskühe
Aus diesem Interesse heraus wandte sich Teryoshin 2024 auch an die
Universität Hohenheim mit dem Wunsch, die Hohenheimer Versuchskühe mit
sogenannter „Pansenfistel“ zu fotografieren. Dabei handelt es sich um eine
künstliche Öffnung mit Silikonverschluss an der Flanke der Kuh.
Wissenschaftlich lassen sich durch diesen Zugang zum Verdauungssystem eine
Reihe von Themen bearbeiten. Ein besonderer Schwerpunkt an der Universität
Hohenheim ist dabei die Wechselwirkung zwischen Kuh und den Abermillionen
Mikroorganismen in ihrem Verdauungstrakt. Diese Wechselwirkung bestimmt
unter anderem, welche Art von Futter die Kuh wie gut verwertet, ob dabei
Gase wie Methan entstehen, die das Klima beeinflussen, ob die Kuh anfällig
für Krankheiten ist oder ob sie sich insgesamt wohlfühlt.
Dabei führen auch die Versuchskühe ein normales Kuhleben mit Artgenossen
im Stall und auf der Weide. Sie bekommen Kälber, werden täglich gemolken
und lassen sich auch bei der Probennahme aus dem Pansen nicht vom Fressen
abhalten.
Foto-Anfrage führt zu campus-weitem Dialog-Projekt
„An der Universität Hohenheim waren wir schnell begeistert von den Bildern
von Herrn Teryoshin und von den Fragen, die er damit aufwirft. So entstand
die Idee, ihn einzuladen, die Fotoserie bei uns auszustellen“, berichtet
Prof. Dr. Claudia Bieling, eine der Organisatorinnen des Vortrags- und
Diskussionsabends.
„Vor allem wollten wir die Diskussion, die seine Bilder anstoßen, auf den
Campus holen. Wir haben deshalb innerhalb der Fakultät Agrarwissenschaft
dazu aufgerufen, eigene Assoziationen zu den Fotos und Begleittexte zu
verfassen“, ergänzt Co-Organisatorin Prof. Dr. Regina Birner.
„Als Rektor der Universität Hohenheim beeindruckt mich vor allem die
Vielfalt der teils fachlichen, teils sehr persönlichen Perspektiven“,
betont Rektor Prof. Dr. Christoph Schneider. So sähe eine Betrachterin in
einer Kuh auf rotem Teppich ein Symbol von „Verantwortung und Fürsorge für
das Tier“, ein anderer Betrachter sieht eine „Überspitzung des
Kapitalismus“ und „makabren Glamour“.
„Das Beispiel zeigt: Unsere Universität mit ihren 10.000 Mitgliedern ist
genauso vielseitig, wie unsere Gesellschaft. Umso wichtiger ist es, dass
wir auch hier die Debatten führen, die die Gesellschaft bewegen“, so der
Rektor.
7. Hohenheimer Landwirtschaftsdialog als Diskussionsforum
Die beste Gelegenheit dazu bietet der Eröffnungsabend im Rahmen des 7.
Hohenheimer Landwirtschaftsdialogs. Das etablierte Format vereint kurze
Impulsvorträge aus Wissenschaft und Praxis mit Fragen aus dem Publikum und
Meinungsbildern über Smartphone-Abstimmungen.
Der Hohenheimer Landwirtschaftsdialog „Point of Kuh“ beginnt am 25.
November 2025 um 18.30 Uhr im Audimax der Universität Hohenheim. Die
feierliche Ausstellungseröffnung mit Stehempfang folgt im Anschluss. Der
Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht notwendig. Vollständiges
Programm: https://www.uni-hohenheim.de/o
of-kuh-7-hohenheimer-landwirts
HINTERGRUND: Ausstellungsdauer und -orte
Die Universität Hohenheim präsentiert das Ausstellungsprojekt „Point of
Kuh“ bis 14. Januar 2026 an zwei Orten: im Foyer des Hohenheimer
Biologiezentrums (Garbenstr. 30, 70599 Stuttgart) und – mit reduzierter
Bildauswahl – im Foyer der Württembergischen Landesbibliothek (Konrad-
Adenauer-Str. 17, 70173 Stuttgart). Ab 25.11. lässt sich Point of Kuh
unter https://www.uni-hohenheim.de/p
Ausstellung besuchen.
HINTERGRUND: Nikita Teryoshin
Nikita Teryoshin (*1986 in Leningrad, heute St. Petersburg) lebt in Berlin
und arbeitet international. Seine oft ironisch-skurrilen Bilder leuchten
Hinterzimmer von Wirtschaft und Politik aus oder erforschen das Verhältnis
von Mensch und Tier. Teryoshin arbeitet u.a. für DIE ZEIT, Stern, Spiegel,
New York Times, Le Monde, VICE und WIRED. Seine Arbeiten wurden mehrfach
ausgezeichnet, unter anderem mit dem renommierten World Press Photo Award.
Kostproben: https://nikitateryoshin.com
HINTERGRUND: Tierversuche und Forschungszentrum HoLMiR
Die fistulierten Kühe dienen insbesondere zum Schwerpunkt der
Mikrobiomforschung an der Universität Hohenheim. Thema ist die bedeutende,
jedoch noch weitgehend unverstandene Wechselwirkung zwischen Lebewesen und
den Mikroorganismen, die insbesondere den Verdauungstrakt besiedeln. Um
diese Forschungslücke zu schließen, etablierte die Universität Hohenheim
das „Hohenheim Center for Livestock Microbiom Research (HoLMiR) mit zehn
Arbeitsgruppen und drei Forschungsgruppen geleitet von Forschenden früher
Karrierestufen. Mehr dazu: https://www.holmir.uni-hohenhe
Aufschluss über den Umfang der Tierversuche an der Universität Hohenheim
gibt die offizielle Versuchstiermeldung. Diese erfasst jedes Versuchstier,
an dem ein Tierversuch abgeschlossen wurde. Laut der jüngsten
ausgewerteten Versuchstiermeldung von 2023 waren dies genau 4.368 Tiere.
Die häufigsten Versuchstiere waren Hühner (72 %), gefolgt von Mäusen (14
%) und Siebenschläfern, die in freier Wildbahn markiert wurden (8 %).
Weitere Infos: https://www.uni-hohenheim.de/t
Zu den Pressemitteilungen der Universität Hohenheim
https://www.uni-hohenheim.de/p
