Zum Hauptinhalt springen

Neues Modell zur Polarlichter-Vorhersage

Pin It

Wann, wo und mit welcher Intensität ist das Auftreten von Polarlichtern
wahrscheinlich? Ein internationales Forschungsteam um Dr. Huiting Feng,
Dr. Dedong Wang und Prof. Yuri Shprits vom GFZ Helmholtz-Zentrum für
Geoforschung hat ein Modell für die Echtzeit-Vorhersage von Polarlichtern
entwickelt, das potenzielle Aurora-Ovale in Echtzeit und bis zu drei Tage
im Voraus berechnen kann. Die Studie dazu wurde im Fachmagazin im Journal
of Geophysical Research: Machine Learning and Computation veröffentlicht.
Eine entsprechende Applikation ist auf der Weltraumwetter-Website des GFZ
verfügbar.



Hintergrund Polarlichter

Auroras, auch bekannt als Nord- oder Polarlichter, gehören zu den
atemberaubendsten Naturschauspielen. Immer wieder sind sie in den
vergangenen Monaten auch in unseren Breiten, weit ab von den Polarregionen
zu sehen. Ursache hierfür sind starke Sonnenstürme, die im elfjährigen
Zyklus der Sonnenaktivität zurzeit häufiger auftreten. Die leuchtenden
Schleier aus grünem, rotem und violettem Licht entstehen am Himmel, wenn
energiereiche Teilchen, die von der Sonne ins Weltall geschleudert werden,
in einem komplexen Wechselspiel mit dem Erdmagnetfeld in die Erdatmosphäre
eintreten und dort Sauerstoff- oder Stickstoff-Moleküle zum Aussenden von
Licht anregen. Die Polarlichter treten vor allem in ovalen Regionen auf,
die sich um die geomagnetischen Pole herum befinden und als
Polarlichtovale bezeichnet werden. Die Position und Größe der
Polarlichtovale werden von der geomagnetischen Aktivität beeinflusst, der
Variation des schützenden Erdmagnetfeldes.

„Das Beobachten von Polarlichtern ist nicht nur ein magisches Erlebnis. Es
zeigt auch die starke Verbindung zwischen der Sonne und unserem Planeten,
die über Wärme und Licht hinausgeht: Polarlichter sind ein hervorragender
Indikator für die Überwachung und Vorhersage von „Weltraumwettereffekten“,
also für das Wirken von Teilchenströmen und elektromagnetischen Feldern im
erdnahen Weltraum. Sie können Satelliten stören, Navigations- und
Kommunikationssysteme beeinträchtigen und sogar Stromnetze auf der Erde
beeinflussen“, erläutert Dedong Wang, Arbeitsgruppenleiter in der GFZ-
Sektion „Weltraumphysik und Weltraumwetter“ und korrespondierender Autor
der Studie.

Vorhersage von Polarlichtern

Zur Vorhersage der Aurora-Aktivität haben Forschende des GFZ Helmholtz-
Zentrums für Geoforschung um Huiting Feng, Dedong Wang und Yuri Shprits
ein Echtzeit-Modell entwickelt. Es wendet Methoden des maschinellen
Lernens an und kombiniert zwei wichtige Messgrößen: Zum einen den Kp-
Index, ein Standardmaß für die globale geomagnetische Aktivität, das
ursprünglich vom GFZ vorgeschlagen wurde und nun auch vom GFZ vorhergesagt
wird. Zum anderen Satellitenbeobachtungen des DMSP SSUSI (Special Sensor
Ultraviolet Spectrographic Imager), der ultraviolette Bilder der Aurora
aus dem Weltraum aufnimmt. Dieser Ansatz ermöglicht genauere Vorhersagen
über die Lage und Intensität des Polarlichtovals.

Eine Echtzeitversion der Polarlichter-Vorhersage ist bereits auf der
Weltraumwetter-Website des GFZ verfügbar. Die Ergebnisse dieser Arbeit
wurden im Journal of Geophysical
Research: Machine Learning and Computation veröffentlicht.

Über die Autor:innen:

Erstautorin der Studie ist Dr. Huiting Feng. Die Forschung wurde während
ihres einjährigen Aufenthalts am GFZ im Jahr 2023 als Gastdoktorandin
unter der Betreuung von Prof. Yuri Shprits und Dr. Dedong Wang
durchgeführt. Seit dem 1. Juni 2025 forscht sie wieder am GFZ mit Shprits
und Wang in Sektion 1.5 „Weltraumphysik und Weltraumwetter“. Kürzlich
wurde ihr dafür ein Alexander-von-Humboldt-Forschungsstipendium für
Postdoktorand:innen verliehen, das von Prof. Yuri Shprits betreut wird.
Shprits ist Leiter der Sektion und zugleich Professor an der Universität
Potsdam.

Korrespondierender Autor der Studie ist Dr. Dedong Wang, der im Rahmen
eines ERC Consolidator Grant-Projekts WIRE des Europäischen Forschungsrats
(ERC) Wellen in der inneren Magnetosphäre und ihre Auswirkungen auf
Elektronen im Strahlungsgürtel um die Erde erforscht.

Apropos Alexander von Humboldt und Weltraumwetter:

„Alexander von Humboldt war derjenige, der in einer frühen Arbeit den
Begriff „geomagnetische Stürme” geprägt hat. Während seiner Studien über
die systematische Messung geomagnetischer Kräfte beobachtete er 1806 kurz
vor Weihnachten in Berlin eine Aurora – und deren Einfluss auf eine
Magnetnadel“, sagt Dedong Wang.

Quellen hierzu:

Federhofer, Marie-Theres: „Magnetische Ungewitter“ und „Erd-Lichter“:
Alexander von Humboldt und das Nordlicht, Zeitschrift für Germanistik,
Number 2 / 2014, pp. 267-281(15), DOI: https://doi.org/10.3726/92142_267

Die vollständigste aller bisherigen Beobachtungen über den Einfluß des
Nordlichts auf die Magnetnadel; angestellt von Herrn Alexander von
Humboldt zu Berlin am 20sten Dec. 1806. In: Annalen der Physik 29 (1808),
S. 425–429, Zitat S. 427.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Dedong Wang
Arbeitsgruppenleiter in Sektion 1.5 Weltraumphysik und Weltraumwetter
GFZ Helmholtz Zentrum für Geowissenschaften
Tel: +49 331 6264 1998
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Originalpublikation:
Huiting Feng, Dedong Wang, Yuri Y. Shprits, et.al., A Kp-Driven Machine
Learning Model Predicting the Ultraviolet Emission Auroral Oval, - Journal
of Geophysical Research – Machine Learning and Computation, 2, 2, DOI:
10.1029/2024JH000543.
https://doi.org/10.1029/2024JH000543