Innovationen für eine klimafreundliche Verfahrenstechnik: VIVET startet erste Projekte
Die Innovationscommunity VIVET („Verbund für Innovation in der
Verfahrenstechnik“) startet ihre ersten Projekte. Ziel ist es, die
Wettbewerbsfähigkeit und die Arbeitsplatzsicherung des regionalen
Produktionsstandorts für die Chemie- und Pharmabranche zu stärken. Dabei
werden technologische Lösungen entwickelt, die auf Effizienz,
Nachhaltigkeit und Innovation ausgerichtet sind. Bis zu fünf Millionen
Euro an Fördermitteln stehen für das Vorhaben zur Verfügung.
Die Technische Hochschule Mannheim ist Teil des Managementteams, das die
Community leitet, die im Rahmen der Bundesinitiative DATIpilot bis Ende
2028 mit bis zu fünf Millionen Euro gefördert wird. Beteiligt sind große
Chemieunternehmen der Kur- und Rheinpfalz, regionale KMU, Hochschulen und
Start-ups. Zu den Partnern gehören u. a. BASF SE, Merck KgaA, Evonik
Industries AG, F. Hoffmann-La Roche und Novartis Pharma GmbH.
Dieses Jahr starteten die ersten beiden Entwicklungsprojekte
Ein Projekt beschäftigt sich damit, chemische Prozesse energie- und
ressourcenschonender zu machen – speziell bei wichtigen Reaktionen wie
Oxidation und Reduktion. Statt im Labor langwierig Schritt für Schritt zu
experimentieren, nutzen die Forschenden digitale Modelle und Echtzeit-
Messungen. So können sie die Abläufe virtuell optimieren, bevor sie sie im
Labor testen. Das spart Zeit, Rohstoffe und macht den Übergang von kleinen
Versuchen zur großen Produktion sicherer und einfacher. Das Projekt
verbindet modernste Prozessmodellierung mit digitaler Analyse und cleverem
Datenmanagement, um chemische Verfahren schneller und nachhaltiger zu
entwickeln.
Ein weiteres Projekt widmet sich der spannenden Welt der
Algenbiotechnologie. Forschende untersuchen, wie Mikroalgen und
Cyanobakterien unter unterschiedlichen Bedingungen am besten gedeihen und
dabei wertvolle Stoffe produzieren. Ob mit Sonnenlicht, zusätzlichen
Nährstoffen oder ganz ohne Licht – die kleinen Alleskönner werden genau
beobachtet. Mithilfe moderner Technologien wie Künstlicher Intelligenz,
sensibler Messsysteme und biologischer Analysen wird erforscht, wie
Umweltfaktoren ihr Wachstum beeinflussen. Das Ziel: die natürlichen
Fähigkeiten der Algen besser verstehen und nutzen, um biotechnologische
Prozesse nachhaltiger, effizienter und zukunftsfähiger zu machen. Mögliche
Einsatzbereiche der entwickelten Technologie liegen in der Herstellung von
Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln sowie in pharmazeutischen und
medizinischen Anwendungen.
Die Innovationscommunity VIVET verfolgt das Ziel, einen grundlegenden
Wandel in der chemischen und biotechnologischen Prozessentwicklung
einzuleiten.
Während bisher überwiegend empirisch gearbeitet wurde, setzt VIVET auf die
Kombination aus Prozessmodellierung, Online-Analytik und integriertem
Datenmanagement. Auf diese Weise können Entwicklungsprozesse
systematischer, effizienter und transparenter gemacht werden. „Damit
entsteht ein Ansatz, der nicht nur den Wissenstransfer von der Forschung
in die Produktion beschleunigt, sondern auch den Einsatz von Energie und
Rohstoffen deutlich reduziert“, sagt Prof. Dr. rer. nat. Mathias Hafner,
Prorektor für Forschung, Technologietransfer und Internationalisierung an
der TH Mannheim. Konkret strebt VIVET an, die Entwicklungszeit in der
Prozessentwicklung um 50 Prozent zu verkürzen, die Kosten um 30 Prozent zu
senken sowie Rohstoff- und Energieeinsatz jeweils um 20 bzw. 30 Prozent zu
verringern. „Mit diesen Zielen leistet VIVET einen wichtigen Beitrag zur
Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Rhein-Neckar und zur
Transformation hin zu einer nachhaltigeren Produktion in der Chemie- und
Biotechnologieindustrie“, so Hafner weiter.
Offene Zusammenarbeit – schneller Transfer
Besonders ist die offene Struktur von VIVET: Alle Partner – von den
Hochschulen bis zum Großunternehmen – bringen ihre Ideen ein.
Projektentscheidungen trifft die Community gemeinsam und transparent.
Durch die offene Zusammenarbeit im Rahmen von Open Science entstehen
übertragbare Lösungen, die direkt in praktische Anwendungen überführt
werden können.
„Durch VIVET werden in einem co-kreativen Umfeld zwischen akademischer
Forschung und industrieller Anwendung hochwertige, praktikable und
relevante Lösungen erarbeitet. Die enge Abstimmung der beteiligten
Forscher, Entwickler und Anwender sorgt für zielgerichteten Fortschritt,
der sofort skalierbaren Nutzen erzeugt. Bei Merck erwarten wir neue
Impulse durch die integrierte Anwendung von Prozessanalysetechnik und
Prozessmodellierung in automatisierten Laboren, um die Qualitätssicherheit
und Ressourceneffizienz deutlich zu steigern,“ sagt Dr. Andreas Bamberg,
Executive Director bei Merck Electronics KGaA.
