Teuerung: Tendenz sinkend, noch für 6 von 9 Haushaltstypen leicht über Zielrate
Neue Werte des IMK Inflationsmonitors. Teuerung: Tendenz sinkend, noch für 6 von 9 Haushaltstypen leicht über
Zielrate – EZB sollte Spielraum für Zinssenkung nutzen. Die Inflationsrate in Deutschland ist im Oktober gegenüber September
leicht von 2,4 Prozent auf 2,3 Prozent gesunken. Damit nähert sie sich
langsam wieder dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von
2,0 Prozent.
Der Rückgang um 0,1 Prozentpunkte beruhte vor allem darauf,
dass sich der Preisauftrieb bei Lebensmitteln abschwächte. Von neun
verschiedenen Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl
unterscheiden, hatten im Oktober sechs eine haushaltsspezifische Teuerung
leicht oberhalb des EZB-Zielwerts. Alleinlebende und Paarfamilien mit
jeweils geringen Einkommen lagen dagegen mit je 1,8 Prozent
haushaltsspezifischer Teuerungsrate etwas darunter, Alleinerziehende mit
mittleren Einkommen genau bei 2,0 Prozent, zeigt der neue
Inflationsmonitor des IMK (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version
dieser PM; Link unten).*
Insgesamt reichte die Spannbreite der haushaltsspezifischen
Inflationsraten im Oktober von 1,8 bis 2,3 Prozent, der Unterschied lag
also bei relativ geringen 0,5 Prozentpunkten. Zum Vergleich: Auf dem
Höhepunkt der Inflationswelle im Herbst 2022 betrug die Spanne 3,1
Prozentpunkte. Während Haushalte mit niedrigen Einkommen, insbesondere
Familien, während des akuten Teuerungsschubs der Jahre 2022 und 2023 eine
deutlich höhere Inflation schultern mussten als Haushalte mit mehr
Einkommen, ist ihre Inflationsrate seit einiger Zeit etwas
unterdurchschnittlich. Im langfristigen Vergleich über die vergangenen
sechs Jahre hatten einkommensschwache Familien mit zusammengenommen 23,1
Prozent seit Oktober 2019 gleichwohl die höchste Teuerungsrate zu
verkraften. Das liegt daran, dass in ihren Warenkörben Güter des
Grundbedarfs wie Lebensmittel und Energie ein hohes Gewicht haben, die
nach der russischen Invasion in die Ukraine 2022 für längere Zeit die
stärksten Preistreiber waren. Familien mit mittleren Einkommen folgten mit
22,8 Prozent kumulierter Teuerung.
Dagegen war die Inflation bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen mit
21,0 Prozent im Gesamtzeitraum seit Oktober 2019 am niedrigsten, während
sie im Oktober 2025 mit 2,3 Prozent etwas höher lag als bei den anderen
Haushalten. Ein wichtiger Faktor dafür ist, dass die konsumstarken
Haushaltstypen mit hohen Einkommen stärker Dienstleistungen nachfragen,
die sich derzeit noch merklich verteuern, etwa
Versicherungsdienstleistungen und soziale Dienstleistungen.
Paarfamilien mit hohen Einkommen und Paare ohne Kinder mit mittleren
Einkommen verzeichneten im Oktober eine Inflationsrate von je 2,2 Prozent.
Bei Alleinlebenden mit mittleren und mit höheren Einkommen sowie bei
Paaren mit Kindern und mittleren Einkommen verteuerte sich der jeweilige
Warenkorb um je 2,1 Prozent.
Inflationslage entspannt, für 2026 und 2027 Unterschreitung des EZB-Ziels
erwartet
Auch wenn die Teuerungsrate im August und September zeitweilig gestiegen
war und sich bei Dienstleistungen weiterhin ein kräftiger Preisauftrieb
zeige, sei insgesamt „ein erneutes Aufflammen der Inflation nicht in
Sicht“, betont Dr. Silke Tober, IMK-Expertin für Geldpolitik und Autorin
des Inflationsmonitors. Die Teuerung in Deutschland und im Euroraum werde
nach dem Rückgang im Oktober im weiteren Jahresverlauf nahe am EZB-
Inflationsziel von 2,0 Prozent und 2026 sogar im Durchschnitt etwas
darunter liegen, erwartet die Ökonomin. Die Zentralbank selbst rechne auch
für 2027 mit einer Rate unterhalb ihres Zielwerts. Dabei spiele neben
anderen Faktoren auch eine Rolle, dass durch die US-Einfuhrzölle
Warenexporte aus China nach Europa umgelenkt und besonders günstig
angeboten würden.
Gleichzeitig belasteten ebenjene US-Zölle, weiterhin hohe Energiepreise
und die starke Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar die Konjunktur –
im ganzen Euroraum, aber insbesondere in Deutschland, dessen Wirtschaft
nach zwei Jahren Rezession in einer schwierigen Lage sei. Die EZB habe in
dieser Situation im Oktober „erneut eine Chance vertan, ihren
Zinssenkungsspielraum zu nutzen“ und für Entlastung zu sorgen. „Gegen die
hohen Energiepreise und US-Zölle kann die EZB wenig tun, es liegt aber in
ihrer Macht, der starken Euro-Aufwertung entgegenzuwirken und die
Binnennachfrage, insbesondere die Investitionen, zu stützen“, schreibt
Tober.
Langzeitvergleich: Lebensmittel um knapp 40 Prozent, Energie um 36 Prozent
teurer als im Oktober 2019
Das IMK berechnet seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten
für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der
Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden (mehr zu den Typen und
zur Methode unten). In einer Datenbank liefert der IMK Inflationsmonitor
zudem ein erweitertes Datenangebot: Online lassen sich Trends der
Inflation für alle sowie für ausgewählte einzelne Haushalte im Zeitverlauf
in interaktiven Grafiken abrufen (Link unten).
Zwar dürfte die in den Jahren 2022 und 2023 entstandene Kaufkraftlücke bei
den meisten Haushalten mittlerweile durch Lohnsteigerungen und
wirtschaftspolitische Entlastungen weitgehend geschlossen sein, analysiert
Tober. Unabhängig davon dokumentiert der längerfristige Vergleich von
Preisen, den die Forscherin ebenfalls anstellt, die seitdem stark erhöhten
Preisniveaus gerade von Waren des Grundbedarfs: Die Preise für
Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke lagen im Oktober 2025 um 39,9
Prozent höher als im Oktober 2019, also vor Pandemie und Ukrainekrieg.
Damit war die Teuerung hier mehr als dreimal so stark wie mit der EZB-
Zielinflation von kumuliert 12,6 Prozent in diesem Zeitraum vereinbar.
Energie war trotz der Preisrückgänge in den vergangenen beiden Jahren um
36 Prozent teurer als 2019, darunter Haushaltsenergie um 45,4 Prozent und
Kraftstoffe um 23,5 Prozent.
Informationen zum Inflationsmonitor
Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für
unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich
gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen –
von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu
Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die
haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den
Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor
werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit
zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro),
höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen;
Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600
Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro),
mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als
5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit
mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich.
Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.
