Leichter und sparsamer mobil DBU fördert umweltfreundliche Radherstellung
Im schwäbischen Aalen hat Ingenieur Ralf Bux den
Herstellungsprozess von PKW-Alurädern auf den Kopf gestellt. Der
Umweltentlastungseffekt ist enorm: Der Energiebedarf verringert sich um
die Hälfte, der an Rohmaterial um 25 Prozent. Dadurch ergeben sich auch
finanzielle Vorteile. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat das
neue, „Turbu-Druck-Gießen“ genannte Verfahren gefördert, das dem Gründer
des mittelständischen Unternehmens Entec-Stracon im März den Deutschen
Innovationspreis 2025 eingebracht hat. Bereits 2026 sollen Räder in Serie
gehen: Leichter, stabiler und ressourcenschonender auf der Straße als
bisher.
Alurad-Herstellung macht Leichtmetallräder deutlich leichter, stabiler und
fester als bisher
Ralf Bux gelang, was in der Räderproduktion vermeintlich stillstand: Er
revolutionierte die Alurad-Herstellung. Turbulenzarmes-
druckbeaufschlagtes-gießen heißt die Innovation, die viele Vorteile
gegenüber dem herkömmlichen Niederdruckgießen hat. „Die Leichtmetallräder
für PKW sind deutlich leichter, stabiler und fester als bisher“, sagt
Erfinder Bux über das Produkt. „Dadurch können Räder flexibel und
individuell gestaltet werden.“ Ein Verkaufsargument, denn auf ein
filigranes Design wird beim Autokauf zuweilen besonders geachtet. Stärker
fallen jedoch die Umweltentlastungen ins Gewicht: „Durch das Verfahren
reduziert sich der Energieverbrauch um die Hälfte“, so Bux. In einer
energieintensiven Branche wie der Räderherstellung habe das erhebliche
Einsparungen zur Folge. Der Ingenieur: „Mit unserer Herstellung benötigen
wir pro Rad 57 Kilowattstunden statt wie üblich 114.“ Pro Jahr können mit
nur einer Gießmaschine mehr als 150.000 Räder hergestellt werden. „Die
Einsparung beträgt damit pro Jahr rund neun Gigawattstunden Strom“, so
Bux. Das entspräche ihm zufolge einem Energiebedarf von mehr als 2.200
Vier-Personen-Haushalten.
Zugleich verringere sich nach seinen Worten im entsprechenden Maße der
Treibhausgas-Ausstoß. Und: Seine Firma Entec-Stracon verzichtet beim
Prozess auf klimaschädliche Energieträger wie Gas. Im Zuge des
Klimawandels und der immer schärferen Grenzwerte im PKW-Bereich ist die
Branche angehalten, entstehende Emissionen stetig weiter zu verringern.
Mehr noch: „Marktanalysen zeigen, dass Automobil-Leichtmetallräder
zunehmend beliebter werden. Ein Grund sind die durch Leichtbau reduzierten
Energiekosten“, so DBU-Fachreferent Dr. Michael Schwake. Bei immer
größeren PKW und schweren Batterien in der Elektromobilität zahle es sich
aus, wenn einzelne Bauteile leichter werden. Schwake weiter: „Insgesamt
können mit diesem Vorhaben viele relevante Potenziale erschlossen werden.“
Radherstellungsprozess auf den Kopf gestellt – Einsatz von 100 Prozent
Recyclingmaterial
Mit 25 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet der Radentwicklung und einer
vollkommen neuen Idee stellte Bux den Herstellungsprozess auf den Kopf. Er
erklärt: „Beim Turbu-Druck-Gießen schießt die Aluminium-Legierung
innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde unter hohem Druck seitwärts in
die Form.“ Der Vorteil: „Das Material hat aufgrund der hohen
Geschwindigkeit und der extrem niedrigen Werkzeugtemperatur nach der
Erstarrung deutlich kleinere Korngrößen und deshalb eine höhere Festigkeit
und Dehnung“, so Bux, der zuvor zehn Jahre als Entwicklungs-Ingenieur bei
Mercedes gearbeitet hat. Beim herkömmlichen Niederdruckgießen fließt die
geschmolzene Aluminium-Legierung von der Mitte aus in die Form und
verteilt sich mithilfe der Schwerkraft. Nach dem Abkühlen folgt ein
Zerspanungsprozess, das heißt überschüssiges Material wird abgetrennt und
es fallen Späne an – minderwertiges Sekundärmaterial. Bux: „Beim Turbu-
Druck-Gießen sind durch das konturnahe Gießen dünnwandige Querschnitte
möglich bei minimalem Nachbearbeitungsaufwand.“ Eine aufwendige
mechanische Bearbeitung wie bei herkömmlichen Rädern entfalle dadurch.
Sekundärmaterial entsteht laut Bux allenfalls durch Anguss und Überläufe,
doch das sei höherwertig. „Deshalb kann es beim nächsten Guss wieder
eingesetzt werden“, so der Erfinder. Der Prozess kann nach seinen Worten
mit 100 Prozent Recyclingmaterial umgesetzt werden, was mit Blick auf
Ressourceneffizienz einen deutlichen Mehrwert bietet.
Qualitätskontrolle und Echtzeitüberwachung revolutioniert
Bux hat zugleich die Qualitätskontrolle revolutioniert: Vor dem Guss und
nach dem Erkalten wird die Metalllegierung genau gewogen, eine Sensorik
prüft das Rad nach dem Abschrecken auf Porosität. „Durch hunderte Sensoren
werden alle prozessrelevanten Parameter in allen Bereichen in Echtzeit
erfasst und zentral dokumentiert“, so Bux. Neben diesen tausenden
Parametern wird das neue Verfahren permanent überwacht und gesteuert –
anders als beim Niederdruckguss. „Diese ganzheitliche Qualitätskontrolle
bereits beim Gießen ist ein enormer Vorteil beim Turbu-Druck-Gießen“, so
DBU-Fachreferent Schwake. Wenn sich die Qualität während des Prozesses
verschlechtere, könne gezielt gegengesteuert werden. Schwake: „So entsteht
erst gar kein Ausschuss und Energie- und Ressourcenverbrauch verringern
sich zusätzlich.“
Erste Fahrzeuge von namhaften Automobilherstellern mit Turbudruck-
Leichtmetallrädern
Bei allen Gießversuchen wurden Leichtmetallräder in unterschiedlichen
Ausführungen erzeugt und auf den Prüfständen im direkten Vergleich zum
Straßeneinsatz getestet. Nun gibt es zeitnah erste Fahrzeuge von namhaften
Automobilherstellern wie BMW und Mercedes, die mit dieser Technologie
produzierten Leichtmetallrädern ausgestattet werden. Laut Bux sagen
Fahrzeughersteller, dass langfristig Niederdruckgießen komplett durch
Turbu-Druck-Gießen ersetzt werden soll.
