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Mehrheit der Deutschen kennt neue digitale Verbraucherrechte nicht

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Eine aktuelle Studie warnt vor einem Misserfolg von
Verbraucherrechtsreformen durch Informationslücken. Die repräsentative,
vom Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb durchgeführte
Befragung hat ergeben, dass mehr als die Hälfte der Erwachsenen in
Deutschland gesetzliche Verbraucherrechte, die ihnen innovative
Dienstleistungen und IT-Sicherheit ermöglichen, nicht kennt. Einige
Bevölkerungsgruppen sind jedoch systematisch besser informiert. Die Studie
empfiehlt gezielte Informationskampagnen.



- Mehrheit kennt neue digitale Verbraucherrechte nicht: Über 50 % der
Deutschen wissen nicht, dass Banken beim Kontowechsel Daten teilen müssen;
73 % kennen ihr Recht auf Sicherheitsupdates nicht.

- Informationslücken gefährden Reformziele: Fehlendes Wissen untergräbt
Wettbewerb, Innovationsanreize und die Wirksamkeit der jüngsten EU-
Verbraucherschutzreformen.

- Bestimmte Gruppen besser informiert: Trendaffine Menschen, Männer sowie
je nach Szenario weitere spezifische Gruppen schneiden systematisch besser
ab.

- Klarer Handlungsbedarf: Die Studie empfiehlt gezielte
Informationskampagnen, um die neuen Rechte bekannt zu machen und ihre
positiven wirtschaftlichen Effekte zu sichern.

Es wurden zwei Alltagsszenarien untersucht, deren Rechtsgrundlage in den
letzten Jahren reformiert wurde. In beiden Szenarien hat der europäische
Gesetzgeber das Ziel, den Verbraucherschutz zu stärken, und gleichzeitig
Innovationen aktiv zu fördern und letztlich den Wettbewerb zu stärken. Die
Digitalisierung von Geschäftsprozessen stellt Verbraucherinnen und
Verbraucher vor neue Herausforderungen, denen nunmehr mit Rechten begegnet
wurde. Die Studie dokumentiert jedoch eine mangelnde Bekanntheit der
Neuerungen. Es besteht die Gefahr, dass die vom Gesetzgeber intendierten
Effekte ausbleiben.

Kontowechselservice

Gemäß der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2), die 2018 in deutsches
Recht implementiert wurde, sind Banken dazu verpflichtet, Kontodaten über
Schnittstellen für andere Bezahl- und Informationsdienstleister zu öffnen.
Das soll etwa den Kontowechsel erleichtern. Insgesamt sollten damit
Innovationen im Finanzbereich gefördert und der Wettbewerb gestärkt
werden.

Zu beantworten war in der Umfrage: „Angenommen, Sie wollen Ihr Bankkonto
wechseln: Muss Ihre aktuelle Bank auf Anfrage Ihre Kontodaten mit der
neuen Bank teilen?“ Die richtige Antwort lautet „Ja“.

Rund 50 % der Befragten haben jedoch falsch geantwortet. Die Analyse
zeigt, dass manche Bevölkerungsgruppen systematisch besser informiert
sind. Dazu zählen Menschen, die sich für neue Trends interessieren,
Besserverdienende, Landbewohner und Männer. Der Familienstand, der
Migrationsstatus, das Alter und der Bildungsstand der Befragten wurden
ebenfalls überprüft, jedoch beeinflussten diese vier Merkmale das
Antwortverhalten nicht statistisch signifikant.

Nichtwissen ist nachteilig für Wettbewerb und Innovation. Beispielsweise
könnten Inhaberinnen und Inhaber von Bankkonten die Kosten des
Kontowechsels als zu hoch einschätzen und daher auf einen Kontowechsel
verzichten oder neue Dienstleistungen nicht nutzen. Neue innovative
Unternehmen, die diese geringe Wechselbereitschaft antizipieren, bleiben
dem Markt fern. So erhält Nichtwissen Markteintrittsbarrieren aufrecht.

Sicherheitsupdates für Laptops

Gemäß der im Jahr 2022 in deutsches Recht implementierten Digitale-
Inhalte-Richtlinie müssen Händler für elektronische Geräte, darunter
Laptops, Sicherheitsupdates bereitstellen. Andernfalls gilt das Gerät als
defekt und Käufer können gesetzliche Gewährleistungsansprüche geltend
machen.

Die Frage lautete: „Angenommen, Sie haben letztes Jahr einen neuen Laptop
gekauft: Muss der Verkäufer Ihnen aktuelle Sicherheitsupdates zukommen
lassen?“ Die richtige Antwort lautet „Ja“.

Rund 73 % der Befragten haben falsch geantwortet. Auch hier sind manche
Bevölkerungsgruppen systematisch besser informiert. Dazu zählen Menschen,
die sich für neue Trends interessieren, Unter-40-Jährige, Deutsche mit
Migrationshintergrund, Ausländer, Männer und auch Eltern von Kindern.
Überprüft wurden auch das Haushaltseinkommen, der Wohnort und der
Bildungsstand. Diese drei Merkmale beeinflussen das Antwortverhalten
jedoch nicht statistisch signifikant.

Es besteht die Gefahr, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ihr Recht
nicht wahrnehmen und höhere Kosten oder defekte Geräte in Kauf nehmen.
Daher ist Nichtwissen nachteilig für die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt,
denn das Recht auf Sicherheitsupdates korreliert mit erhöhter Nachfrage
und erhöhten Innovationsanreizen.

Handlungsbedarf

Auch wenn das Problem, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Rechte
nicht kennen, bekannt ist, so bestätigt die Studie den dringenden
Handlungsbedarf auch in diesen Beispielfällen. Um positive Effekte zu
erzielen, empfehlen die Autoren die bereits bestehenden kollektiven
Durchsetzungsmechanismen durch gezielte Informationskampagnen zu ergänzen,
die Bürgerinnen und Bürgern diese Rechte vermitteln. Dass auch die
Technologie selbst hier einen Beitrag leisten kann, ist Teil der
weiterführenden Forschung des Instituts.

Autoren der Studie sind:
Michael E. Rose, Ph.D., Senior Research Fellow
Jörg Hoffmann, Senior Research Fellow
Prof. Dietmar Harhoff, Ph.D., Direktor am Max-Planck-Institut für
Innovation und Wettbewerb

ÜBER DAS MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR INNOVATION UND WETTBEWERB

Das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb betreibt juristische
und ökonomische Grundlagenforschung zu Innovations- und
Wettbewerbsprozessen und ihrer Regulierung. Im Mittelpunkt der Forschung
stehen Anreize und Determinanten für Innovation sowie deren Implikationen.
Mit einem herausragenden internationalen Forschungsteam und einer
exzellenten wissenschaftlichen und administrativen Infrastruktur,
einschließlich der renommierten Bibliothek, ist das Institut Anlaufstelle
für Akademikerinnen und Akademiker aus aller Welt und fördert aktiv den
wissenschaftlichen Nachwuchs. Durch das Engage­ment in der
wissen­schaft­lichen Aus­bildung unter­stützt das Institut For­schen­de am
Beginn ihrer wissen­schaf­tlichen Lauf­bahn und fördert den
Wissens­aus­tausch in Zusammen­arbeit mit nationalen und inter­na­tionalen
Insti­tutionen. Es informiert und berät im juristischen und ökonomischen
Diskurs auf unparteiischer Grundlage. Als unabhängige
Forschungseinrichtung stellt das Institut evidenzbasierte
Forschungsergebnisse für Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und
Öffentlichkeit zur Verfügung.

Zum Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb:
https://www.ip.mpg.de/de/