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Nahwärme in kleinen Kommunen: Mit lokalen Energiequellen heizen

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Auch kleine Kommunen können Wärmenetze umsetzen und dabei lokale
Energiequellen nutzen – etwa Solar- und Geothermie oder unvermeidbare
Abwärme. Know-how für kleinere Kommunen ohne eigenes Stadtwerk: Im
Forschungsprojekt Suburbane Wärmewende zeigen das Institut für ökologische
Wirtschaftsforschung (IÖW), die Technische Universität Berlin und das
Umweltzentrum Stuhr-Weyhe, wie Wärmenetze umgesetzt werden können.


Ergebnisse aus der niedersächsischen Gemeinde Weyhe und Befragungen mit
weiteren Pilotkommunen verdeutlichen: Nachfrage vor Ort und der richtige
Zeitpunkt sind entscheidend, ebenso wie die Wahl des richtigen
Betreibermodells.

Berlin, 24. November 2025 – Viele Kommunen in Deutschland wollen neue
Wärmenetze umsetzen. Mit ihnen lassen sich lokale erneuerbare
Energiequellen nutzen, etwa Erdwärme, Solarthermie oder Biomasse. Damit
Nahwärme wirtschaftlich umsetzbar ist, braucht es jedoch einen geeigneten
Netzbetreiber und genügend Gebäudeeigentümer*innen, die sich ans Wärmenetz
anschließen lassen wollen. Wie dies auch für kleinere Kommunen ohne
eigenes Stadtwerk gelingen kann, zeigen das Institut für ökologische
Wirtschaftsforschung (IÖW), die Technische Universität Berlin (TUB) und
das Umweltzentrum Stuhr-Weyhe im Projekt Suburbane Wärmewende 2.

Mit Handreichungen helfen sie Kommunen dabei, Herausforderungen frühzeitig
mitzudenken und ein Betreibermodell zu wählen. Das vom
Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) geförderte Projekt begleitet die
niedersächsische 32.000-Einwohner-Gemeinde Weyhe im Bremer Speckgürtel bei
der Planung eines Wärmenetzes und wertete zudem Erfahrungen weiterer
Kommunen aus, die bereits Nahwärmenetze umgesetzt haben.

Wenig Erfahrungen mit Wärmenetzen in kleinen Kommunen

Alle Kommunen in Deutschland müssen bis spätestens 2028 – teils schon 2026
– einen Wärmeplan erstellen. Eine zentrale Aufgabe hierbei ist es, Gebiete
zu identifizieren, die sich für eine Versorgung mit klimaneutralen
Wärmenetzen eignen. Energieökonom Janis Weber vom IÖW weiß aus Gesprächen
mit Praxisakteuren, dass kleine Städte und Dörfer bislang nur wenig
Erfahrung mit Wärmenetzen haben. „Gerade Kommunen ohne eigenes Stadtwerk
stehen vor großen Herausforderungen bei der Umsetzung von Nahwärmenetzen:
Das reicht von der Suche nach einem geeigneten Betreiber über die
Entwicklung eines technischen Konzepts und bauliche Fragen bis hin zur
Akzeptanz der Bürger*innen“, so Weber.

Die Nachfrage vor Ort ist entscheidend

Oft beginnt die Umsetzung eines Wärmenetzes mit einer kleinen Gruppe oder
einer einzelnen Person in der Gemeinde, die sich für ein lokales Wärmenetz
einsetzt. „Kommunen sollten bürgerschaftliches Engagement für Wärmenetze
unbedingt aufgreifen“, empfiehlt Weber, der zusammen mit dem
Forschungsteam Pilotkommunen und weitere Akteure wie Projektierer oder
Energieagenturen befragt hat. „Für die erfolgreiche Umsetzung braucht es
engagierte Personen, die an zahlreiche Haustüren klopfen, um für die Idee
zu werben.“

Anschließend sind Formate wie Informationsveranstaltungen, Befragungen,
Kellerbegehungen und Beratungsangebote nötig, um herauszufinden, ob es im
potenziellen Versorgungsgebiet eine ausreichende Nachfrage für Nahwärme
gibt. Denn die Wirtschaftlichkeit von Wärmenetzen steht und fällt mit der
Anschlussquote der Gebäude im Gebiet.

Nahwärme kann sich besonders für ältere Häuser rechnen

Am Fallbeispiel der Gemeinde Weyhe errechneten die Forschenden, für welche
Haushalte es sich lohnt, mit Nahwärme zu heizen. Fazit: Ob eher eine
eigene dezentrale Anlage wie eine Wärmepumpe oder der Anschluss an ein
Nahwärmenetz günstiger ist, hängt insbesondere von Größe, Baualter und
energetischem Zustand des Gebäudes ab. Vor allem für ältere Gebäude mit
hohen Temperaturanforderungen kann ein Anschluss ans Wärmenetz vorteilhaft
sein.

Den richtigen Zuschnitt finden – Beispiel Weyhe

„Weyhe will bis 2035 klimaneutral sein, dafür spielt die Wärmewende eine
entscheidende Rolle“, sagt Dr. Kirstin Taberski, Klimaschutzmanagerin in
Weyhe. Seit 2017 arbeitet die Gemeinde mit Forschenden aus dem Projekt
Suburbane Wärmewende an einem Konzept für ein finanziell tragfähiges
Wärmenetz. Im Untersuchungsgebiet, dem Ortskern von Leeste, kamen zu
Beginn verschiedene lokale Wärmequellen infrage: Abwasserwärme,
Grünschnitt für einen möglichen Biomasse-Heizkessel und Erdwärmesonden,
die unterhalb des Sportplatzes installiert werden könnten. Auch eine
Nutzung von mitteltiefer Geothermie wird aktuell geprüft.

Mit Umfragen vor Ort fanden die Forschenden heraus, dass sich mehr als die
Hälfte der Haushalte im Untersuchungsgebiet für ein klimaneutrales
Wärmenetz interessieren, wobei auch Vorbehalte etwa gegenüber der Nutzung
von Biomasse geäußert wurden. Der richtige Startzeitpunkt wäre in einigen
Jahren, wenn für mehrere Haushalte ohnehin ein Heizungswechsel ansteht.
Wirtschaftlich umsetzbar ist das Wärmenetz vor allem in den dicht
besiedelten Bereichen rund um das Schulgelände. Von dort aus ließe sich
das Wärmenetz Schritt für Schritt erweitern – so die Grundidee des
Vorhabens.

„Die Projektergebnisse fließen in die kommunale Wärmeplanung ein und
liefern wertvolle Grundlagen, damit Weyhe im Wärmebereich weiteren
Treibhausgasausstoß vermeiden kann“, so Taberski.

Wer baut und betreibt das Netz?

„Vielen kleineren Kommunen fehlen neben Erfahrungen mit Wärmenetzen vor
allem die finanziellen Mittel oder Infrastrukturen – etwa ein eigenes
Stadtwerk – um solche Projekte eigenständig umzusetzen“, erklärt Tidian
Baerens, Nachhaltigkeitswissenschaftler am IÖW. „Deshalb zögern viele
Kommunen, den Bau und Betrieb eines Wärmenetzes in Eigenregie anzugehen.“
In einer Handreichung des Projekts stellt der Wissenschaftler verschiedene
geeignete Betreibermodelle vor, die Kommunen neue Handlungsspielräume
eröffnen. „Anstatt die zukünftige Wärmeversorgung vollständig an einen
meist gewinnorientierten Energieversorger auszulagern und damit
Steuerungsmöglichkeiten aus der Hand zu geben, können sich Kommunen mit
geeigneten Partnern zusammenschließen und deren Stärken für die gemeinsame
Wärmewende nutzbar machen“, so Baerens.

In einer Wärmenetzgesellschaft etwa kann die Kommune Stimmrechte behalten,
während Partner wie Bürgerenergiegenossenschaften, benachbarte Stadtwerke
oder private Unternehmen zusätzliches Kapital, technisches Know-how und
Umsetzungserfahrung einbringen. So entstehen bürgernahe und tragfähige
Modelle, die lokale Wertschöpfung sichern und gleichzeitig die Wärmewende
vor Ort voranbringen.

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Über das Projekt:

Das Projekt Suburbane Wärmewende begleitet seit 2017 die Gemeinde Weyhe in
Niedersachen dabei, ein innovatives, wirtschaftlich tragfähiges Wärmenetz
im Ortskern Leeste zu entwickeln. Die Technische Universität Berlin (TUB)
leitet das Projekt, weitere Partner sind das Institut für ökologische
Wirtschaftsforschung (IÖW) und der Verein Umweltzentrum Stuhr-Weyhe
(UZSW). In zwei Projektphasen untersuchte das Forschungsprojekt technische
und wirtschaftliche Aspekte, darunter Netzkonzepte, eine optimierte
Betriebsführung und Kostenstrukturen. Zudem wurden unterschiedliche
Partizipationsformate zur Aktivierung, Information und Beteiligung lokaler
Stakeholder und der Anwohnenden erprobt.

http://www.ioew.de/subww2

Handreichungen und Pressegrafik:

• Wärmenetze umsetzen: Was ist bei Planung, Bau und Betrieb zu beachten?
https://www.ioew.de/subww2-infoblatt1
• Wärme, die verbindet: Betreiberstrukturen und Kooperationsmodelle für
Wärmenetze in Kommunen. https://www.ioew.de/subww2-infoblatt2
• Ein Wärmenetz für Weyhe: Erkenntnisse des Projekts Suburbane Wärmewende.
https://www.ioew.de/subww2-infoblatt3
• Pressegrafik (png, 140 KB)
https://www.ioew.de/fileadmin/user_upload/DOKUMENTE/Pressemitteilungen/2025/Schaubild_Nahwaermenetz_Suburbane_Waermewende_IOEW_2025.png
• Alternativtext zum Bild (docx, 13 KB)
https://www.ioew.de/fileadmin/user_upload/DOKUMENTE/Pressemitteilungen/2025/Alternativtext_zum_Schaubild_Nahwaermenetz.docx