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Künstliche Intelligenz in der Medienbranche: Weichenstellung für Europas Zukunft

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Auf Einladung des Fraunhofer IAIS und des französischen Institut national
de recherche en sciences et technologies du numérique INRIA trafen sich
führende Expertinnen und Experten aus Medienunternehmen, Technologie- und
Forschungsinstitutionen bei RTL Deutschland. Beim »French-German Media
Industry AI Day« diskutierten sie zentrale Zukunftsfragen: Wie sichern wir
digitale Souveränität in Europa? Welche Vor- und Nachteile bietet die
Entwicklung branchenspezifischer KI-Modelle für Verlage und Rundfunk? Wie
können rechtliche Rahmenbedingungen innovationsfreundlich gestaltet werden
und Desinformation und Missbrauch journalistischer Inhalte verhindert
werden?



Künstliche Intelligenz stellt die Medienbranche vor zwei zentrale
Herausforderungen: Einerseits werden urheberrechtlich geschützte Inhalte
von KI-Systemen ohne Vergütung genutzt. Andererseits untergraben KI-
Anbieter die Geschäftsmodelle vieler Medienunternehmen, indem sie KI-
generierte Zusammenfassungen anbieten, so dass die Artikel der
Medienhäuser selbst weniger oder nicht mehr gelesen werden – das gefährdet
zudem die Grundlage freier Medien. Für Verlage und Sender entsteht so eine
doppelte Verlustsituation. Gleichzeitig sind hochwertige Mediendaten
essenziell für die Entwicklung von wettbewerbsfähigen und
vertrauenswürdigen KI-Modellen.

Gastgeber Carsten Schwecke, Chief Commercial Officer und verantwortlich
für alle kommerziellen, technologischen sowie daten- & KI-basierten
Aktivitäten bei RTL Deutschland, betonte in seiner Keynote: »Europa
braucht ein starkes, souveränes und unabhängiges Medienökosystem – gerade
in Zeiten, in denen Künstliche Intelligenz die Regeln des digitalen
Wettbewerbs neu schreibt. Wenn internationale Plattformen unsere
journalistischen Inhalte ohne Zustimmung oder Vergütung für ihre KI-
Modelle nutzen, geht es nicht nur um wirtschaftliche Interessen, sondern
um die Grundlage demokratischer Öffentlichkeit. Deutschland und Frankreich
haben gemeinsam die Kompetenz, Verantwortung und den kulturellen Auftrag,
eine Alternative zu diesem Ungleichgewicht zu schaffen: durch klare Regeln
für Urheber- und Leistungsschutzrechte, vertrauenswürdige, europäische KI-
Modelle und eine innovationsfreundliche Regulierung. Unser Ziel ist es,
redaktionelle Inhalte zu schützen und zu fördern, Meinungsvielfalt zu
sichern und gleichzeitig Innovation zu entwickeln – damit europäische
Medienhäuser auch in der KI-Ära unabhängig bleiben, Vielfalt sichern und
ihre zentrale Rolle für eine informierte, demokratische Gesellschaft
erfüllen können.«

Stefan Heijdendael, Advisor Public Affairs bei NDP Nieuwsmedia, stellte
als Best-Practice-Beispiel ein niederländisches KI-Modell vor, das mit
lizenzierten Pressedaten trainiert und in ein faires Vergütungssystem
eingebunden wurde. Während Heijdendael den Vorteil von Closed-Source-
Modellen hervorhob, um die Interessen der Verlage zu schützen, stellte Dr.
Nicolas Flores-Herr, Teamleiter Foundation Models und GenAI Systems am
Fraunhofer IAIS, aktuelle europäische Projekte zum Training von KI-
Modellen vor, die mittels Open-Source-Ansatz Innovationen befeuern und
Zusammenarbeit stärken sollen. Im Rahmen der folgenden Break-Out-Sessions
wurden die wichtigsten organisatorischen, politischen und technischen
Herausforderungen sowie Lösungsansätze diskutiert:

Schutz von Geschäftsmodellen, Etablierung eines fairen Entlohnungssystems

Die teilnehmenden Verlage und Sender fordern den Schutz ihrer
Geschäftsmodelle und Medieninhalte – etwa durch technische Maßnahmen wie
das effektive Blockieren von Daten-Crawlern und die Einführung von
Monitoring-Systemen, um die unerlaubte Nutzung von Inhalten zu verhindern
und Verstöße nachweisen zu können. Weiterhin wünschen sie sich ein
Lizenzsystem, das sie dafür entlohnt, wenn KI-Modelle mit ihren Daten
trainiert werden. Im europäischen Medien-Ökosystem fehle bisher ein
gemeinsames Verständnis für die Vergütung von Medieninhalten.

Digitale Souveränität und innovationsfreundliche Regulierung

Von der Politik wünschen sich die Teilnehmenden sowohl auf nationaler als
auch auf europäischer Ebene eine stärkere Unterstützung, etwa durch die
Nutzung und Förderung EU-konformer KI-Modelle. Darüber hinaus wurde der
Aufbau europäischer Alternativen – etwa in Form von KI-Plattformen mit
diversen Medieninhalten und Links zu Originalquellen – diskutiert. Zudem
sollten KI-generierte Zusammenfassungen reguliert und die rechtliche
Situation rund um Text- und Data-Mining (TDM) schnell geklärt werden. Ein
zentrales Anliegen war außerdem die Transparenz beim Training von KI-
Modellen: Es müsse nachvollziehbar sein, welche Datensätze verwendet
werden, und Opt-Out-Regelungen müssten respektiert werden.

Zugang zu Infrastruktur und hochwertigen Daten

Diskutiert wurde zudem die Entwicklung eigener europäischer Large Language
Models (LLM) und Foundation Models speziell für den Mediensektor, die auf
den Daten von Verlagen und Sendern aufbauen könnten. Um im internationalen
Wettbewerb bestehen zu können, wäre eine stärkere Zusammenarbeit
bestehender europäischer Tech-Teams hilfreich. Voraussetzung dafür sei die
Verfügbarkeit von hochwertigen, möglichst menschlich kuratierten Daten
sowie der Zugang zu geeigneter Cloud-Infrastruktur und die Integration von
Nutzererfahrungen. Darüber hinaus sollten auch wirtschaftliche
Fragestellungen – etwa zur Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle und
zur monetären Bewertung von Inhalten – künftig stärker in
Forschungsansätze einfließen.

Abschließend wurde die Sicherung von Medienvielfalt, Demokratie und
Pressefreiheit durch KI-Lösungen, die Pluralismus und Meinungsvielfalt
fördern, als gesellschaftliche Kernaufgabe identifiziert – ein
geschlossenes Vorgehen der Branche sowie ein intensiver Stakeholder-Dialog
seien dafür essenziell. Dr. Joachim Köhler, Abteilungsleiter am Fraunhofer
IAIS, fasst zusammen: »Die europäische Medien- und Technologiebranche
steht vor der Herausforderung, innovative KI-Lösungen zu entwickeln, die
sowohl die Interessen der Rechteinhaber als auch die Anforderungen an
Transparenz und Qualität erfüllen. Wir möchten Wege ausloten, wie ein
ausgewogenes und innovationsfreundliches Ökosystem für Foundation Models
in Europa entstehen kann – durch die enge Zusammenarbeit von Forschung,
Industrie und Medienhäusern.«

Ausblick: Präsentation der Ergebnisse und nächste Schritte

Der »French-German Media Industry AI Day« fand im Nachgang des ersten
»French-German AI Industry Executives’ Dialogue« – organisiert vom
Fraunhofer-Verbund IUK-Technologie und INRIA mit Unterstützung von
Institut Mines-Télécom (IMT) – statt. Ziel ist es, in verschiedenen
Sektoren Partnerschaften und Kollaborationen aufzubauen und eine
gemeinsame KI-Initiative in Europa voranzubringen. Die Ergebnisse der
insgesamt sieben Branchen-Workshops werden vom 25. bis 26. November 2025
auf dem Adopt AI International Summit in Paris vorgestellt. Folge-
Workshops und weitere Ergebnis-Präsentationen sind bereits in Planung, u.
a. beim »2nd AI Executive Dialogue« 2026 in Paris.

Originalpublikation:
https://www.iais.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/presseinformationen-2025/Kuenstliche_Intelligenz_in_der_Medienbranche.html