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Nationales Referenzlabor am JKI bestätigt Erstauftreten der Flavescence dorée-Krankheit an Rebe in Baden-Württemberg

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Die eingeschleppte Amerikanische Rebzikade überträgt den meldpflichtigen
Quarantäneschadorganismus. Weil Krankheitserreger und Überträgerinsekt
erstmals gemeinsam in einem deutschen Weinbaugebiet aufgetreten sind,
ergreifen Behörden nun Maßnahmen, um die weitere Ausbreitung und Schäden
für den Weinbau zu verhindern.

(Siebeldingen/Dossenheim) Der Erreger der Rebenkrankheit Flavescence
dorée, auch Goldgelbe Vergilbung genannt, ist ein zellwandloses Bakterium,
ein so genanntes Phytoplasma, welches von der EU wegen seines hohen
wirtschaftlichen Schadpotenzials als Quarantäneschadorganismus eingestuft
ist. Damit ist das Auftreten der Infektion in deutschen Rebflächen
meldepflichtig. Befallene Rebstöcke müssen gerodet werden, um die
Infektionsquelle zu entfernen. Zusätzlich muss das eingeschleppte
Vektorinsekt bekämpft werden, welches das zellwandlose Bakterium von einem
Rebstock auf den nächsten überträgt.

Das Überträgerinsekt ist die aus Nordamerika stammende Zwergzikadenart
Scaphoideus titanus. Diese Amerikanische Rebzikade hatte das Staatliche
Weinbauinstituts Freiburg in 2024 im Markgräflerland in Baden-Württemberg
und damit erstmals in Deutschland nachgewiesen. In diesem Jahr konnte nun
erstmals auch das Flavescence dorée Phytoplasma nachgewiesen werden,
sowohl an Rebstöcken im ausgewiesenen Befallsgebiet der Zikade als auch in
zwei weiteren Flächen innerhalb des Weinbaugebietes Baden.

Dazu wurden die Proben verdächtiger Rebstöcke aus den Landkreisen Lörrach,
Breisgau-Hochschwarzwald und Ortenaukreis am Landwirtschaftlichen
Technologiezentrum Augustenberg untersucht und dabei eine Infektion mit
einem Phytoplasma erkannt. Zur Bestätigung, dass es sich um den
meldepflichtigen Quarantäneschadorganismus handelt, wurden die Proben an
das „Nationale Referenzlabor für Schadorganismen der Pflanzen des Julius
Kühn-Instituts (JKI)“ gesendet. Die Analysen des Prüflabors für
Phytoplasmen am JKI-Standort in Dossenheim ergaben, dass es sich
tatsächlich um das Grapevine flavescence dorée Phytoplasma handelt. Die
molekularbiologischen Charakterisierungen im Nationalen Referenzlabor
gaben Hinweise darauf, dass das Phytoplasma über infiziertes
Pflanzenmaterial nach Deutschland gelangt sein könnte. Aktuell ist noch
unklar, ob es im deutschen Befallsgebiet der Amerikanischen Rebzikade
bereits zu einer weiteren Ausbreitung des Phytoplasmas durch das
Vektorinsekt kam.

Der bakterienähnliche Schadorganismus kommt schon seit einiger Zeit in
anderen europäischen Ländern, wie Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz
oder Ungarn vor und verursacht dort erhebliche Schäden im Weinbau. Weil
Krankheitserreger und Überträgerinsekt nun erstmals gemeinsam in einem
deutschen Weinbaugebiet aufgetreten sind, müssen die Länderbehörden rasch
Maßnahmen ergreifen, um die Ausbreitung der Goldgelben Vergilbung zu
verhindern.

Zu den notwendigen Maßnahmen in der betroffenen Region zählen, laut
Staatlichem Weinbauinstitut Freiburg, die unverzügliche Rodung der
befallenen Reben, die Bekämpfung der Amerikanischen Rebzikade sowie das
Entfernen verwilderter Unterlagsreben. Denn solche Unterlagen fungieren
als Wirtspflanze und somit Reservoir, sowohl für die Zikade als auch für
den Krankheitserreger selbst.

Hintergrundinformation zum Krankheitsverlauf: Weinreben, die mit dem
Grapevine flavescence dorée Phytoplasma befallen sind, bilden je nach
Rebsorte zunächst vergilbte oder vorzeitig rot verfärbte Blätter aus, die
sich nach innen einrollen. Die Fruchtentwicklung wird gestört, was zu
verringertem Ertrag, Eintrocknen der Beeren und einem bitteren Geschmack
führt. Daher sind erkrankte Rebstöcke nicht mehr für die Weinproduktion
geeignet. Am Ende können die Reben vorzeitig absterben. Der Erreger der
Flavescence dorée kann mit infiziertem Pflanzgut aus den Befallsgebieten
eingeschleppt und lokal über den Vektor, die Amerikanische Rebzikade
(Scaphoideus titanus), epidemisch ausgebreitet werden. Da sich das
Phytoplasma auch mittels Pfropfung übertragen lässt, zählen zu den
Risikogebieten einer Ausbreitung u.a. auch Rebschulen und Junganlagen.
Unterlagsreben bilden oftmals keine typische Symptomatik der Krankheit
aus, wodurch diese unentdeckt bleibt.