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Universität Bamberg gestaltet Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum mit

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Studierende entwickeln Führungen und Ausstellungstexte zum Baumeisterbuch
des Endres Tucher
Überall Baustellen! Was heute Stadtalltag ist, prägte schon im 15.
Jahrhundert das Leben einer wachsenden Metropole. Wie Nürnberg seine
Infrastruktur damals organisierte, zeigt die Studioausstellung „Baustelle
Nürnberg – 550 Jahre Baumeisterbuch des Endres Tucher“ im Germanischen
Nationalmuseum.

Die Ausstellung ist ab Donnerstag, 4. Dezember 2025, bis
einschließlich Pfingstmontag, 25. Mai 2026, für das Publikum zugänglich.
Entstanden ist die Schau in enger Zusammenarbeit zwischen der Otto-
Friedrich-Universität Bamberg, der Tucher Kulturstiftung und dem
Germanischen Nationalmuseum.

Ein besonderes Dokument im Mittelpunkt: Das Baumeisterbuch des Endres
Tucher

Zwischen 1464 und 1475 verfasste der vom Nürnberger Rat bestellte
Stadtbaumeister Endres Tucher ein einzigartiges Handbuch: das sogenannte
Baumeisterbuch, knapp 250 Blätter voller Vorschriften, Erfahrungsberichte,
Warnungen und praktischer Alltagserfahrungen. Tucher fasste darin
zusammen, was für die Organisation der spätmittelalterlichen Großstadt
wichtig war – von der Instandhaltung von Straßen, Plätzen, Brunnen und
Stadtgräben über den Brand- und Hochwasserschutz bis zur Nutzung der
Reichswälder und Steinbrüche. Auch die Vorbereitung großer Ereignisse wie
Kaiserbesuche oder Heiltumsweisungen gehörte zu seinen Aufgaben.

„Das Baumeisterbuch ist eine außergewöhnliche Quelle zur Stadtgeschichte
Nürnbergs“, sagt Prof. Dr. Andreas Huth, Kunsthistoriker an der
Universität Bamberg. „Gerade deshalb ist es uns als Tucher Kulturstiftung
wichtig, die Relevanz solcher Zeugnisse für eine breite Öffentlichkeit
sichtbar zu machen“, ergänzt Florian Abe, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
der Stiftung und Mitkurator der Ausstellung. „Wir stellen nicht nur ein
Buch aus, sondern zeigen, wie bereits früher Herausforderungen bewältigt
wurden, die uns bis heute beschäftigen: von der Substanzerhaltung über die
Nachhaltigkeit bis zum Katastrophenschutz.“

Was die Ausstellung zeigt

Rund 50 Exponate illustrieren die Aufgaben des Bauamts, darunter
ausgewählte Seiten des Originals, Werkzeuge, Stadtansichten, ein lederner
Löscheimer und ein Stich Albrecht Dürers. Zugleich setzt die Ausstellung
bewusst auf überraschende Kontraste: zwischen den historischen Objekten
sind Baulampen, eine DGB-Streikweste, ein Straßenbesen und sogar ein
Betonmischer zu sehen. Sie schlagen eine Brücke ins Heute.

Die kompakte Studioausstellung zeigt eindrücklich, dass viele der
kommunalen Aufgaben keineswegs neu sind: ob Instandhaltung der
Infrastruktur, nachhaltige Ressourcennutzung, Schutz vor Bränden und
Überschwemmungen oder die Organisation großer Besucherströme. „Klar sind
Baustellen manchmal ärgerlich, aber sie sie gehören zur Stadt“, so Huth.
„Schon im 15. Jahrhundert musste Nürnberg sorgfältig abwägen, wie sich
Gemeinwohl, Ökonomie und Sicherheit miteinander vereinbaren lassen.“

Studierende als Mitgestaltende

Neben den beiden Kuratoren bringen sich auch Studierende der Universität
Bamberg intensiv in die Ausstellung ein: Zwei kunsthistorische Seminare
widmeten sich speziell diesem Projekt. Im Sommersemester 2025 arbeiteten
Studierende mit der historischen Edition des Baumeisterbuchs,
identifizierten zentrale Passagen, analysierten Themen wie Feuerschutz,
Waldnutzung, Lohnstrukturen und soziale Organisation. Vieles davon floss
direkt in die Ausstellung ein. Im aktuellen Wintersemester entwickeln
Studierende Führungskonzepte und Vermittlungsformate für die Ausstellung
„Für unsere Studierenden ist das eine perfekte Gelegenheit, die Arbeit im
Museum besser kennenzulernen“, betont Andreas Huth. „Sie lernen, komplexe
Inhalte verständlich und lebendig zu vermitteln – eine Fähigkeit, die im
Kulturbereich besonders wichtig ist.“

Für die Studierenden ist das Projekt mehr als ein gewöhnliches Seminar:
Wer wie Seminarteilnehmer Ivo Bertschy selbst in Nürnberg lebt, sieht
vertraute Orte plötzlich aus einer neuen Perspektive. Andere, darunter
Dagmar Leibach, die bereits Museumserfahrung mitbringt, heben hervor, wie
wichtig Offenheit, Interesse an historischen Objekten und das
selbstständige Einarbeiten in ganz verschiedene Themen für den
Berufsalltag im Museum sind. Die Studierenden sind sich einig: Die Arbeit
an der Ausstellung bietet ihnen Einblicke in ein spannendes Berufsfeld. In
den kommenden Monaten übernehmen die Studierenden regelmäßig Führungen
durch die Ausstellung.

Ein Jubiläum als Anlass

Der Anlass für das Projekt ist das 550-jährige Jubiläum der Fertigstellung
des Baumeisterbuchs. Im Februar 2025 fand an der Tucher Kulturstiftung
bereits ein von den beiden Kuratoren organisierter wissenschaftlicher
Workshop zur Bauverwaltung in der Frühen Neuzeit statt, dessen Beiträge in
einem Begleitband zur Ausstellung bei der University of Bamberg Press
erscheinen. Der Band wird parallel zur Ausstellung veröffentlicht und
steht voraussichtlich ab Ende Dezember 2025 frei zugänglich online zur
Verfügung unter: https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/66365