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Zahl der Mehrlingsgeburten nach Kinderwunschbehandlung sinkt weiter

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Aktuelle Zahlen und Fakten zur Kinderwunschmedizin: Seit 1997 wurden über
430.000 Kinder durch die Kinderwunschmedizin geboren. Die neuen Daten des
Deutschen IVF-Registers (D·I·R) zeigen darüber hinaus als Meilenstein,
dass die Mehrlingsgeburtenrate nach künstlicher Befruchtung erstmals unter
zehn Prozent liegt. Denn: Etablierte Methoden wie Single Embryo Transfer
reduzieren Mehrlings- und Frühgeburtenrisiken, während das Alter der
Mutter weiterhin entscheidend für den Erfolg bleibt.



Weniger Mehrlinge, weniger Frühgeburten - die neuesten Zahlen zu den
Kinderwunschbehandlungen in Deutschland zeigen, dass sich das Konzept des
„Single Embryo Transfers“ (SET), bei dem nur ein Embryo zurückgegeben
wird, bewährt. Galten Mehrlingsgeburten nach erfolgreicher
Kinderwunschbehandlung früher häufig als Regel durch zwei oder gar mehr
zurückgegebene Embryonen, ist dieser Trend deutlich rückläufig. „Wir
kommen von über 20 Prozent und haben nun erstmals eine Rate von unter 10
Prozent bei den Mehrlingsgeburten“, sagt Prof. Dr. med. Jan-Steffen
Krüssel, Vorstandsmitglied im Deutschen IVF-Register e.V. (D·I·R).

Insgesamt 134.281 Behandlungszyklen sind für das Jahr 2024 in der
Kinderwunschmedizin dokumentiert. Die neuesten Zahlen des Deutschen IVF-
Register e.V. (D·I·R) zeigen zudem, dass sich die Schwangerschaftsraten
beim Transfer von Frisch- und Auftauzyklen kaum noch unterscheiden. „Hier
liegen die Schwangerschaftsraten für das Jahr 2024 bei nun beiden
Behandlungsarten und durch die sich stetig verbessernden Verfahren bei den
Auftauzyklen bei 30 bis 31 Prozent“, sagt Prof. Dr. med. Krüssel.

Schon seit 1997 sind die deutschen Behandlungsdaten zur
Kinderwunschmedizin elektronisch erfasst und damit sehr gut dokumentiert.
Seit diesem Zeitpunkt wurden über 2,6 Millionen Behandlungen erfasst. In
Deutschland kamen inzwischen 433.858 Kinder nach einer
Kinderwunschbehandlung zur Welt, was der Einwohnerzahl von zwei deutschen
großen Städten wie Saarbrücken und Chemnitz zusammen entspricht. „Wir
greifen da auf viele Daten und Erfahrungen zurück“, sagt Dr. med. Andreas
Tandler-Schneider, der Vorstandsvorsitzende des Deutschen IVF-Registers
e.V. (D·I·R). Für jedes sechste Paar, das Schwierigkeiten hat, auf
natürlichem Weg schwanger zu werden, bedeuten die Auswertungen und
neuesten Forschungsergebnisse Hoffnung.

Daten aus 139 Kinderwunschzentren liegen vor

Im aktuellen Bericht untersucht das Deutsche IVF-Registers (D·I·R) unter
anderem, wie sich der Tag des Embryonentransfers auswirken kann: „Wir
sehen Vorteile in der Kulturdauer an Tag fünf, gegenüber Tag vier oder Tag
sechs“, sagt Dr. med. Sascha Tauchert, ebenfalls Vorstandsmitglied im
Deutschen IVF-Register e.V. (D·I·R). Im aktuellen Jahrbuch wurden die
Daten von 139 der aktuell 143 Mitgliedszentren des Deutschen IVF-Registers
für die Jahre 2023 und 2024 zum Stichtag exportiert und ausgewertet.

Heute sitzen in jeder deutschen Schulklasse ein bis zwei Kinder, die mit
Hilfe der Kinderwunschmedizin gezeugt wurden. Die Geburtenrate pro
Transfer war 2023 mit 22,5 Prozent identisch zum Jahr 2022 und das bei der
deutlich gesunkenen Mehrlingsrate mit all ihren Risiken für Mütter und
Kinder. Ein Erfolg, den die Kinderwunschmedizinerinnen und -mediziner auf
die Single Embryo Transfer Strategie zurückführen. Während 2017 bei den
Frischzyklen noch 2.818 Mehrlingsgeburten entstanden (22,0 Prozent aller
Geburten), ist diese Zahl 2023 auf 1.039 Mehrlingsgeburten gesunken (9,3
Prozent aller Geburten). „Dass über 90 Prozent der Geburten Einlings-
Geburten sind, bedeutet für Mutter und Kind ein deutlich geringeres Risiko
und ist eine mehr als erfreuliche Entwicklung“, sagt Prof. Dr. med.
Krüssel. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit noch im oberen
Bereich. Länder wie Skandinavien oder die Niederlande haben
Mehrlingsgeburten im natürlichen Bereich von unter fünf Prozent, heißt es
von Seiten der Experten.

Marginal sind die Unterschiede auch bei der Art des Embryotransfers. Die
Geburtenraten betrugen 2023 im Frischzyklus 22,5 Prozent und im Kryozyklus
(Auftauzyklus) 21,9 Prozent. Eine weitaus größere Rolle spielt das Alter
der Mutter. Der Erfolg von Schwangerschafts- und Geburtenraten sind damit
unmittelbar verbunden.

Kinderwunschbehandlung nicht auf später verschieben

In der Altersgruppe von 30 bis 34 Jahren liegt die Chance auf
Schwangerschaft pro Embryotransfer bei 39 Prozent. Die Geburtenrate bei
30,9 Prozent. „Ganz anders sieht das bei den Kinderwunschpatientinnen der
Altersgruppe von 41 bis 44 Jahre aus. Die Schwangerschaftsraten pro
Embryotransfer sinken um mehr als 20 Prozentpunkte auf 17,1 Prozent und
die Geburtenrate liegt mit 9,3 Prozent gar unter zehn Prozent“, sagt Dr.
Tandler-Schneider. So ist das Alter einer der wichtigsten Faktoren in der
Kinderwunschbehandlung. „Warten Sie nicht zu lange“, formuliert er einen
Appell an Eltern, die sich Nachwuchs wünschen.

Dank guter Behandlungserfolge ist die Wahl für Frischzyklus oder
Auftauzyklus längst nicht mehr der entscheidende Faktor heutzutage. Die
Schwangerschaftsraten pro Embryotransfer im Frischzyklus betrugen im Jahr
2024 30,5 Prozent, die Schwangerschaftsraten im Auftauzyklus pro
Embryotransfer betrugen im Jahr 2024 sogar 31,5 Prozent und liegen damit
erstmals sogar über den Schwangerschaftsraten der Frischzyklen. Dieser
Aspekt ist wichtig, wenn mehrere Anläufe zum Wunschkind nötig sind.
„Bestand nach nur einer Eizellgewinnung die Chance auf Kryokonservierung,
können sich bereits nach einem Frischtransfer und zwei Kryotransfers die
Hälfte der Paare über die Geburt eines Kindes freuen, obwohl nur ein
frischer Behandlungszyklus mit Stimulation und Punktion durchgeführt
wurde“, sagt Dr. Tandler-Schneider. Paaren kann das zusätzliche belastende
Behandlungen, beispielsweise durch Hormontherapien, ersparen.

Kinderlosigkeit durch eingeschränkte Spermaqualität

Der Weg zum Wunschkind führt häufig auch nur über die Nutzung von
Spendersamen zum Ziel. „Behandlungen wie IVF und ICSI mit Spendersamen
nehmen deutlich zu“, sagt Dr. Tauchert. Die aktuellen Ergebnisse zeigen,
dass nach 1.129 Behandlungen im Jahr 2018 die Anzahl 2023 fast
verdreifacht hat. „Wir verzeichnen 3.177 Fälle in 2023“, sagt er. Die
vielfältigen Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin bieten Chancen. In
mehr als der Hälfte der Fälle liegt die Ursache der Kinderlosigkeit beim
Mann, häufig bedingt durch eingeschränkte Spermaqualität. Es zeigt sich
auch, dass die Behandlungen von „Single Mothers by Choice“ sowie
lesbischen Paaren in den letzten Jahren stark gestiegen sind.

In Deutschland wird weder das Einfrieren noch der spätere Auftau und
Transfer von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. „Dies hindert manche,
die Chancen des Einfrierens und Auftauens in Anspruch zu nehmen.
Andererseits wird die Kryokonservierung zunehmend in Anspruch genommen, da
die Chancen mindestens gleich hoch sind und der Aufwand geringer“ sagt Dr.
Tandler-Schneider. Sein Fazit: „So traurig ein negativer
Schwangerschaftstest nach einem Transfer ist, die Tatsache, dass nach vier
Transfers inklusive Kryokonservierung zwei Drittel der Patientinnen
schwanger sind, sollte Mut machen und ist für die Beratung von
Kinderwunschpatienten immens wichtig.“

Erstmalig gibt es für das Jahr 2024 eine Auswertung zum Anti-Müller-
Hormonwert (AMH).
„Das AMH ist ein zentraler Laborwert, um die individuelle Fruchtbarkeit
und Stimulationsantwort für die künstliche Befruchtung einzuschätzen und
liefert uns wichtige Informationen“ sagt Dr. Tandler-Schneider. „Wir gehen
davon aus, dass wir in Zukunft eine deutlich höhere Erfassungsquote
erreichen werden.“

Sonderausgabe des Jahrbuchs 2024 des Deutschen IVF-Registers für Paare

In der aktuellen Sonderausgabe, die einen kommentierten Auszug aus dem
großen Jahrbuch 2024 des Deutschen IVF-Registers (D·I·R) darstellt, können
sich Paare mit einer ungewollten Kinderlosigkeit und Paare, die aktuell in
Kinderwunschbehandlung sind, sowie die allgemein interessierte
Öffentlichkeit informieren. Die Sonderausgabe ist online abrufbar.

Über das Deutsche IVF-Register

Mit den neuesten Zahlen und Erkenntnissen zur Kinderwunschbehandlung in
Deutschland liefert das Deutsche IVF-Register (D·I·R) aus über 2,6
Millionen Behandlungen einen wichtigen Überblick über die Fortschritte in
der Reproduktionsmedizin. Bisher haben über 430.000 Kinder nach
Kinderwunschbehandlungen das Licht der Welt erblickt, und die
fortpflanzungsmedizinischen Techniken gelten als sicher. „Das Risiko einer
Überstimulation durch Hormontherapie liegt bei nur 0,2 Prozent, und
Komplikationen wie Blutungen nach der Eizellentnahme treten in etwa 0,8
Prozent der Fälle auf“, heißt es in den aktuellen Auswertungen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. med. Andreas Tandler-Schneider, Berlin
Prof. Dr. med. Jan-Steffen Krüssel, Düsseldorf
Dr. med. Sascha Tauchert, Saarbrücken

Originalpublikation:
https://www.deutsches-ivf-register.de/jahrbuch.php