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Ungleiche Chancen bei der Jobsuche WZB-Studie: Mütter werden seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen als kinderlose Frauen

Mütter werden in Bewerbungsverfahren benachteiligt und seltener zu
Vorstellungsgesprächen eingeladen als Frauen ohne Kinder. Väter werden
hingegen ebenso häufig eingeladen wie Männer ohne Kinder. Das hat Lena
Hipp vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) in einer
gerade veröffentlichten Studie über die Jobchancen von Eltern und Menschen
ohne Kinder herausgefunden. Um Diskriminierung zu verringern, fordert die
Wissenschaftlerin eine gesetzliche Regelung, dass in Lebensläufen künftig
private Informationen wie Elternschaft, Ehestand oder
Religionszugehörigkeit nicht mehr erwähnt werden sollten.
Für die Studie wurden über 800 fiktive Bewerbungen auf reale
Stellenangebote im Marketing- und Veranstaltungsbereich versandt. In
diesem Berufsfeld arbeiten ungefähr gleich viele Frauen und Männer. Die
Bewerberin bzw. der Bewerber unterschieden sich in ihrem Lebenslauf nur
darin, dass die einen ein Kind im Alter von drei Jahren hatten und die
anderen kinderlos waren.
Das Ergebnis der Studie zeigt die Diskriminierung von Frauen mit Kindern
bei der Stellensuche: Mütter wurden deutlich seltener zu
Vorstellungsgesprächen eingeladen als kinderlose Frauen. Sie mussten rund
ein Drittel mehr Bewerbungen schreiben, um eine Einladung zu erhalten.
Väter haben dagegen die gleichen Chancen, einen Job zu finden, wie
kinderlose Männer. „Damit wird das Prinzip der gleichen Jobchancen von
Männern und Frauen konterkariert“, sagt Lena Hipp. Für die WZB-
Wissenschaftlerin gehören private und für den Job nicht relevante
Informationen wie Elternschaft, Ehestand oder Religionszugehörigkeit, die
in deutschen Bewerbungen häufig angegeben werden, nicht in den Lebenslauf.
Eine entsprechende gesetzliche Regelung, diese Informationen wegzulassen,
könnte die Diskriminierung von Müttern und anderen benachteiligten Gruppen
verringern.
Die Studie von Lena Hipp ist unter dem Titel „Do Hiring Practices Penalize
Women and Benefit Men for Having Children? Experimental Evidence from
Germany” erschienen in: European Sociological Review, 2019, S. 1-15.
Zur Autorin: Prof. Lena Hipp Ph.D. ist Leiterin der Forschungsgruppe
Arbeit und Fürsorge am WZB und Professorin in Sozialstrukturanalyse, insb.
Arbeit und Organisation an der Universität Potsdam.

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Fachkräftezuwanderung kann nicht per Gesetz verordnet werden

Die Bundesregierung will mit einem neuen Einwanderungsgesetz mehr
Fachkräfte aus Drittstaaten nach Deutschland holen. Ob das gelingt, hängt
vor allem von begleitenden Maßnahmen ab.

Am 01. März tritt das neue Einwanderungsgesetz in Kraft, das die große
Koalition im Sommer 2019 nach jahrelangem Hin und Her als Teil des
sogenannten Migrationspakets verabschiedet hat. Das Gesetz bestimmt in
erster Linie den Zuzug von Fachkräften aus Drittstaaten außerhalb der EU.

Die Bundesregierung setzt mit dem neuen Gesetz einige Maßnahmen um, die
das Berlin-Institut bereits vor vier Jahren in der Studie „Internationale
Arbeitskräfte einstellen“ vorgeschlagen hat: Beispielsweise dürfen künftig
nicht nur Akademiker, sondern alle Personen mit einem anerkannten
Berufsabschluss, die einen Arbeitsvertrag vorlegen können, zum Arbeiten
nach Deutschland kommen. Auch die Gruppe derjenigen, die ohne einen
Arbeitsvertrag nach Deutschland kommen können, um hier für sechs Monate
nach einer Stelle zu suchen, wird ausgeweitet. Neben Akademikern betrifft
dies nun auch Personen mit anerkannter Berufsausbildung und junge
Schulabsolventen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz.

Das neue Gesetz ist unzweifelhaft ein Schritt in die richtige Richtung. Ob
es die gewünschte Wirkung entfaltet – den Zuzug von Fachkräften aus
Drittstaaten deutlich zu steigern – wird maßgeblich von der Umsetzung
begleitender Maßnahmen abhängen, von denen die Bundesregierung einige in
ihrer Fachkräftestrategie angekündigt hat. „Wer Fachkräfte aus
Drittstaaten davon überzeugen will, zum Arbeiten nach Deutschland zu
kommen, muss ihre Zugangswege im Ausland konsequent bewerben und
transparent machen. Unternehmen müssen bei der Rekrutierung im Ausland
unterstützt werden“, so Catherina Hinz, Direktorin des Berlin-Instituts
für Bevölkerung und Entwicklung.

Die bürokratischen Verfahren müssen unkompliziert und zügig gestaltet
werden. Es ist äußerst kontraproduktiv, wenn potentielle Fachkräfte
teilweise erst nach Monaten einen Termin in der deutschen Botschaft
bekommen um ein Visum zu beantragen und im Anschluss noch einmal lange
Zeit auf die Anerkennung ihrer Qualifikation warten müssen. Die
Ankündigung, Fachkräfte schon im Ausland im Anerkennungsverfahren zu
unterstützen, muss konsequent umgesetzt werden. Und da in der Regel
bereits vor Einreise gute Deutschkenntnisse vorausgesetzt werden, muss
auch im Ausland die notwendige Kapazität an deutschen Sprachkursen gegeben
sein.

An manchen Stellen wäre mehr Mut bei der Formulierung des Gesetzes
wünschenswert gewesen – etwa angesichts einer Ausdehnung der
Aufenthaltserlaubnis zur Jobsuche von sechs auf zwölf Monate. Ein halbes
Jahr ist nicht viel Zeit, um in einem neuen Land einen neuen Job zu
finden. Auch wäre eine flexiblere Handhabung der Anerkennung ausländischer
Berufsabschlüsse wünschenswert gewesen. Personen, die zur Arbeitssuche
nach Deutschland kommen wollen, müssen zudem bereits vor der Einreise gute
deutsche Sprachkenntnisse nachweisen. Die Hürden für interessierte
Fachkräfte aus Drittstaaten liegen damit hoch.

Deutschland ist auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen. Die
geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer gehen allmählich in Rente und die
Gesellschaft altert. Das belastet die Sozialsysteme und führt zu einem
Mangel an Fachkräften. Obwohl so viele Menschen arbeiten wie noch nie,
waren Ende 2019 über 1,4 Millionen Stellen in Deutschland unbesetzt.
Gerade im Bereich Pflege und Gesundheit, aber auch im MINT-Bereich und im
Handwerk fehlt schon heute oft der Nachwuchs.

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Wir sind eins - Die Mauer muss auch beim Gehalt fallen

Die Upstalsboom-Gruppe gleicht die Löhne ihrer Hotelmitarbeiter in Mecklenburg-Vorpommern mit den Standorten Kühlungsborn und Usedom vollständig dem Westniveau an. Damit steigen die Gehälter der dort rund 200 Beschäftigten Menschen um rund 30 Prozent. Der Impuls für diesen Schritt kam aus einer Arbeitsgruppe von 14 Mitarbeitern, teilte Bodo Janssen, Geschäftsführer der Upstalsboom Hotel + Freizeit GmbH & Co. KG (Emden), heute mit: „30 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es keinen ersichtlichen Grund mehr, warum bei den Gehältern immer noch die Mauer steht.“

Upstalsboom führt eigenen Mindestlohn von 10,64 Euro ein
Upstalsboom werde deshalb für 2020 auch einen für ihre Hotels und Ferienwohnanlagen definierten und verbindlichen Mindestlohn von 10,64 Euro einführen. Dieser liegt deutlich höher als der von den Tarifpartner in Deutschland vereinbarte Satz von 9,15 Euro. Führungskräfte inklusive des Geschäftsführers verdienten zudem maximal das Vierfache der Fachkräfte. In manchen Bereichen bestimmten die Mitarbeiter als Gemeinschaft ihre Löhne eigenständig und unabhängig von geltenden Tarifverträgen. „Wir sind aus der Tarifvertragsbindung ausgestiegen, weil sie nicht den Menschen stärken, sondern viel zu stark einengen, kaum Flexibilität eröffnen und beispielsweise auch die Ungleichheit der Löhne zwischen Ost und West festschreiben“, so Janssen. Dahinter wolle man sich nicht verstecken, sondern eigene Lösungen entwickeln. So habe die Arbeitsgruppe „Upstalslohner“ festgestellt, dass die unterschiedlich geltenden Tarifwerke Lohnunterschiede in der Hotellerie und Gastronomie zwischen Ost und West von knapp 30 Prozent offenbarten. „Dies kann nicht im Sinne des Menschen sein, der für die gleiche Arbeit eine unterschiedliche materielle Wertschätzung erhält“, so Janssen.

 

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Trotz Abschwung: Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sollte sinken

Trotz des konjunkturellen Abschwungs füllen sich die Kassen der
Bundesagentur für Arbeit weiter. Ihre Rücklagen dürften von 23,5 Mrd. Euro
auf 25,8 Mrd. Euro bis Ende 2019 und 26,6 Mrd. Euro bis Ende 2020
ansteigen. Dies geht aus Berechnungen hervor, die das IfW Kiel nun
veröffentlicht hat. Autor Alfred Boss fordert darin auch eine weitere
Senkung des Beitragssatzes von 2,5 Prozent auf 2,2 Prozent.

Angesichts der eingetrübten Konjunkturaussichten hat der Kieler
Finanzwissenschaftler Alfred Boss eine Neubewertung der finanziellen
Situation der Bundesagentur für Arbeit (BA) vorgenommen, seine
Berechnungen hat das Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) nun in einem
Kiel Policy Brief veröffentlicht (Arbeitslosenversicherung: Spielraum für
Senkung des Beitragssatzes / https://www.ifw-
kiel.de/index.php?id=13213&L=1). Boss stützt sich dabei auf die Zahlen der
IfW-Herbstprognose vom 11.9.2019 (Deutschland an Schwelle zur Rezession).

Demnach sinken die Einnahme der BA 2019 im Vergleich zum Vorjahr um knapp
4 Mrd. Euro. Grund ist vor allem die Senkung des Beitragssatzes zu
Jahresbeginn von 3 Prozent auf 2,5 Prozent. Im Jahr 2020 steigen ihre
Einnahmen aber bereits wieder leicht um 0,85 Mrd. Euro. Auf der
Einnahmeseite macht sich der Abschwung also kaum bemerkbar.

Dagegen steigen die Ausgaben für das Arbeitslosengeld in diesem und im
nächsten Jahr deutlich um jeweils 8,6 Prozent, vor allem weil die
Arbeitslosigkeit im Abschwung wieder zunimmt. Außerdem hat die
Bundesregierung diverse Leistungsausweitungen beim Arbeitslosengeld
beschlossen.

So steigt die Bemessungsgrundlage leicht, und die Voraussetzungen für den
Bezug werden gelockert. Insgesamt dürfte die Zahl der Empfänger in den
Jahren 2019 und 2020 um jeweils rund 5 Prozent zunehmen und das
Arbeitslosengeld je Empfänger um 3,7 Prozent bzw. 3 Prozent steigen. Das
durchschnittliche Arbeitslosengeld pro Person und Monat beträgt damit in
diesem Jahr 1.662 Euro, im nächsten Jahr 1.712 Euro.

Trotz des Konjunkturabschwungs, des gesunkenen Beitragssatzes und den
deutlichen Leistungsausweitungen bleibt der Einnahmensaldo aber positiv,
und die BA dürfte im Jahr 2019 Überschüsse von 2,1 Mrd. Euro, im Jahr 2020
Überschüsse von 0,5 Mrd. Euro erzielen. Ihre ohnehin schon sehr hohen
Rücklagen steigen damit weiter von 23,5 Mrd. Euro Ende 2018 auf 25,8 Mrd.
Euro in diesem und 26,6 Mrd. Euro im nächsten Jahr, dies entspricht dann
jeweils 0,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Die
Insolvenzgeldrücklage und die Wintergeldrücklage der BA sind hierbei noch
nicht berücksichtigt, mit ihnen betragen die gesamten Rücklagen 28,2 Mrd.
Euro.

Tabelle (siehe Anhang)

Boss fordert eine Senkung des Beitragssatzes von 2,5 Prozent auf 2,2
Prozent. Dies würde 2020 zu einem Defizit von 3,2 Mrd. Euro führen und die
allgemeinen Rücklagen auf knapp 23 Mrd. Euro abschmelzen, was 0,65 Prozent
des BIP entspräche. „Der Beitragssatz sollte sich am langfristigen
Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft orientieren, so dass die BA im
Konjunkturzyklus aus Aufschwung und Abschwung im Durchschnitt eine
schwarze Null schreibt, nicht wie jetzt strukturelle Überschüsse erzielt.
Dies stärkt die deutsche Wirtschaftskraft und würde nebenbei auch der
gegenwärtigen konjunkturellen Abschwächung effektiver entgegenwirken als
die bislang von Arbeitsminister Hubertus Heil propagierten Maßnahmen wie
etwa eine Ausweitung des Kurzarbeitergeldes.“

Boss‘ Berechnungen sind wesentliche Grundlage eines aktuellen
Gesetzesentwurfes der FDP-Bundestagsfraktion, die darin eine allgemeine
Rücklage der BA von höchstens 0,65 Prozent des BIP und eine Senkung des
Beitragssatzes auf 2,2 Prozent festschreiben möchte. Boss ist dazu am 14.
Oktober zu einer Sachverständigenanhörung des Ausschuses für Arbeit und
Soziales im Deutschen Bundestag geladen.

Boss kritisiert die hohen Rücklagen der BA seit langem und wirft ihr vor,
ihre zu erwartenden Überschüsse seit Jahren viel zu pessimistisch
einzuschätzen. Aktuell erwartet die BA für das laufende Jahr lediglich ein
Plus von 0,54 Mrd. Euro. Bereits in der Vergangenheit hatte die BA ihre
Jahresüberschüsse im Vorfeld teilweise drastisch unterschätzt.

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