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Der Ein-Stunden-Blutzuckerwert als neuer Marker zur Diabetes-Prävention

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Ein erhöhter Blutzuckerwert eine Stunde nach dem oralen
Glukosetoleranztest (OGTT) signalisiert einen kritischen
Stoffwechselzustand – noch vor dem Prädiabetes. Betroffene sprechen
besonders gut auf Lebensstilinterventionen an.  Der Wert könnte zu einem
neuen klinisch relevanten Biomarker werden – und eine gezieltere, frühere
Prävention des Typ-2-Diabetes ermöglichen. Zu dem Ergebnis kommt ein Team
der Eberhard-Karls-Universittät Tübingen, von Helmholtz Munich und des
Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) jetzt in Metabolism.



Ein erhöhter Blutzuckerwert eine Stunde nach dem oralen
Glukosetoleranztest (OGTT) signalisiert einen kritischen
Stoffwechselzustand – noch vor dem Prädiabetes. Betroffene sprechen
besonders gut auf Lebensstilinterventionen an.  Der Wert könnte zu einem
neuen klinisch relevanten Biomarker werden – und eine gezieltere, frühere
Prävention des Typ-2-Diabetes ermöglichen. Zu dem Ergebnis kommt ein Team
der Eberhard-Karls-Universittät Tübingen, von Helmholtz Munich und des
Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) jetzt in Metabolism.

Prädiabetes gilt als Vorstufe des Typ-2-Diabetes. Doch nur etwa 20 Prozent
der Menschen mit Typ-2-Diabetes erfüllten zuvor die gängigen Kriterien.
Umgekehrt entwickelt sich bei über 40 Prozent der Menschen mit einem
Prädiabetes nie ein Diabetes. Wie lassen sich Risikopersonen besser
identifizieren und gezielter versorgen?

Ein genauerer Blick auf die Frühphase der Stoffwechselstörung
Um Antworten auf diese Frage zu finden, haben Forschende nach präziseren
Markern gesucht. Besonders relevant erschien ihnen die Ein-Stunden-
Plasmaglukosekonzentration (1h-PG) beim oralen Glukosetoleranztest (OGTT).
Es handelt sich um den Blutzuckerwert, den Ärztinnen und Ärzte genau eine
Stunde nach der Einnahme einer Glukoselösung bestimmen.

Ein Wert von ≥ 155 mg/dl gilt laut International Diabetes Federation (IDF)
als früher Indikator einer gestörten Glukoseregulation – oft bevor der
Nüchtern- oder Zwei-Stunden-Werte auffällig werden. Diese Messung könnte
Chancen bieten, um gefährdete Personen frühzeitig zu erkennen und gezielt
zu behandeln, so die Hoffnung.

Lebensstil-Intervention mit deutlichem Effekt
Um ihre Hypothese zu überprüfen, haben Forschende im Rahmen des Tübinger
Lebensstil-Interventionsprogramms (TULIP)* 317 Personen mit
unterschiedlicher Glukosetoleranz neun Monate lang intensiv betreut. Ziel
der Lebensstil-Intervention war ein Gewichtsverlust von mindestens fünf
Prozent durch ausgewogene Ernährung und durch regelmäßige Bewegung.

Die Teilnehmenden wurden anhand von Stoffwechselparametern drei Gruppen
zugeordnet:
•       mit normaler Glukoseregulation,
•       mit isoliert erhöhtem 1h-PG (anderen Werte, etwa der
Nüchternzucker und 2h-PG waren noch normal),
•       mit klassischer gestörter Glukoseregulation (Prädiabetes).

Bereits zu Beginn der Studie zeigte sich, dass Personen mit hohem 1h-PG-
Wert metabolisch zwischen gesund und krank einzuordnen sind. Ihre
Insulinsensitivität und ihre Betazellfunktion waren eingeschränkt und ihr
Leber- und Bauchfett erhöht, allerdings noch reversibel.

Nach neun Monaten Intervention verbesserten sich die Insulinsensitivität
und Betazellfunktion den Studienteilnehmenden deutlich. Sie erreichten
nahezu das Niveau stoffwechselgesunder Menschen. Gleichzeitig
normalisierte sich der Leberfettwert. In der Prädiabetes-Gruppe waren
diese Verbesserungen deutlich geringer ausgeprägt.

Langfristiger Nutzen: 80 Prozent geringeres Risiko
Über einen Zeitraum von bis zu zwölf Jahren zeigte sich ein
eindrucksvoller Effekt: Personen mit erhöhtem 1h-PG, die an der
Intervention teilgenommen hatten, erkrankten zu 80 Prozent seltener an
Typ-2-Diabetes als Menschen mit Prädiabetes. Fast die Hälfte erreichte
sogar wieder normale Blutzuckerwerte (Normoglykämie) – doppelt so viele
wie in der Prädiabetes-Gruppe.

Durch die Gewichtsreduktion und durch weniger Leberfett verbesserten sich
sowohl die Insulinsensitivität als auch die Fähigkeit der Betazellen, auf
Glukose zu reagieren. Diese Normalisierung zentraler Stoffwechselprozesse
könnte entscheidend sein, um den Übergang in einen stabilen, gesunden
Glukosestoffwechsel zu ermöglichen.

Neue Präventionsstrategie mit Potenzial für die Praxis
Der Ein-Stunden-Wert erwies sich dabei als der sensitivste Marker zur
Früherkennung von Glukosetoleranzstörungen. Er war deutlich
aussagekräftiger als der HbA1c-Wert, die Nüchtern- oder die Zwei-Stunden-
Glukose. „Der Wert markiert offenbar den optimalen Zeitpunkt, um den
Stoffwechsel noch zu normalisieren“, kommentiert Prof. Dr. Andreas
Birkenfeld. Er ist Letztautor der Studie, DZD-Sprecher und Direktor des
Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen von
Helmholtz Munich an der Universität Tübingen sowie ärztlicher Direktor der
Klinik für Diabetologie, Endokrinologie und Nephrologie am
Universitätsklinikum Tübingen.

Laut Birkenfeld ermögliche es der Test perspektivisch, gefährdete Personen
frühzeitig zu identifizieren und effektiv zu behandeln, lange bevor ein
Prädiabetes diagnostiziert werde. Damit könne sich der 1h-PG als neuer,
klinisch relevanter Biomarker etablieren.

Originalpublikation
Wang Y. et al.: Lifestyle intervention is more effective in high 1-hour
post-load glucose than in prediabetes for restoring β-cell function,
reducing ectopic fat, and preventing type 2 diabetes. Metabolism 2025;
doi: 10.1016/j.metabol.2025.156430

*Über das Tübinger Lebensstil-Interventionsprogramm

Das Tübinger Lebensstil-Interventionsprogramm (TULIP) ist ein
wissenschaftlich entwickeltes Programm der Universität Tübingen zur
Prävention und Behandlung von Typ-2-Diabetes und Adipositas. Es wurde am
Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) von
Helmholtz Munich in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Klinik der
Universität Tübingen entwickelt.
TULIP zielt darauf ab, durch gezielte Lebensstiländerungen – insbesondere
gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und
Verhaltensanpassung – das Risiko für Stoffwechselerkrankungen zu senken
oder bereits bestehende Störungen wie Insulinresistenz, Prädiabetes oder
Fettleber zu verbessern.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Andreas Birkenfeld
Medizinischer Direktor
Abteilung für Diabetologie, Endokrinologie und Nephrologie
Universitätsklinikum Tübingen
Institut für Diabetesforschung und Stoffwechselerkrankungen (IDM) von
Helmholtz Munich an der Universität Tübingen
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Originalpublikation:
Wang Y. et al.: Lifestyle intervention is more effective in high 1-hour
post-load glucose than in prediabetes for restoring β-cell function,
reducing ectopic fat, and preventing type 2 diabetes. Metabolism 2025;
doi: 10.1016/j.metabol.2025.156430