Die Auswirkungen billiger Online-Angebote auf den regionalen Handel und das Konsumverhalten
Völlig egal, um welches Produkt es sich handelt, im Internet tauchen immer mehr billige Waren auf und die Deutschen bestellen, was das Zeug hält. Wo sich die einen über günstige Preise und das ein oder andere Schnäppchen freuen, leiden die anderen unter den Auswirkungen des Preis-Dumpings.
Das Online Segment des E-Commerce legt derzeit einen wahrhaften Boom hin. Immer mehr Deutsche bestellen Kleidung, Technik und weitere Produkte in den Online-Shops ausländischer Anbieter. Viele davon mit Sitz in asiatischen Ländern wie China. Durch die geringeren Produktionskosten können diese Dienstleister ihre Waren sehr viel günstiger anbieten, als beispielsweise ein Geschäft in der Innenstadt. In der Region ist der Trend bereits angekommen. Händler in Bochum und überall im Ruhrgebiet haben derzeit mit den Folgen des Angebots der Billiganbieter aus dem Ausland zu kämpfen. Sie verzeichnen Umsatzeinbußen und verlieren mehr und mehr Laufkundschaft. Zudem drücken das billige Angebot die Preiserwartung der Kunden gewaltig.
Das Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) veröffentlichte das Ergebnis einer aktuellen Studie, aus welchem hervorgeht, dass der Anteil ausländischer Anbieter am Onlinehandel in Deutschland sich im Verlauf der vergangenen fünf Jahren auf circa 41 % verdoppelt hat. Online-Shops wie "Temu", "Shein" oder "AliExpress" stechen dabei ganz besonders hervor. Sie überschwemmen den deutschen Markt mit ihren aggressiven Preismodellen und sorgen durch große Werbebudgets für Aufmerksamkeit. Auf der einen Seite profitieren die Verbraucher von einer größeren Auswahl und niedrigeren Preisen, während regionale Händler gleichzeitig ums Überleben kämpfen.
So gestaltet sich das Erfolgsrezept internationaler Billiganbieter
Globale Billiganbieter feiern Erfolge durch ausgefeilte Skalierung, der Schaltung von aggressiven Werbekampagnen und dem direkten Vertrieb.
Die meisten der Billig Online-Shops umgehen Großhändler bewusst und verschicken ihre Ware direkt nach der Herstellung. Auf diese Weise entfallen Transportkosten und Lagerkosten, welche bei deutschen Anbietern oft den Löwenanteil der Produktpreise ausmachen.
Gleichzeitig setzen sie auf eine psychologisch durchdachte Marketingstrategie. Spezielle Bonusaktionen, Gamification-Elemente und unzählige Rabattversprechen sind Teil dieser Strategie. Einige Verbraucher vergleichen auf Online Plattformen, welche Test und Bewertungen von Online Dienstleistern enthalten, inzwischen alle Bonus Aktionen auf einen Blick. Dabei ist es egal, ob es um Online-Shopping, Online-Glücksspiel oder Streaming-Dienste geht. Diese Transparenz stärkt die Kundenbindung, erhöht aber gleichzeitig den Druck auf Anbieter, ständig mit neuen Rabatten zu reagieren.
Laut offiziellen Angaben des Bundesverband-E-Commerce gaben die Deutschen im Jahr 2024 durchschnittlich € 1.984 im Internet aus. Somit ließ sich bereits im vergangenen Jahr ein Anstieg von mehr als 16 % im Vergleich zum Vorjahr (2023) erkennen. Circa ein Drittel der Summe entfällt auf das Angebot von Billiganbietern mit Sitz außerhalb der EU.
Regionale Händler spüren die Folgen
Das Problem zeigt sich in Bochum besonders deutlich. Laut Angaben der IHK Mittleres Ruhrgebiet hat seit 2020 fast jeder vierte inhabergeführte Laden in der Innenstadt seine Verkaufsfläche verkleinert oder ganz aufgegeben. Einer der Hauptgründe dafür ist die Verlagerung des Konsums ins Internet und die aggressive Preisgestaltung globaler Billiganbieter.
Während große Ketten mit ihren eigenen Online-Shops reagieren, fehlt kleineren Betrieben oft die technische Infrastruktur oder das Budget dazu. Zudem verschärfen hohe Betriebskosten und Personalmangel die Situation noch weiter.
Das Modegeschäft "Schneider & Sohn" in der Bochumer Kortumstraße musste im Jahr 2024 schließen, nachdem die Umsätze binnen zwei Jahren um 40 % eingebrochen waren. Der Inhaber berichtet, dass viele Stammkunden im Netz stöbern und im Ausland bestellen, anstatt im Laden einzukaufen.
Der Endverbraucher zwischen Preisvorteil und Nachhaltigkeit
Die niedrigen Preise bringen einige negative Auswirkungen mit sich. Nach Angaben des Umweltbundesamts verursachen Retouren im E-Commerce jedes Jahr mehr als 400.000 Tonnen an CO₂. Ein großer Teil davon entsteht durch internationale Versandwege. Zudem werden viele Billigprodukte nicht unter europäischen Umwelt- oder Arbeitsstandards hergestellt.
Trotzdem sind die Preisvorteile für viele Konsumenten entscheidend. Laut einer PwC-Umfrage 2025 gaben 62 % der Befragten an, beim Onlinekauf den günstigsten Preis als wichtigstes Kriterium zu sehen, während nur 23 % gezielt nachhaltige Anbieter bevorzugen.
Gleichzeitig wächst aber das Bewusstsein für Qualität und Herkunft. Regionale Plattformen wie "Buy Local NRW" oder "Heimatshoppen Bochum" werden öfter genutzt, weil sie Transparenz schaffen und Service bieten. Das ist ein Bereich, in dem globale Anbieter oft schwächeln.
Rechtliche Fragen und wirtschaftliche Aspekte
Durch die wachsende Reichweite und den Einfluss internationaler Billiganbieter stoßen Behörden und Politik an ihre Grenzen. Seit dem Jahr 2024 gelten EU-weite Rahmenbedingungen zur Produktsicherheit und zum Verbraucherschutz für Importe aus Drittstaaten, jedoch gestaltet es sich schwierig, diese stets durchzusetzen.
Laut offiziellen Daten der Bundeszollverwaltung wurden im Jahr 2024 circa 1,2 Millionen Pakete aus dem Ausland wegen fehlender CE-Kennzeichnung oder falscher Angaben über Inhalte kontrolliert. Nur ein Bruchteil konnte tatsächlich überprüft werden und die meisten Pakete gehen unregistriert durch den Zoll.
Für heimische Händler entsteht auf diese Weise ein gewaltiger Wettbewerbsnachteil. Sie müssen höhere Steuern, Transportkosten und Umweltauflagen erfüllen. Die deutsche Politik plant eine faire Angleichung der Marktbedingungen.
Der HDE (Handelsverband Deutschland) schlägt eine Digitalsteuer für außereuropäische Plattformen sowie strengere Kennzeichnungspflichten vor. Ob und wann diese Maßnahmen greifen, bleibt jedoch auch weiterhin offen.
Billige Online Angebote verschieben das Kräfteverhältnis spürbar
Die Verbraucher profitieren von einer größeren Auswahl und niedrigen Preisen, während regionale Händler Umsatz, Laufkundschaft und Preisgestaltungshoheit verlieren. Gleichzeitig steigen die ökologischen Kosten und der Druck, dauerhafte Rabatte bereitzustellen.
Doch kleine Händler können diesem Trend entgegensteuern, indem sie online sichtbar werden, "Click-&-Collect" anbieten, Beratung und Service klar hervorheben, mit regionalen Plattformen zusammenarbeiten und auf Qualität sowie Herkunft setzen.
Politik und Behörden sollten für faire Regeln und bessere Kontrollen sorgen. Wer Nähe zum Kunden mit digitaler Stärke verbindet, hat auch neben globalen Billiganbietern eine Chance.
