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Thailand Reisebericht von Herbert Huber 15. Januar bis 6. Februar 2023

Thailand Impression von Herbert Huber
Thailand Impression von Herbert Huber

Soll ich, soll ich nicht? Mit meinen 82 Jahren? 12 Stunden fliegen ohne Zwischenhalt? Die Sehnsucht nach der Cococut Beach nach fast endlosem Strand und dem herrlichen warmen Meer obsiegte mein Gehader.. Und natürlich meine Freunde Biber Gähler mit Gattin Wang und die beiden Kinder Tim und Nina wieder zusehen in ihrem sauberen gepflegten «Guest House Thai Life» im Städtchen Takuapa bei Khao Lak. www.thailifekhaolak.com. Hier habe ich mein reserviertes Zimmer und jeweils mein Taxi, welches mich pünktlich um 08.30 abholt und in 15 Minuten an die Coconut Beach fährt. In mein kleines Paradies. Einfach SEIN und Sinnieren. Welch eine Freude, die Gastgeber von der Strandbeiz «Boat Yard», welche notabene vor 19 Jahren vom Tsunami verwüstet wurde, erkannten mich wieder – die Begrüssung war herzlich. Das letzte Mal war ich kurz vor Ausbruch der anderen Welle namens Corona dort. In Kaho Lak sollte man unbedingt die Gedenkstätte für die Tsunami Opfer besuchen. Heutige Besucher in Khao Lak müssen sehr genau hinschauen, um noch Spuren des verheerenden Tsunami vom Dezember 2004 zu entdecken. Längst tummeln sich wieder Urlauber an den schönen Stränden von Khao Lak und übernachten in den zum Teil neu gebauten Hotels entlang der Küste. Genau so friedlich und schön war es auch am Morgen des 2. Weihnachtstags 2004 und niemand ahnte was auf sie zukam. Die riesige Flutwelle traf ohne jede Vorwarnung aufs Land, überschwemmte mit unfassbarer Kraft die Küstenregion, zerstörte alles was sich ihr in den Weg stellte und riss Tausende von Menschen in den Tod.

Thailand Eindrücke von Herbert Huber
Thailand Eindrücke von Herbert Huber

So gehen einem unweigerlich Gedanken durch den Kopf, ob sich eine solche Katastrophe je wiederholen könnte….Heute gibt es in Khao Lak in etwa so viele Hotelbetten wie vor dem Tsunami. Aber die Hoteliers bauten ein neues Khao Lak: schicker, edler, teurer. Mit dem Tsunami verschwand das Backpacker-Paradies von damals.

Das Sea Breeze in Khanom
Das Sea Breeze in Khanom

Nun die erste Woche ging gemächlich vorbei. Abends ass ich meistens beim Gastgeber – in seiner Beiz mit hervorragender Thai Küche und notabene für kulinarische Heimweh Schweizer auch Cordon Bleu und St. Galler Bratwurst!

Vom Regen in die Traufe

Tempel Imoressionen von Herbert Huber
Tempel Imoressionen von Herbert Huber

In der 2ten Woche gabs Besuch von Freunden Irene und Max. Vom verregneten Singapur herkommend entführte ich die Beiden nach Khanom ins vielversprechende Sea Breeze- http://www.naiplao.com/?lang=de 4 Stunden spannende Autofahrt mit Zwischenhalt und Besichtigung der interessanten Tempelanlage und des Kraftortes – Wat Maha That (Wat Bang Tong) in der Provinz Krabi. Weiter dann, vorbei am Nationalpark Khao Sok erreichten wir dann das Ziel.

Joy, seit 8 Jahren Geschäftsführerin dieses Bjiou’s tat für Thailand etwas eher Ungewöhnliches. Sie umarmte PAPA Huber nebst der Zeremonie der gefalteten Hände….Übrigens der Besitzer des Sea Breeze heisst ebenfalls Biber Gähler..

Tempel Imoressionen von Herbert Huber
Tempel Imoressionen von Herbert Huber

Das Meer an der Nai Plao Beach war extrem stürmisch – hohe Wellen verhinderten das Schwimmen.  Ab und zu regnete es. Dafür war das Sea Breeze einmal mehr mitsamt seinen hübschen Zimmern so richtig zum Erholen. Spiegeleier mit Speck und eine Früchteplatte machten den Einstieg in den neuen Tag perfekt.

Der Autor im Sea Breeze mit JOY und Perrot
Der Autor im Sea Breeze mit JOY und Perrot

Am Abend vor der Abreise – meine Freunde planten 2 Nächte im Regenwald Camp Khao Sok unweit eines Altersheims für Elephanten – besuchten wir den legendären Markt des Städtchens.  Was für ein Erlebnis! Ein Schweizer Lebensmittel Inspektor würde zwar wohl glatt einem «Herzchriesi» verfallen. Bei 30° tummelten sich Fliegen auf dem Fleisch und die Frischfische sonnten sich auf dem langsam dahin schmelzenden Eis – bis Nachschub kam. Seltene unbekannte Gemüse wurden feilgeboten und gekochte Schweinsfüsse und Gnagis….

Zurück in Khao Lak

Thailand Eindrücke von Herbert Huber
Thailand Eindrücke von Herbert Huber

Am 1. Februar reiste ich zurücknach Khao Lak, wo mich bereits Tochter Patrizia und Partnerin Karin erwarteten. Und so genossen wir gemeinsam die Kulinarik, das Meer, die endlosen Strandspaziergänge. Und die liebenswürdigen Menschen. Mit dem ansteckenden Lächeln, welches mich bewegte, darüber zu schreiben. Am 6. Februar pünktlich flogen wir zurück in die Schweiz und oh Wunder der Technik auf die Minute genau landete der Flieger wieder in Zürich. Temperaturunterschied 35 °….

Heilfroh und dankbar bin ich, diese Reise noch einmal unternommen zu haben. Es war einfach paradiesisch!

Das Land des Lächelns – so wie man in den Wald ruft…..

Thailänder Marktimpression von Herbert Huber
Thailänder Marktimpression von Herbert Huber

In Thailand war das ansteckende Lächeln also omnipräsent. Schon bei der Begrüssung war alles anders als bei uns. Kein Handschlag, kein Küssen, keine Umarmung. Mit Ausnahme in Khanom! „Wai“ sagt man der traditionellen Geste, welche sowohl Grusshandlung als auch eine Respektbezeugung oder ein Zeichen besonderen Dankes und der Entschuldigung ist. Mit gefalteten Händen in Brusthöhe wird die Begrüssungsformel „Sawadee kha (bzw. Sawadee khab bei Männern)“ gesprochen. Je höher die Stellung des Gegenübers, desto höher wandern auch die Hände. Direkter, langer Blickkontaktkommt in Thailand nicht gut an und kann als aggressiv gewertet werden. Natürlich haben die Thais mit dem Tourismus gewisse westliche Werte übernommen. Ab und zu sieht man auch eine kurze Umarmung oder es wird mit «Hello» begrüsst.

Thailänder Marktimpression von Herbert Huber
Thailänder Marktimpression von Herbert Huber

Im Land des Lächelns habe ich aber auch beobachtet, dass das Lächeln ansteckend wirkt. Dieses allgegenwärtige Lächeln bringt selbst den griesgrämigen Muffel oder den sonst ach so arroganten Zeitgenossen dazu, seine Mundwinkel nach oben zu bewegen und zumindest vordergründig freundlich zu sein. Es waren die Wohlstandsbürger in den Ferien. Sie machten offensichtlich auch Urlaub vom Hässigsein. Das ist mir in den drei Wochen besonders aufgefallen. Selbst beim Reklamieren in der Beiz oder einer Verspätung im ÖV – alle konnten sie nett sein.

Thailänder Marktimpression von Herbert Huber
Thailänder Marktimpression von Herbert Huber

In Thailand, insbesondere in Khao Lak, das vor 20 Jahren vom riesigen Tsunami heimgesucht wurde, während drei Jahren unter der Corona Epidemie litt (notabene ohne staatliche Unterstützung), gäbe es Gründe zuhauf, einen sauren Stein zu machen. Doch hier lächeln die Menschen. Der Taxifahrer, Der Zeitungsverkäufer, die Gastgeber der Strassenküchen und die Damen, welche eine Massage für den „Farang“ (Ausländer) anbieten: Sie alle lächeln und wirken überhaupt nicht arm, chancenlos und unglücklich, obwohl sie das zum Teil möglicherweise sind.

Nicht verschwiegen sei, dass ich auch in Thailand manchmal eine Übersättigung an Lächeln gespürt habe. Dann nämlich, wenn es zur Maske, wenn es zur potemkinschen Fassade wird, hinter welcher sich unverkennbar persönliche Unzufriedenheit verbirgt. Oder wenn das Lächeln bloss Unterwürfigkeit transportiert. Dann und nur dann ist mir ein ehrliches Gesicht, das auch einmal ernst und authentisch sein kann, doch noch lieber. Da bin ich gerne für einmal ein helvetischer Alpenländer mit ab und zu ernstem Gesicht.

So sind diese Zeilen nur für nette Menschen gedacht. Denn auch ich als (meistens) freundlicher Zeitgenosse meinti, es soll gelten, was man uns schon seit der Kindheit beigebracht hat: So wie man in den Wald ruft, tönt es meistens zurück. Gilt übrigens auch für den Regen-oder Urwald.

Kulinarische Erinnerung

Thailänder Marktimpression von Herbert Huber
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Oft habe ich Thailand bereist. Dabei die leichte und raffinierte Küche genossen. Nie fehlte dabei der pfiffige Papaya Salat (Som Tam) einer der beliebtesten und bekanntesten thailändischen Salate. Und dies ganz klar verdient! Grüner Papaya Salat ist nämlich ein sehr frischer, knackiger, würziger, gesunder, und leicht säuerlicher Salat, der immer als Vorspeise oder Beilage genossen werden kann!

Wie isst man also grüne Papaya?

Unreife, grüne Papayas schält man mit einem Sparschäler und schneidet die Frucht in mundgerechte Stücke. Grüne Papayas sind sowohl gekocht als auch roh sehr schmackhaft. Im unreifen Zustand kann man sie sehr gut als Papaya-Salat zubereiten, indem man die Frucht in dünne Streifen schneidet.

Das Zimmer des Autors
Das Zimmer des Autors

Som Tam ist der Salat aus knackiger, grüner Papaya. Original im Mörser zerstampft. Ursprünglich aus Laos stammend, wurde Som Tam von Einwanderern in den Nordosten Thailands und nach Bangkok gebracht. Som Tam verbindet man heute weltweit mit thailändischer Küche. Je nach Region gibt es verschiedene Varianten, die sich vor allem in der Verwendung von getrocknetem oder fermentiertem Fisch unterscheiden. Der mit fermentiertem Fisch zubereitete Salat heisst: Som Tam Pu, Pla Ra und ist sehr intensiv im Geschmack, was meine Degustation auch bestätigte. Deshalb gebe ich der relativ unkomplizierten Zubereitungsart von Som Tam(Ohne fermentierten Fisch) den Vorzug). Da lasse ich auch den Mörser weg und statt damit stampfen und pressen, tue ich es mit meiner «Hygiene behandschuhten» Hand. Das habe ich einer Thai Köchin abgeguckt.

 

Nachbarin am Mörsern
Nachbarin am Mörsern

Zutaten: Für ca 4 Personen als Vorspeise. 1grüne ca. 500 gr. schwere unreife Papaya aus dem Asia-Shop. 6 Schlangenbohnen.1 mittelgrosses Rüebli. 2 Knoblauchzehen. 1-2 rote Chilischoten. 8 Kirschtomaten. 2 Limetten. 2 EL Fischsauce (Den Thai Gerichten gibt sie einen würzigen und salzigen Geschmack. Übrigens, der fischige Geschmack verschwindet beim Kochen).

½ EL Palmzucker (oder brauner Zucker) 2 TL Soya Sauce (Kikkoman) 50 g halbierte Erdnüsse (oder Nussmischung) Und ein paar Streifen Blaukraut zur Deco.

 

 

Rezept Papaya Salat: mit einem Sparschäler breite Streifen von der Papaya abzuhobeln und diese dann mit dem Messer in feine Streifen zu schneiden. Die Julienne-Streifen sollten eine Breite von ca. 2mm haben. Die Rüebli schälen und ebenfalls in Julienne-Streifen schneiden. Die Schlangenbohnen waschen, die Enden und eventuelle braune Stellen abschneiden. In 4cm lange Stücke schneiden. Die Knoblauchzehen schälen. Von den Chilis die Stiele entfernen. Knoblauch, Chilis nun von Hand gut mischen und drücken, ohne dass das Ganze matschig wird.

Die Schlangenbohnen hinzugeben. Jetzt die Papaya hinzugeben und alles behutsam weiter mischen und leicht drücken. Zuletzt 1 EL. Palmzucker, 2 EL Fischsauce und 2 Limetten ausgedrückt dazu geben. Abschmecken mit 2 TL Soya Sauce (Kikkoman) Die Kirschtomaten und Blaukraut Streifen als Dekoration. Die Nüsse rundum den Salat verteilen.

Tipp: Kann mit pro Peron 2 – 3 kurz und frisch gebratenen Crevetten bereichert werden.

Kleine Fotodiashow der Reise von Herbert Huber:

fotodiashows.wordpress.com/2023/02/18/thailand-reise-von-herbert-huber-15-januar-bis-6-februar-2023/

Text und Fotos  www.herberthuber.ch

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Thailänder aMarkteindrücke von Herbert Huber

Thailänder aMarkteindrücke von Herbert Huber

Coconut Beach Impression von Herbert Huber

Thailänder aMarkteindrücke von Herbert Huber

 

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Klavierfestival «Le piano symphonique» – Martha Argerich & Friends, 11.2.2023, KKL Luzern besucht von Léonard Wüst

Martha Argerich am Piano
Martha Argerich am Piano

Besetzung und Prigramm_
Martha Argerich Klaviier
Mischa Maisky Violoncello
Thomas Hampson Bariton

Frédéric Chopin (1810 ‒ 1849)
Sonate für Violoncello und Klavier g-Moll op. 65
Robert Schumann «Phantasiestücke» op. 73
Robert Schumann (1810 ‒ 1856)
«Dichterliebe», Liederzyklus op. 48

Intendant Numa Bischof Ullmann Photo Alexander Hana
Intendant Numa Bischof Ullmann Photo Alexander Hana

Der Intendant des Residenzorchesters des KK, Numa Bischof Ullmann begrüsste die Besucher, zeigte sich auch an diesem, letzten Abend des Klavierfestivals 2023, erfreut über den vollen Konzertsaal und informierte, dass das Klavierfestival, 2024, also das «Le piano symphonique Festival 2024» nicht mehr im Februar, sondern vom 16. bis 21. Januar 2024 geplant sei.und dass heute  Abend, im Gegensatz zum gedruckten Programm, Schumanns «Dichterliebe» mit Thomas Hampson als erster Konzertteil dargeboten werde, dementsprechend  der ursprünglich geplante erste mit Chopins Cello Sonate nach der Pause zur Aufführung käme.

Darauf hin betrat der amerikanische Bariton die Bühne und gab seinerseits, übrigens in perfektem Deutsch, einige Erläuterung zu Schumanns Komposition, die er ja gleich, mit Klavierbegleitung seiner langjährigen, guten Freundin Martha Argerich zum Besten geben werde.

Robert Schumann (1810–1856) «Dichterliebe», Liederzyklus op. 48

Fotoimpression des Konzertes von Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Fotoimpression des Konzertes von Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Galanter Handkuss von Hampson für Martha Argerich  Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Galanter Handkuss von Hampson für Martha Argerich Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

 

Auch dem Sänger gehört in Teil des Strausses findet Martha Argerich Foto Philipp Schmidli
Auch dem Sänger gehört in Teil des Strausses findet Martha Argerich Foto Philipp Schmidli

Fast schon Luxus, die Grossmeisterin der Tastenakrobatik als Liedbegleiterin an seiner Seite zu haben. Martha Argerich gibt die Nuancen  vor und bestimmt die Richtung. Thomas Hampson zeichnet für Inhalt und  Emotionen. Es ist ein hochemotionaler Vortrag. Die Interpretation von Schumanns «Dichterliebe» wie man sie höchst selten hört bewegte und begeisterte das sachkundige Auditorium und die beiden Ausnahmekünstler*innen wurden dafür mit einer stehenden Ovation belohnt, Martha Argerich zusätzlich mit einem Blumenstrauss. Sie unterliess es aber nicht, eine Rose aus ebendiesem an  den Sänger weiterzureichen.

Frédéric Chopin (1810 ‒ 1849)  Sonate für Violoncello und Klavier g-Moll op. 65

Martha Argerich mit ihrem langjährigen Freund Mischa Maisky am Cello Foto Philipp Schmidli
Martha Argerich mit ihrem langjährigen Freund Mischa Maisky am Cello Foto Philipp Schmidli

Mit jugendlicher Unbekümmertheit komponiert Frédéric Chopin Ende der 1820er ein Klaviertrio. Zufrieden sei er damit, schreibt er in einem Brief an einen Freund. Ganz anders dagegen klingt, was Chopin knapp zwanzig Jahre später über seine einzige Cello-Sonate in einem Brief berichtet.

 

 

 

 

 

 

 

Mischa Maisky spielt die Copin Sonate Foto Philipp Schmidli
Mischa Maisky spielt die Copin Sonate Foto Philipp Schmidli

„Ich bin einmal zufrieden, ein andermal nicht. Ich werfe sie in die Ecke, dann sammle ich sie auf.“ Eine schwere Geburt also, das letzte Werk, das noch zu Chopins Lebzeiten erschien.

Eine Viertelstunde dauert das Allegro moderato und damit länger als die drei noch folgenden Sätze der Sonate zusammen.

In den Händen von Martha Argerich lag  es, die Chopin’sche Notenflut zu meistern. Außerdem hat sie die Aufgabe, das klangliche Gleichgewicht zu wahren bzw. erst einmal herzustellen. Schließlich bringt sie das Klavier als Melodieinstrument zum Singen, wie etwa im Largo der Cellosonate.

Der Knoten ist offensichtlich geplatzt: In den Sätzen zwei, drei und vier der Cellosonate findet Frédéric Chopin zu weitaus organischeren Proportionen zurück. Der Kampf ist beendet.

Fotoimpression des Konzertes von Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Fotoimpression des Konzertes von Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Dass der Cellist und seine kongeniale Klavierpartnerin über eine makellose Spieltechnik verfügen, muss eigentlich gar nicht erwähnt werden. Denn erst sie ermöglicht eine solch klangliche Trennschärfe, wie sie die Beiden präsentieren. Es setzt spürbar auf ein harmonisches, ein geist- und reizvolles Miteinander der zwei Instrumente und gibt sich in Sachen glänzender Virtuosität und Ornamentik eher zurückhaltend. Bei allem jugendlich konzertanten Charme stehen dramaturgische Dichte und Ökonomie an erster Stelle, welchen Argerich und Maisky mit souveräner Gestaltungskraft begegnen. Meisterhaft strukturieren und konturieren sie im vorwärtsdrängenden Kopfsatz die musikalischen Linien und lassen keinen Zweifel daran, dass trotz der Dominanz des Klaviers die Streicherstimme maßgeblich an Entwicklungssträngen beteiligt ist. Ihr mal leichtfüßiger, mal straffer rhythmischer Zugriff atmet im Scherzo und dem lebhaft-koketten Finale einen Hauch von jugendlicher Frische und Unschuld, verführerisch und biegsam gestalten die Pianistin und der 1948 in Riga,  im damals sowjetischen Lettland, geborene Cellist schließlich die expressive Melodik des pathetischen Adagios.

Maiskys Cellostimme macht das mit dem schlanken, beweglichen und niemals näselnden Ton seines Domenico Montagnana Cellos aus dem 18. Jahrhundert hervorragend.

Etwas wirre und verschwommene «Phantasiestücke» op. 73

Martha Argerich und  Mischa Maisky freuen sich über die Ovationen Foto Philipp Schmidli
Martha Argerich und Mischa Maisky freuen sich über die Ovationen Foto Philipp Schmidli

Fast nahtlos dann der Übergang zu Schumanns «Phantasiestücken», eigentlich für zwei K komponiert, also Klavier und Klarinette, kann der Klarinettenpart natürlich auch von einem Cello übernommen werden. Was allerdings das ganze  weniger klar tönen lässt, zeitweise gar etwas verschwommen, das vermag aber die Freude des Publikums am virtuosen Spiel der beiden keinesfalls zu trüben, was sich auch mit dessen stürmischem, langanhaltenden Applaus manifestierte.

So kamen die beiden fast nicht umhin, dem nun stehend applaudierenden  Publikum Zugaben zu gewähren, die erste in Form eines «Chopinwerkes»( Nocturne in Cis-Moll, Op. Posthum?), die zweite mit dem “Lerchengesang” von Brahms aus den 4 Gesängen für Klavier op.70.

Fazit

Ein würdiger sensibler Abschluss des Klavierfestivals 2023, der Vorfreude weckt und «gluschtig» macht auf «Le piano symphonique Festival 2024»

 

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Philipp Schmidli   www.sinfonieorchester.ch

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Martha Argerich begleitet Thomas Hampson Foto Philipp Schmidli

Martha Argerich und Thomas Hampson freuen sich übrer die Blöumen Foto Philipp Schmidli

Martha Argerich und Mischa Maisky intonieren Chopin Foto Philipp Schmidli

Martha Argerich mit ihrem langjährigen Freund Mischa Maisky am Cello Foto Philipp Schmidli

Mischa Maisky spielt die Copin Sonate Foto Philipp Schmidli

Martha Argerich und Mischa Maisky bedanken sich für die Ovationen Foto Philipp Schmidli

 

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Klavierfestival «Le piano symphonique» Martha Argerich spielt Schumann , 8. Februar 2023, KKL Luzern, besucht von Léonard Wüst

Martha Argerich spielt Schumann
Martha Argerich spielt Schumann

Besetzung und Programm:

Luzerner Sinfonieorchester
Michael Sanderling Chefdirigent
Martha Argerich Klavier

Johannes Brahms (1833 – 1897)
Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90
 
Robert Schumann (1810 – 1856)
Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54

Intendant Numa Bischof Ullmann begrüsste das Publikum im vollbesetzten Konzertsaal und erzählte u.a., dass Martha Argerich am 8. Juni 2010 hier im KKL zur Feier des 200. Geburtstages von Robert Schumann auch das heute programmierte Werk des Komponisten interpretiert hatte und zeigte sich erfreut, dass «sein» Orchester seit vielen Jahren sehr gerne und ebenso erfolgreich mit dieser Ausnahmepianistin zusammenarbeitet.

1. Konzertteil Johannes Brahms (1833 – 1897) Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Zwei einleitende Bläserakkorde genügen, um alles in Hochstimmung zu versetzen. Der erste ist ein einfacher F-Dur Akkord, der zweite kann nur von seiner Wirkung her beschrieben werden: er wirkt, als ginge man kurz in die Knie, um sich in die Höhe (hier: die höhere Oktave) zu katapultieren. Oben kommt uns das Hauptthema entgegen, von den Violinen „passionato“ (leidenschaftlich) vorgetragen. Hauptmotiv (die sich hochreckende Geste) und Hauptthema steigern sich gegenseitig …was für ein kraftvoller Anfang!

Das Hauptmotiv erweist sich als Zaubermotiv: es lässt Zeit vergehen, lässt Herbst werden – das Seitenthema taucht auf wie eine Erinnerung: ein liebliches Gesicht, vielleicht auch ein Kindergesicht, eine Enkelin…etwas, dem man lächelnd ein Ach ja nachseufzt.

In der Mitte des Satzes (man sollte nicht von Durchführung sprechen) wird das Zaubermotiv – vorgetragen vom Horn – zu einer edlen Melodie. Sie spiegelt einen Charakter, der immer in die Höhe strebt und doch eine weiche Seele hat. Der Satz klingt ruhig aus.

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Der ruhige zweite Satz beginnt wie ein Volkslied mit verwehendem Echo. Doch dann wird es still, und aus der Ferne, aus der Tiefe der Seele vernehmen wir ein musikalisches Bekenntnis von verletztem Zartgefühl und abgrundtiefer Traurigkeit. Der Satz klingt fragend aus.

Das fragende, lange Thema des dritten Satzes – ein Intermezzo – wandert durch eine flüsternde Begleitung wie durch raschelndes Laub. Die Instrumentierung ist meisterhaft und abwechslungsreich, aber alle Farben sind welk. Der Satz klingt besinnlich aus.

Düster beginnt das Finale, leise und erregt. Da stockt der Atem: das zarte und traurige Thema aus dem zweiten Satz ist wieder da, aber es ist zu einem bitteren, fast zynischen Choral geworden. Und dann platzt Brahms der Kragen: wenn Musik zornig sein kann – dieser Satz ist es. Der Choral fährt unter die Themen: nichts ist ihm heilig, die Fetzen fliegen – eine herrliche Abrechnung! Mit wem? Mit was – das bleibt Geheimnis des Meisters.

Das Zaubermotiv erscheint und hellt die Stimmung auf. Der Choral entspannt sich; die Anfangsbegegnung des Hauptmotivs mit dem Hauptthema wölbt sich wie ein hoher Regenbogen: wenn Musik versöhnlich sein kann – der Schluß dieser, Brahms persönlichster Symphonie ist es.

Das Orchester in bestechender Form, massgeschneiderte Qualität

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Warum sich der Komponist im Entstehungsprozess so schmallippig gab, scheint die Musik zu verraten: Erstmals in einer Sinfonie erprobt Brahms in der Dritten ein zyklisches Prinzip. Das wuchtig dionysische Hauptthema vom Anfang beispielsweise lässt er gezähmt, regelrecht geläutert noch einmal ganz zum Schluss erklingen, als Kaskade aus apollinischen Höhen.

Das Luzerner Sinfonieorchester konzertierte, engagiert geleitet von Chefdirigent Michael Sanderling überragend, überzeugte mit grossinfonischen Qualitäten und sattem, überzeugenden und im letzten Satz auch magistral nach oben akzelerierendem Ausdruck..

2. Konzertteil Robert Schumann (1810 – 1856) Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Da scheint sich, beim Intro, auch Consuelo Velázquez die Komponistin von «Besame mucho» bedient zu haben. Dann, ganz zu Beginn unvermittelt eine Kaskade von Akkorden, die nur hier in dieser Form erscheint, es folgt eine unvergessliche Melodie, die gleich vorherrschend wird und aus der sich fast alles Folgende entwickeln wird: Der Beginn von Schumanns einzigem Klavierkonzert ist spektakulär. Darf man vielleicht die feurigen Akkorde zu Anfang dem lebhaften Florestan in Schumann zuordnen, das beherrschende Hauptthema aber Clara? Oder kann man den langsamen Teil (andante espressivo) des Kopfsatzes als Liebesduett deuten? Wird der unstete Florestan endlich von der sanften Clara sozusagen gezähmt? Vielleicht, vielleicht auch nicht, reizvoll sind solche Spekulationen allemal. Die Entstehung dieses erzromantischen Konzerts ist jedenfalls einigermaßen unromantisch verlaufen, es wurde keineswegs in einer einzigen kurzen, intensiven und inspirierten Arbeitsphase geschaffen. Begonnen wurde es 1841 etwa ein halbes Jahr nach der Hochzeit der Schumanns und zwar als einsätzige Fantasie mit jenem eigenen langsamen Mittelteil, dem “Liebesduett”, und einem eigenen Finale. In dieser Form konnte das Stück weder aufgeführt noch verlegt werden, der Markt verlangte unerbittlich dreisätzige Konzerte. 1845 fügte Schumann nahtlos zwei weitere Sätze an: das traumhaft schöne Intermezzo und das ohne Pause folgende optimistische, vorwärtsdrängende Finale (allegro vivace). Insgesamt war das Werk jetzt etwa doppelt so lang geworden. Die Uraufführung war im Dezember 1845 in Leipzig, natürlich mit Clara am Flügel.

Keine Komposition für eitle Egomanen

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Das Konzert ist von Schumann sehr bewusst nicht für mehr oder weniger eitle Virtuosen geschrieben worden und Liszt z.B. hat es anfangs deswegen auch nicht spielen wollen. Vielleicht noch mehr als Beethovens Violinkonzert, dem es in diesem Punkte ähnelt, setzt dieses Klavierkonzert auf den Dialog zwischen der Solistin und dem Orchester. Beide Seiten müssen sehr aufmerksam und flexibel sein. Zeitweise vertauschen sich die Rollen, wenn das Klavier das Orchester begleitet. Anderswo wird es richtiggehend kammermusikalisch, wenn das Klavier mit einzelnen Instrumenten aus dem Orchester Zwiegespräche hält. Die Zeitgenossen nahmen sehr wohl wahr, dass Schumann neue Wege ging, auch wenn sein Konzert wiederum in einer Tradition steht und er Anregungen von Beethoven (3.Klavierkonzert), Mendelssohn, Schubert und Bach bezog.

Auch im Zusammenhang mit diesem Konzert sind Schumann Schwächen bei der Orchestrierung vorgeworfen worden. Ganz unberechtigt sind sie nicht, viel Erfahrung hatte er nicht, als er mit der ursprünglichen Fantasie begann. Vielleicht macht es sogar den besonderen Charme dieses Meisterwerks aus, dass es eben nicht ganz perfekt ist, sondern ein wenig grün und jugendlich geblieben ist. Und im Ganzen jugendlich frisch sollte es meiner Meinung nach gespielt werden und eben nicht schmalzig-schmachtend bis hin zur völligen Gedankenverlorenheit und Lethargie. Bruno Walter (“Von der Musik und vom Musizieren”) hat z.B. auf eine unselige Aufführungstradition hingewiesen, die bis zum heutigen Tage nicht ausgerottet ist: Nach den fallenden Akkorden ganz zu Anfang wird das Tempo für das “Clara-Thema” gewöhnlich sofort gedrosselt, obwohl das in der Partitur überhaupt nicht so notiert ist. Erst sehr viel später wird das Thema langsamer verlangt, ein Kontrast geht also dann entweder verloren oder es muss wiederum noch langsamer, noch schmachtender gespielt werden … Ein wenig Schmachten, ein wenig Sehnsucht muss sein, aber nicht im Übermaß. Auch unbändige Lebenslust und Drama haben hier ihren Platz, und wie sich zeigt, sind diese verschiedenen Elemente in diesem Konzert nicht einfach im Gleichgewicht zu halten. Die Solistin bewegte sich mit schlafwandlerischer Sicherheit und Grandezza durch die Partitur und erstaunlicherweise wirkte alles, trotz ihren 81 Jahren, jung und frisch. Grossartig vor allem die Sequenzen, wo die ebenso brillanten Solist*innen (Klarinette, Oboe usw.) des Orchester mit der Altmeisterin in Dialog traten.

Nie zu viel Schmelz oder gar  Divenhaft

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

So macht «die Argerich» in ihrer unprätentiösen Art, trotz allen romantischen Schwungs und Überschwangs, nie eine überkandidelte Diva aus dem Stück (was man sonst leider verhältnismäßig oft erleben kann). Die Argentinierin gehört nicht zu den Interpretinnen, für die ‚Romantik‘ eine Art permanente Ekstase bedeutet. Zwar werden die unterschiedlichen Affektlagen von ihr mit aller Deutlichkeit aufgezeigt (auch ihre Brüche und plötzlichen Wechsel). Sie begeht allerdings nie den Fehler, es zu ‚überschminken‘ und dadurch Gefahr zu laufen, Schumann in seinem Gefühlsüberschwang der Lächerlichkeit preiszugeben. Insgesamt ist das eine sehr starke, sehr emotionale Interpretation, aber vollständig frei von ‚künstlicher Aufregung‘ und gerade deshalb in ihrer Empfindsamkeit glaubwürdig. Das hat überhaupt nichts ‚Ranschmeißerisches‘ an sich, übertrieben Heroisches oder gar Martialisches, wie man das öfter hören kann. Gleichzeitig wirkt die Interpretation trotz aller Brüche im Stück sehr organisch. Es gibt also nicht lediglich einen Wechsel von Affekten, sondern einen durchdachten Aufbau, der am Ende klar macht, dass es sich trotz aller Überraschungen im Stück um ein ‚Großes Ganzes‘ handelt.

Perfekte Tempovariierung durch die Pianistin

Die Löwin spielt Schumann Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Die Löwin spielt Schumann Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Die grosse Dame des Klavierspiels weiß immer sehr genau, wo man bremsen und wo man ein bisschen Gas geben muss, um das Ganze zum Strömen zu bringen. So passiert es ihr beispielsweise nie, dass sie erst mit großer Agogik Spannung aufbaut, um dann im entscheidenden Moment durch eine unbedachte Verzögerung (oder – je nachdem – eine fehlende Verzögerung) die ganze Dramatik sinnlos verpuffen zu lassen. Die Solistin ist vollkommen frei von dieser ‚Verlegenheits-Agogik‘, die man manchmal bei Pianisten beobachten kann, die sich über die Konstruktion eines Stückes nicht übermäßig intensiv den Kopf zerbrochen haben, aber ‚gefühlsmäßig‘ etwas unternehmen wollen – und es dann ausgerechnet an den ‚falschen‘ Stellen tun, und der ganze Aufbau dann kollabiert. Diese perfekte Umsetzung gelingt natürlich auch dank der Unterstützung des ausgezeichneten Orchesters, welches auf Augen- respektive Ohrenhöhe mit  der , meist in der Schweiz wohnhaften, geborenen Argentinierin, agiert. Besonders auffallend auch der Dialog der Oboen mit dem Piano.

Der stürmische Schlussapplaus ging nahtlos in eine stehende Ovation über, sichtlich genossen von den Protagonist*innen auf der Bühne. Die Solistin und der Dirigent wurden mittels vehementen Applauses einige male zurück auf die Bühne geklatscht bis uns zwei kurze  Zugaben von Bach und Schumann gewährt wurden aufgrund des nicht enden wollenden Applauses.

Es sind solche Konzertperlen, die den Schmerz aller Klavierliebhaber über den Verlust des, im Jahre 2000 aus dem Programm gestrichenen Lucerne Festival am Piano, etwas mindern, besonders nach dem überragenden akustischen Genuss an diesem Abend.

Wie Martha Argerich auch gesehen wird

Locker, präzise, souverän: So wird der pianistische Stil vom Martha Argerich am häufigsten beschrieben. Sie sei, so der Chor zahlreicher Argerich-Fans, eine unvergleichliche Virtuosin mit speziellem Charisma sowie auch eine feinsinnige Tastenakrobatin.

Löwin Martha Argerich spielt Schumann Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Löwin Martha Argerich spielt Schumann Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Launisch, unberechenbar, divenhaft – auch auf diese Begriffe trifft man, wenn es um die Person der “Bella Martha” Argerich geht. Durch ihre energetische Art, das Klavier zu bändigen und wegen ihrer legendären, mittlerweile ergrauten Mähne hat sie sich längst den Spitznamen der “Löwin am Klavier” erarbeitet.

 
 
Fotos: Philipp Schmidli   www.sinfonieorchester.ch

 

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Das Luzerner Sinfonieorchester in Aktion Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Dirigent Michael Sanderling in Aktion Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Martha Argerich spielt Schumann Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

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Klavierfestival «Le piano symphonique» – Rezital Rudolf Buchbinder, 7.2. 2023, KKL Luzern besucht von Léonard Wüst

Rudolf Buchbinder am Piano
Rudolf Buchbinder am Piano

Besetzung und Programm:
Rudolf Buchbinder Piano
Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791)
Zwölf Variationen in C über das französische Lied «Ah, vous dirai-je Maman» KV256
Ludwig van Beethoven (1770 – 1827)
Klaviersonate Nr. 23 f-Moll op. 57 «Appassionata»
Robert Schumann (1810 – 1856)
Symphonische Etüden op. 13

Nach Camille Saint-Saëns und Johannes Brahms in den Jahren 2021 und 2022 steht nun unter anderem Robert Schumann im Fokus des Klavierfestivals, das, auf Einladung des KKL, vom Luzerner Sinfonieorchester durchgeführt und finanziell durch diverse Sponsoren und Stiftungen finanziell abgesichert wird. Interpretiert werden die Rezitals und Konzerte von absoluten Weltstars wie Martha Argerich, Rudolf Buchbinder, Khatia Buniatishvili usw.

Numa Bischof Ullmann, Intendant des Luzerner Sinfonieorchesters begrüsste die Besucher hörbar aufgeräumt und zeigte sich erfreut über den regen Zuspruch, nachdem die beiden ersten Ausgaben noch von den «Corona Beschränkungen» betroffen waren.

Über den Akteur des Abends

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester (21)
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Der Wiener Pianist spielte Werke von Mozart, Beethoven und Schumann , Poetisches und Hochvirtuoses. Routine ist für ihn ein Fremdwort geblieben, obwohl seine internationale Karriere schon in den 1960er Jahren begann. Bis heute bereitet sich Buchbinder akribisch auf jeden Auftritt vor; er studiert Autographe oder er konsultiert und vergleicht die verschiedensten Noteneditionen der Kompositionen, die er sich vornimmt. «Wissen macht frei», erklärt er seinen Ansatz, und diese Freiheit erlaubt es ihm dann, im Konzertsaal, wenn es ernst wird, auch ganz spontan agieren zu können. Dass sein Berufsleben durch all die Erfahrungen und die Erfolge leichter geworden sei, glaubt Rudolf Buchbinder indes nicht: «Ich werde von Tag zu Tag nervöser», seufzt er. «Man legt sich selbst die Latte immer höher. Die Erwartungen des Publikums zu erfüllen, ist zu wenig, man muss sie überbieten.» So etwas nennt man wohl Arbeitsethos.

Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) Zwölf Variationen in C über das französische Lied «Ah, vous dirai-je Maman» KV265

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Da gibt’s nicht viel zu schreiben, wobei wohl nicht alle wissen, dass Mozart dieses französische Kinderlied, dank seinen Variationen, weltweit populär gemacht hat, sodass es heute in den verschiedensten Sprachen, mit sinngemäss unterschiedlichsten Texten gesungen wird.

So ist es bei uns unter dem Titel «Morgen kommt der Weihnachtsmann» bekannt, in anglophilen Ländern gibt es gar diverse Ableitungen, u.a.z.B. «Bah, Bah, a Black Sheep» und «Twinkle, Twinkle, Little Star».

Der Akteur blieb sich und Mozart treu, und interpretierte in schönstem Salzburger B arock des 18. Jahrhunderts.mit seinen noch immer sehr flinken Fingern und erfreute so das Publikum im praktisch vollbesetzten Konzertsaal mit einem rasant – fröhlichen Auftakt in dieses Rezital.

Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) Klaviersonate Nr. 23 f-Moll op. 57 «Appassionata»

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Für den Pianisten ergibt sich hier jedenfalls die kniffelige Aufgabe, seine Emotionen am Klavier gekonnt zu zügeln. Das zeigt sich schon im ersten Satz: “Es handelt sich trotz der Tatsache, dass es wie ein großes romantisches Charakterstück klingt, um einen Sonatensatz in der klassischen Struktur. Sie müssen einerseits die größte emotionale Gespanntheit erzielen und andererseits die Struktur vollkommen klarmachen, in dem Sie das Tempo immer in der Hand halten.”

Lyrisch-entrücktes Klangspiel

Plötzlicher Szenenwechsel: Aus den stürmischen Wogen des ersten Satzes ins lyrisch-entrückte Klangspiel des “Andante”. Ein schlichtes choralartiges Thema wird viermal meisterlich von Buchbinder variiert. Trotz dieser Variationsabschnitte erscheint der Satz wie aus einem Guss. “Gerade in der ‘Appassionata’ ist es so, dass er über die normale Variation weit hinausgeht” und man ahnt da ein bisschen schon die romantische Charaktervariation voraus. Also äusserst faszinierend.”

Zerstörerisches Finale

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Was die Sonate so spannend macht, ist, dass sie zum einen eine ganz klare Botschaft hat, die jeder versteht. Auf der anderen Seite hält das musikalische Geschehen permanent Überraschungen bereit. Besonders der dritte Satz, das Finale: “Da trifft eine kompositorisch-konstruktive Welt auf ein emotionales Chaos. Nichts folgt hier den Regeln. Ein ganz interessantes Detail, was die ganze Sonate betrifft ist, dass keine einzige Phrase schulmäßig zu Ende geführt wird. Entweder es passiert eine unerlaubte harmonische Rückung. Oder die Phrase reißt ab oder sie wird durch brutale Akzente unterbrochen. Es hat so einen Charakter des permanent zerstörerischen irgendwo. Und ich denke, dass sich das sehr gut auf den Zuhörer überträgt. Denn man spürt das ja. Man hat eine Erwartungshaltung und man wird aus dieser Erwartungshaltung alle acht Takte wieder herausgerissen. Durch einen elektrischen Funken.” Diese so vielfältigen Herausforderungen stellten für den ausgewiesenen Beethoven Interpreten keine allzu grossen Hürden dar, beherrscht er doch, dank seiner stupenden Technik und dem ebenso grossen Einfühlungsvermögen alle Feinheiten des Finger Tanzes auf den 88 Tasten des Konzertflügels.

Die Hölle für den Pianisten

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Als Beethoven die “Appassionata” schrieb, war er auf dem Höhepunkt seiner kompositorischen Fähigkeiten. Deshalb ist die Sonate auch “die Hölle, zu spielen”, wie sich z.B. Pianist Michael Korstick ausdrückt. “Er hat buchstäblich technisch alle Register gezogen. Und das macht die Sache natürlich ungeheuer schwer, das ist ganz klar. Denn die Sonate ist ja nicht so sehr vom Klavier her gedacht, sondern in der Klangmassierung beinahe orchestral konzipiert ist. Und das bedeutet, dass man in vielen Punkten an die Grenzen gehen muss, um das zu realisieren. Genau da liegen die Schwierigkeiten.” Diese von andern Pianist*innen angesprochenen Schwierigkeiten scheinen für den Wiener Grandseigneur nicht, oder zumindest nur marginal zu existieren, und wenn, dann zumindest für uns nicht, oder kaum bemerkbar. Deshalb wohl, trägt Rudolf Buchbinder auch immer dieses wissende, zufriedene Lächeln im Gesicht.

Ein tosender Applaus des Auditoriums belohnte den Künstler für eine grossartige erste Konzerthälfte.

Robert Schumann (1810 – 1856) Symphonische Etüden op. 13

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Das Werk enthält im Grunde alles, was wir an Schumann so lieben. Märchenhafte Ritter-Erzählungen, Gleichnis artige Poetik, temperamentvolle Punktierungspartys, polyphone Frickeleien – und gleichzeitig kindlich-pseudonaive Momente.

Die balladenartige und – gerade bei vorgeblich großem Ernst – immer seltsam-angenehm romantisch-ironische Übertreibung tönt schon aus dem scheinschwerfälligen Thema heraus. Und bereits in Variation I kommt es zum ersten kleinen schumanntypischen Punktierungsmassaker.

In für ihn typischer Weise – drängend, forcierend – aber dafür in einem wirklichen Pianissimo punktet Buchbinder die erste Variation in die Tasten. Schumann verdeutlicht schon früh die poetische Loslösung vom eigentlichen Thema, indem er dieses erst im fünften Takt auf den Plan ruft; mittels einer mittelstimmigen Daumenkonstellationssituation. Beim Wiener Pianisten klingt das kein bisschen pädagogisch, sondern fast warm gesungen. Eminent geschmackvoll, wie er anschließend das eigensinnig und von Schumann augenzwinkernd-romantisch »zu früh« gebrachte Ritardando gestaltet, das im eigenen Saft ausgehender Kraft mitleidslos lustig versuppt. Das ist nicht einen Funken zu kühl – und nicht einen Funken zu viel Emotion.

Schumann schrieb auch viel über seine Musik

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Viel schrieb Schumann als Musikautor über die Vereinbarung von Innovation und Tradition. Kaum besser auffind- und vermittelbar schlägt sich dieses Bestreben – »Ja, Bach! Und klar: Beethoven! Aber macht mal schön weiter, Kinderchen! Wir haben Romantik!« – in der dritten Variation nieder: ein Kanon – aus Akkorden! Eine bis dato wohl einzigartige Neuerfindung Schumanns! Da klatscht es lustig Akkorde gegen die Wand! Das klingt vordergründig plump – und knüpft dennoch an amphibisch alte Fugen- und Kanon-Traditionen an.

So nimmt sich Buchbinder der unmilitärischen Kanonen an

Ganz ungewohnt ruhig und gar nicht drängend nimmt Buchbinder diesen Akkord-Kanon. Die den jeweiligen Kanon-Einsatz »kenntlich machenden« Sforzati in der rechten und der linken Hand braucht der Pianist hier gar nicht pädagogisch vorzuexerzieren. Auch mal ganz angenehm!

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Bewegt doch liebevoll leise spielt der österreichische Altmeister die zwischen Zerbrechlichkeit und Selbstbehauptung sich schwankend und steigernd ergießenden cis-Moll-Gesten. Das ist bei ihm nie forciert und gewaltsam aufgedrückt und dennoch so tief, so mutig und kompromisslos. Auch den weit aufgefächerten Des-Dur-Reigen der ergänzten Variation V weint Buchbinder nicht – wie viele gutaussehende Puppenpianist*innen unserer Zeit – durch glupschäugig-selbstmitleidige Tränendrüsen, sondern bewegt durch Dynamik und Bögen, durch Innerlichkeit. Und das irgendwie ganz gesund.

Der Wiener Grandseigneur weiss immer wieder das Publikum in der Seele zu berühren, bei ihm steht nie sein Ego im Vordergrund, er sieht sich als Diener der Komponisten ohne sich anzubiedern.

Wo Buchbinder drauf steht, ist auch Buchbinder drin.

Das begeisterte Auditorium applaudierte den Künstler hartnäckig so lange auf die Bühne zurück, bis sich dieser wieder auf den Schemel setzte und nochmals in die Tasten griff.

Als erste Zugabe interpretierte Buchbinder  ein Impromptu von Franz Schubert.und als danach der Applaus auch nicht verebbte, gabs als zweite Zugabe – ein fulminantes Johann-Strauss-Potpourri  , das das international durchmischte  Publikum zu langanhaltender Standing Ovation aufpeitschte.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Philipp Schmidli   www.sinfonieorchester.ch

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Rudolf Buchbinder eroeffnete das Klavierfestival Le piano symphonique am Dienstag, 7. Februar 2023 im Konzertsaal des KKL Luzern. Foto (Luzerner Sinfonieorchester/Philipp Schmidli)

Rudolf Buchbinder eroeffnet das Klavierfestival Le piano symphonique am Dienstag, 7. Februar 2023 im Konzertsaal des KKL Luzern. Foto  (Luzerner Sinfonieorchester/Philipp Schmidli)

Rudolf Buchbinder eroeffnet das Klavierfestival Le piano symphonique am Dienstag, 7. Februar 2023 im Konzertsaal des KKL Luzern. Foto  (Luzerner Sinfonieorchester/Philipp Schmidli)

 

 

Rudolf Buchbinder eroeffnet das Klavierfestival Le piano symphonique am Dienstag, 7. Februar 2023 im Konzertsaal des KKL Luzern. Foto (Luzerner Sinfonieorchester/Philipp Schmidli)

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