Opernhaus Zürich, La forza del destino von Giuseppe Verdi, besprochen von Marinella Polli
Produktion:Musikalische Leitung: Gianandrea Noseda Inszenierung: Valentina Carr
Bühnenbild: Carles Berga Bühnenbildmitarbeit: Mariangela Mazzeo
Kostüme: Silvia Aymonino Video: Massimiliano Volpini
Dramaturgie: Fabio Dietsche Lichtgestaltung:Fabrice Kébour
Besetzung:
Il Marchese di Calatrava Stanislav Vorobyov Donna Leonor Anna Netrebko
Don Carlo di Vargas George Petean Don Alvaro Yusif Eyvazov
Preziosilla Annalisa Stroppa Padre Guardiano Michele Pertusi
Fra Melitone Roberto Frontali Curra Natália Tuznik un alcade Lobel Barun
Matro Trabuco Tomislav Jukić un chirurgo Maximilian Bell
Chor der Oper Zürich Chorzuzüger:innen
SoprAlti der Oper Zürich Kinderchor
Orchester der Oper Zürich Statistenverein am Opernhaus Zürich
La Forza del Destino‘, eine der musikalisch komplexesten Partituren Giuseppe Verdis, ist seit dem 2. November am Opernhaus Zürich in italienischer Sprache mit deutscher und englischer Übertitelung zu sehen. Generalmusikdirektor Gianandrea Noseda ist am Pult des ‚Orchester der Oper Zürich‘, Valentina Carrasco inszeniert. Für die Weltstar Anna Netrebko als Donna Leonora gibt es starken Schlussapplaus und Bravorufe im Saal, aber wie zu erwarten auch Proteste vor dem Eingang des Opernhauses, wo Aktivisten mit ukrainischer Flagge Flugblätter verteilen. Der grossen Sopranistin wird vorgeworfen, sich nicht klar genug von Putin zu distanzieren.
Die Schweiz als Kriegszone
Und wie es von der argentinischen Regisseurin Valentina Carrasco auch zu erwarten ist, handelt es sich um eine sehr provozierende Inszenierung mit einer imaginären Schweiz als Kriegszone, als Ukraine, um präziser zu sein. Mit einer leidenden Schweizer Bevölkerung, die sich auch vor Drohnenangriffen fürchten muss. In der Tat kann man in einem Video schon während der Ouvertüre sehen, wie der Feind von Osten, über St. Gallen und Winterthur in unser Land kommt. Die Regisseurin, ehemals Mitglied des berühmten katalanischen Theaterkollektivs ‚La Fura dels Baus‘, und ihr Bühnenbildner Carles Berga (Video von Massimiliano Volpini, Light Design von Fabrice Kébour, Kostüme von Silvia Aymonino) verbinden bekannte Schweizer Schauplätze (Zürich, Genf, Davos) mit Bildern bekannter Kriege und Konflikte. Ein sicher interessantes Konzept auf Papier, unserer Meinung nach szenisch jedoch schwierig umzusetzen; vor allem, weil gewisse Kriegs- und Kampfszenen zu chaotisch, und sogar manchmal auch etwas komisch wirken, dies zuungunsten einer eloquenten Darstellung des Elends und der Verzweiflung, die ein Krieg mit sich bringt. Am Ende der Aufführung wird gerade diese Idee der Schweiz als Kriegsplatz vehement ausgebuht.
Musikalisch ein total hinreissender Abend
Jedoch: dass man mit dieser neuen Zürcher ‘Forza del Destino’ einen zweifellos unvergesslichen Opernabend erleben kann, liegt es vor allem an der musikalisch-vokalischen Umsetzung. Gianandrea Noseda, ein Verdi Connaisseur, erweist sich als sehr kompetenter Maestro, der die hochdramatische, intensive Musik der ‚Forza‘ vom ersten bis zum letzten Ton optimal dirigiert. Dies gelingt natürlich nur dank der tollen Leistung des perfekt involvierten und involvierenden ‘Orchester der Oper Zürich’: aufmerksam, differenziert und balanciert die ganze monumentale Partitur entlang, aber auch dynamisch und aggressiv, wenn nötig.
Fantastische Leistung der SängerInnen
Gut, dass der Intendant Matthias Schulz und das Operhaus an der Besetzung trotz Protesten im Vorfeld der Première festgehalten haben, denn der Abend gehört bestimmt dem Weltstar Anna Netrebko als Donna Leonora, deren Leistung einfach grandios ist. Die runde, dunkle, grosse Stimme, die atemberaubenden Pianissimi, die sorgfältige Phrasierung, das wunderbare Timbre, besonders in „Son giunta….Pièta di me, Signore, Deh non m’abbandonar’ im 2. Akt. und in ‚Pace, Pace, mio Dio, im 4. Akt, kann man nach wie vor als unübertrefflich definieren. Sehr beeindruckend auch Annalisa Stroppa als Preziosilla, eine sicher tragikomische Figur, die sich vor nichts fürchtet, und die ihr ‚E‘ bella la guerra, Evviva la guerra, ganz überzeugt singt. Stimmlich sehr ausdrucksvoll sind George Petean als rachsüchtiger Don Carlo di Vargas, Stanislav Vorobyovmals als Marchese di Calatrava, Michele Pertusi als Padre Guardiano und ein sehr lustiger Roberto Frontali als Fra Melitone. Anna Netrebko nicht wirklich ebenbürtig ist hingegen Yusif Eyvazov als ihr Geliebter Don Alvaro, und dies sowohl stimmlich als auch schauspielerisch; zu wenig differenziert, oft zu laut. Sehr gut die Leistung des Chores (Chor der Oper Zürich, ChorzuzügerInnen, SoprAlti und Kinderchor der Oper Zürich). Am Ende der vier Akte reagiert das Premièrenpublikum begeistert und gibt allen, aber besonders Anna Netrebko, stehende Ovationen. Nur für das Regieteam gibt es ein paar Buh-Rufe.
Text: https://marinellapolli.ch/
Fotos: Monika Rittershaus www.opernhaus.ch
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